Planet des Lichts
erstenmal begriff Gwyll den Sinn des alten Donovianischen Fluchs: Wie eine Epidemie von Künstlern. Eine Pest, eine Geißel von Künstlern war es, was sich da über Zrilund ergoß.
Sie arbeiteten mit hektischen Bewegungen. Die meisten trugen den traditionellen Künstlerturban, aber einige Individualisten arbeiteten auch mit bloßem Haupt unter der heißen Sonne. Als Gwyll an der Reihe der Staffeleien vorbeiging, sah er Exempel von beinahe jeder Maltechnik, von der er je gehört hatte.
Und dann stach ihm ein Farbblitz ins Auge, und er vergaß die Maler.
Der Berg von Zrilund! Ein paar große Künstler hatten ihn gemalt und viele schlechte. Aber das beste der Gemälde verblaßte neben der atemberaubenden, farbensprühenden Vielfalt des Originals. Viele Wissenschaftler hatten schon analysiert und experimentiert, aber es war nie ganz geklärt worden, warum diese seltene Kombination von Moosen, Pilzen und Algen den Zrilundberg in dieses verwirrende Farbenspiel tauchte.
Reglos vor Bewunderung stand Gwyll vor dem ständig wechselnden Zauber der Farben. Mehr denn je war er sich der Schwäche auch des bedeutendsten Gemäldes bewußt: Es konnte den immerwährenden Wandel nicht darstellen. Er hatte nicht bemerkt, daß der Junge sich inzwischen entfernt hatte. Plötzlich spürte er, wie er am Ärmel gezupft wurde.
„Ma erlaubt es.”
Widerwillig wandte sich Gwyll von dem herrlichen Bild ab.
Der Marsch von sieben Meilen zum Sumpf bildete den Höhepunkt eines Unglückstages. Es hatte begonnen, als ein mit rudimentären Strichen gemaltes Bild in der Harnasharn-Galerie angekommen war. Harnasharn hatte einen Blick darauf geworfen und gesagt: „Reden Sie mit ihm. Sofort!”
Gwyll hatte die nächste Rakete genommen, und nachdem er siebentausend Meilen zurückgelegt hatte, sprach er mit Gof Milfro in der Kunstkolonie Verna Plai, in den südlichen Bergen von Donov.
Milfro hatte das Bild nicht gemalt. Ein ehemaliger Freund von ihm namens Brance, der sich als Farmer auf Zrilund niedergelassen hatte, hatte ihm das Bild geschickt, mit der Bitte, ob er einen fähigen Gutachter wüßte. Der alte Harnasharn hatte Milfro einmal einen großen Gefallen getan, wie er ja für alle Künstler sorgte, auch für die schlechtesten. Im Gegensatz zu Gwyll liebte der alte Lester die Maler. Als Milfro also gebeten wurde, für ein Gemälde von großer Ausdruckskraft ein Gutachten einzuholen, sandte er es an Harnasharn.
Nein, Milfro glaubte nicht, daß Brance es gemalt hätte. Er hatte keine Ahnung, wer der Maler war und wo er steckte. Gwyll kehrte in die Metropole von Donov zurück und fand Harnasharn so vor, wie er ihn verlassen hatte. Er saß vor dem Bild und starrte es an.
„Warum sind Sie überhaupt zurückgekommen?” fragte er. „Fliegen Sie nach Zrilund und nehmen Sie den Maler unter Vertrag.”
Vorher sah Gwyll noch in den Akten nach, um Angaben über Brance zu finden. Er kam dabei zu der Überzeugung, daß Brance nicht der Künstler war, den er brauchte. Auch Harnasharn stimmte dem zu.
„Was soll ich dann auf Zrilund?” fragte Gwyll. „Der betreffende Maler kann Brance das Bild von überall aus der Galaxis gesandt haben. Soll ich nicht besser einen Aufruf … ”
„Verschwinden Sie!” donnerte Harnasharn. Dann fügte er etwas freundlicher hinzu: „Sehen Sie, mein Junge, die Galaxis bringt nicht einmal ein Dutzend großer Maler innerhalb einer Generation hervor. Dieser könnte einer davon sein. Kehren Sie nicht eher zurück, als bis Sie einen unterzeichneten Vertrag haben und jedes Gemälde des Burschen, das Sie auftreiben konnten – auch, wenn Sie dazu durch die halbe Galaxis fliegen müssen.”
Gwyll machte sich auf den Weg. Als er in Nor Harbor landete, mußte er eine Stunde auf die Unterwasserfähre warten, die ihn nach Zrilund brachte. Dann saß er eingezwängt zwischen schwitzenden Touristen und schreienden Kindern. Und jetzt mußte er sieben Meilen weit in einen Sumpf marschieren und hatte nicht einmal die Gewißheit, daß Brance den Künstler überhaupt kannte.
Sie kamen an der Pilzkirche vorbei, die Garnow und Morvert unsterblich gemacht hatten, gingen durch eine lange Allee unförmiger Philpp-Bäume, die Zornillo einst gerade im richtigen Lichteinfall auf der Leinwand festgehalten hatte.
Zrilund war schon längst keine Künstlerkolonie mehr. Es zehrte von seiner großen Vergangenheit und lebte von den Touristen, die schlechte Bilder als Souvenirs mitnahmen. Die ernstzunehmenden Maler hatten die Insel schon
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