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Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Staatenbündnisses gewesen war.
    Auf den Schirmen zeigte sich die Peinigung von Delta Karpis in immer umfangreicherer Form. Der Sonnenbeutel wurde länger und länger. »Wer hätte je gedacht«, bemerkte Mendoza, »dass so ein Ding so verformt werden kann, ohne einfach zu explodieren.«
    »Das kommt schon noch«, sagte White.
    Die Stunden vergingen, und die Konversation drehte sich beständig um das Spektakel. Welche Masse hat das Ding eigentlich? Bilde ich mir das nur ein, oder wechselt die Sonne wirklich die Farbe? Der Ring um den Zwerg wird heller.
    Kurz vor Mitternacht bauten sie ein Buffet auf. Sie schlenderten um den Tisch herum, bedienten sich an Früchten und Käse. Dunninger öffnete eine Flasche Wein, und Mendoza brachte einen Toast auf den sterbenden Giganten im All aus. »Sechs Milliarden Jahre lang ist er unbemerkt geblieben«, sagte er, »und die ganze Zeit über hat er nur auf uns gewartet.«
    Im Gegensatz zu den Forschern an Bord der Sentinel undder Rensilaer waren sie nicht mehr als flüchtige Beobachter. Hier wurde keine Arbeit getan, wurden keine Messungen vorgenommen, keine Aufzeichnungen angefertigt. Sie alle waren lediglich hier, um sich an der Show zu erfreuen, die den Datenstrom aller drei Schiffe und Dutzender Sonden und Satelliten umfasste. Sie würden einfach still oder lärmend dasitzen und zusehen, ganz wie es ihnen gefiel. Die Vermessung und die wissenschaftliche Gemeinde sagten Danke für ihre gesammelten Spenden.
     
    Die Polaris war nicht für den Forschungseinsatz gebaut worden. Sie war ein Transportschiff, ein (gemessen an den spartanischen Maßstäben der Vermessung) luxuriöses Vehikel, das den prominenten Persönlichkeiten Raum bot, die der Direktor zu beeindrucken gedachte. Üblicherweise handelte es sich um politische Größen. Dieses Ereignis hier war jedoch etwas vollkommen anderes.
    Die Bilder von Delta Karpis und dem weißen Zwerg, die auf dem großen Bildschirm an der Wand zu sehen waren, waren besser als alles, was mit bloßem Auge zu erkennen gewesen wäre. Dennoch stellte Boland, ein Psychiater, fest, dass sie alle dazu neigten, sich in der Nähe eines Sichtfensters zu positionieren, als wäre dies die einzige Möglichkeit, bei diesem Ereignis wirklich anwesend zu sein.
    Gewaltige Eruptionen zeigten sich in regelmäßigen Abständen auf der Oberfläche der Sonne, und mächtige Wogen glühender Gase wurden in die Finsternis des Alls geschleudert.
    Ein Streifen weißen Lichts löste sich aus dem Zwerg. »Sieht aus, als wäre ein Stück herausgebrochen«, sagte Urquhart.
    »Unmöglich«, entgegnete Klassner. »Aus einem Neutronenstern bricht nichts heraus und fliegt einfach davon. Das war Gas.«
    Boland war der jüngste unter den Passagieren. Etwa vierzig, gut aussehend mit schwarzem Haar, trug er eine selbstsichere Haltung zur Schau, die die Blicke der Frauen unfehlbar auf sich zog. Ursprünglich hatte er sich mit Gedächtnislöschungen und Persönlichkeitsrekonstruktionen gewalttätiger Krimineller einen Namen gemacht, die mit seiner Hilfe zu zufriedenen – oder zumindest gesetzestreuen – Bürgern geworden waren; aber vor allem war er für seine Arbeit auf dem Gebiet der neurologischen Wissenschaft bekannt und für das Boland-Modell, angeblich das verständlichste Erklärungsmodell für die Funktionsweise des Gehirns.
    Delta Kays verbliebene Welten wanderten friedlich über ihren jeweiligen Orbit, als wäre alles vollkommen normal. Bis auf die innerste Welt, ein Gasriese, der der Sonne so nahe war, dass er buchstäblich durch deren Atmosphäre seine Bahnen zog. Diese Welt war Delta Karpis I, einen anderen Namen hatte sie nicht, und nun war sie fort, verschluckt von der lodernden Hitze. Sie hatten gesehen, wie es geschehen war. Sie war hineingestürzt, aber auf der anderen Seite waren nur einige ihrer Monde wieder zum Vorschein gekommen.
    Als der Zwerg vor einem Jahr eingetroffen war, hatte Delta Kay ein Planetensystem mit fünf Gasriesen, sechs terrestrischen Welten und ein paar Hundert Monden umfasst. Die äußerste Welt war immer noch da, eine Welt wie blauer Kristall, umgeben von silbernen Ringen und nur drei Satelliten. In Bolands Augen war sie der schönste Himmelskörper, den er je gesehen hatte.
    Kissoff war von der Katastrophe bisher auch kaum in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Ozeane lagen still, und am Himmel herrschte Ruhe, abgesehen von einem Wirbelsturm über einem der südlichen Meere. Er baute sich gerade auf, aber er würde keine Gelegenheit

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