Planet der Verräter
kompletten Halbkugel aus tiefem gesprenkeltem Grün eingeschlossen, doch unterhalb der Äquators war die südliche Hemisphäre von einer undurchdringlichen silbrigen Wolkendecke überzogen. Entlang der Äquatorlinie verlief ein dünner Streifen eines dunkleren grauen und braunen Farbtons, der von etwas durchbrochen war, das wie ausgedehnte Flussläufe und schmale Seen oder Meere aussah. Der Rand der südlichen Bewölkung kräuselte sich zu anmutigen Schleiern, und die Schleier rissen sich los und bildeten Wirbelstürme.
Während sie auf die Antwort des Planeten auf ihre Bitte um Landeerlaubnis warteten, war Charza in einem anderen Teil des Schiffs mit einer Geburt beschäftigt.
Anakin saß mit auf den Knien aufgestützten Ellenbogen in dem kleinen Notsitz auf der Brücke und betrachtete Zonama Sekot. Er hatte seine ersten Übungen für heute bereits absolviert und sein Kopf war besonders klar. Manchmal, wenn sein Geist zur Ruhe kam, wenn er die Turbulenzen darin für den Moment bezähmt hatte, kam es ihm so vor, als wäre er kein Junge mehr, nicht einmal ein menschliches Wesen. Sein Blick auf die Dinge schien dann kristallklar und allumfassend zu sein und er fühlte sich, als könne er sein ganzes Leben vor sich ausgebreitet sehen, ein Leben voller Erfüllung und Heldentum - voll selbstlosem Heldentum selbstverständlich, wie es sich für einen Jedi gehörte. Irgendwann würde es in diesem Leben auch eine Frau geben, obwohl die Jedi nur selten heirateten. Er stellte sich vor, dass diese Frau Königin Amidala von Naboo gleichen würde, einer starken Persönlichkeit, schön und würdevoll, und dennoch traurig und von schweren Bürden belastet - die zu tragen Anakin ihr helfen würde.
Er hatte schon seit Jahren nicht mehr mit Amidala gesprochen und natürlich auch nicht mit seiner Mutter Shmi, doch in seiner gegenwärtigen Verfassung eines vollkommen beherrschten Bewusstseins wirkte die Erinnerung an sie auf ihn wie eine ferne, unsagbar schöne Musik.
Anakin schüttelte den Kopf und hob den Blick. Er kehrte seine Gefühle nach außen und bündelte sie gleichsam, bis sie sich zu einem hellen Punkt zwischen seinen Augen zu verdichten schienen. Dann konzentrierte er sich auf Zonama Sekot, um herauszufinden, was er dort zu sehen vermochte.
Von jedem einzelnen Augenblick zweigten zahlreiche Pfade in unterschiedliche zukünftige Richtungen ab, und doch, im Einklang mit der Macht konnte ein Meister den Pfad nachzeichnen, dem sein Bewusstsein am wahrscheinlichsten folgen würde. Es mutete wie ein Widerspruch an, dass jemand fähig sein könnte, sich seinen zukünftigen Weg vor Augen zu halten, ohne zu wissen, was die Zukunft bringen würde - dennoch geschah es, gehörte es doch zu den besonderen Gaben eines Jedi-Meisters.
Obi-Wans Fähigkeiten waren, wie er Anakin selbst erzählt hatte, längst noch nicht so weit gediehen, doch es hatte auch Andeutungen gegeben, dass jeder disziplinierte Jedi - sogar ein einfacher Padawan - vor einem Einsatz in gewisser Weise einen Blick in die Zukunft werfen konnte.
Anakin war sich sicher, dass er in diesem Moment etwas in dieser Art tat. Es war, als würden sich seine sämtlichen Körperzellen auf ein äußerst schwaches Signal aus der Zukunft ausrichten, auf eine gewaltige, tiefe Stimme, die irgendwie gewichtig schien. Eine Stimme, wie er sie noch nie zuvor vernommen hatte.
Während er den Planeten ansah, wurden seine Augen langsam immer größer.
Der Junge, Anakin Skywalker von Tatooine, Sohn von Shmi, Jedi-Padawan, nicht älter als zwölf Standardjahre, richtete abermals seine gesamte Aufmerksamkeit auf Zonama Sekot. Sein Körper erschauerte. Ein Augenlid senkte sich ein wenig und sein Kopf kippte zur Seite. Dann schloss er rasch beide Augen und schauderte erneut. Der Bann war gebrochen. Der Moment hatte vielleicht drei Sekunden gedauert.
Anakin versuchte sich an etwas Großes und Schönes zu erinnern, an ein Gefühl oder einen Bewusstseinszustand, den er soeben kurz berührt hatte, doch alles, was er noch heraufbeschwören konnte, war das Antlitz von Shmi, die ihm traurig und voller Stolz zulächelte, wie ein schützender Schild, der sich über alle übrigen Erinnerungen legte.
Seine Mutter, die ihm immer noch so viel bedeutete und die so weit weg war.
Das Gesicht seines Vaters würde er nie erblicken.
Obi-Wan watete an dem Wasserfall vorbei und betrat die Pilotenkanzel. »Charza ist fertig mit seinem Nachwuchs. Sie werden gerade darin ausgebildet, sich um das Schiff zu
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