Der Jet-set-Dämon
Die Stimme des Mannes mit dem etwas dicklichen Gesicht klang beinahe gleichgültig, aber Sandra Ceur, das Mädchen aus Paris, wußte genau, das der Sprecher es tödlich ernst meinte.
»Wenn dein Vater nicht zahlt, machen wir dich einen Kopf kürzer.«
Sandra schloß für einen Moment die Augen. Sie dachte daran, wie die beiden Männer sie vor dem Haus ihrer Freundin geschnappt und in einem Wagen entführt hatten. Erst am Zielort war sie wieder richtig zur Besinnung gekommen. Wo sie steckte, wußte sie auch nicht. Es mußte eine alte Baracke sein oder ähnliches. Weit jedenfalls waren sie nicht gefahren. Wahrscheinlich befanden sie sich noch in Cannes. Zwei Tage lag das zurück. Das Ultimatum war in wenigen Stunden abgelaufen.
Zwei Millionen Francs lautete die Forderung.
Für Sandras Vater kein Problem, er verdiente mit seinen Yachten, die er verlieh und auch baute, genug, aber sie fragte sich, ob er bereit war zu zahlen, denn der alte Ceur galt in der Branche als einer der ganz Harten. Es war noch ein zweiter Mann im Raum. Er roch nach einem scheußlichen Rasierwasser und hielt sich stets in Sandras Rücken auf. Sie hatte ihn kaum gesehen, nur gespürt, denn seine Finger waren wie Gummischnüre über ihren Körper geglitten und hatten sie an den intimsten Stellen berührt.
Auch jetzt hörte sie wieder seine Schritte, so daß sie die Augen öffnete, aber nicht wagte, sich umzudrehen. Statt dessen starrte sie den Kerl mit dem dicklichen Gesicht an, der sie lauernd und abschätzend betrachtete und dabei noch grinste.
Als der Rasierwasserduft Sandras Nase erreichte, wußte sie, daß der Typ direkt hinter ihrem Stuhl stand, auf dem sie gefesselt hockte. Sie war kein besonders hübsches Mädchen, aber sehr liebenswert und auch gefällig. Das blonde Haar trug sie kurz geschnitten. Nur im Nacken waren die Haare etwas länger geblieben. So liefen heutzutage viele Mädchen herum.
Und da waren sie wieder. Diese widerlichen Gummifinger. Sie strichen über die Schultern, als wollte sie der Kerl auf diese Art und Weise auf das Kommende vorbereiten.
Sandra trug zwar eine Bluse, aber die war von den Gummifingern längst geöffnet worden. Sie schüttelte sich, als die Pranken über ihre Brüste fuhren.
Kühl und schweißnaß war die Haut auf den Innenflächen der Pranken.
»Moment noch«, sagte der Kerl vor ihr. Er saß hinter der dicken Platte einer alten Tischlerbank und wirkte so wie jemand, der hinter einem Schreibtisch seinen Platz gefunden hatte.
Die Hände verharrten auf der Stelle.
Der Typ mit dem feisten Gesicht schob seinen Arm über die Platte und schnappte sich die Brille der Gefangenen, die darauf lag.
»Schau her, Mademoiselle.« Immer wenn er etwas vorhatte, setzte er dieses gemeine Lächeln auf. »Sieh hin, ich werde dir etwas zeigen.« Er hatte das letzte Wort kaum ausgesprochen, als er mit einem Ruck die Brille in zwei Hälften zerbrach. Das Horn zerknackte. Bei diesem Geräusch fuhr die Gefangene zusammen.
»So wie ich diese Brille zerbrochen habe, werde ich auch dein Leben zerbrechen, falls in zwei Stunden die Geldscheine nicht zwischen meinen Fingern knistern. Hast du verstanden?«
Sandra konnte vor Angst nicht einmal nicken.
Hinter ihr zog der Parfümierte die Nase hoch. »Ich kann das auch erledigen. Ich werde sie erst…, und dann nehme ich die Klinge.«
»Wir werden losen.«
»Auch gut.«
Sandra wäre nicht in der Lage gewesen, auch nur ein Wort zu sagen. Statt dessen starrte sie das Telefon auf der Drehbank an. Sie wußte, daß noch ein dritter Kerl zu den beiden gehörte. Er lauerte draußen und würde Bescheid geben, wo das Geld übergeben werden sollte. Falls sich der alte Ceur dazu entschloß.
Doch der Apparat schwieg. Er würde auch weiterhin schweigen, dessen war sich Sandra bewußt. Sie kannte ihren Vater. Er versuchte alles aus eigener Kraft zu erledigen, dabei nahm er so gut wie keine Rücksicht auf die Familie.
»Du kannst weitermachen«, sagte der Kerl an der Bank. »Ich schaue dir gern zu.« Er lachte dreimal kurz und heiser. Dabei strich er mit einer Hand über sein schütteres Grauhaar. Es war so gekämmt worden, daß es einen Großteil seiner Kahlköpfigkeit verdeckte. Und die Hände setzten ihre Wanderung fort. Dem Mädchen jagten Schauer über den Rücken.
Plötzlich verharrten die Hände, und der Mann vor ihr setzte sich steif hin. Beide Männer schienen etwas gehört oder gesehen zu haben, wovon das Mädchen nichts mitbekommen hatte.
»Geh zur Tür!«
Der Befehl
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