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Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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medizinische Gemeinschaft arbeitete natürlich daran, und eine Behandlungsmethode war zu erwarten, doch Warren Mendoza, einer der beiden Forscher an Bord des Schiffs, war der Ansicht, das würde zu lange dauern – es sei denn, Dunningers Forschungen lieferten die notwendigen Antworten.
    »Kage«, wandte sich Klassner an die KI. »Wie hoch ist die Geschwindigkeit jetzt?« Die Geschwindigkeit des Zwergs.
    »Sie hat leicht zugenommen und liegt nun bei sechshundertzwanzig Kilometern, Martin. Während der letzten Phase der Annäherung wird sie um weitere vier Prozent steigen.«
    Sie hatten soeben das Abendessen beendet. Der Aufprall würde um 04:14 Uhr Schiffszeit stattfinden.
    »Ich hätte nie erwartet«, sagte Klassner und richtete seine wässrig grauen Augen auf Boland, »je so etwas zu erleben.« Er war wieder da. Die Art, wie er kam und ging, war faszinierend.
    »Niemand von uns hat das, Marty.« Die Zeitabstände zwischen derartigen Ereignissen innerhalb der Transportrouten war auf eine halbe Milliarde Jahre eingeschätzt worden. Und nun geschah es tatsächlich. Unfassbar. »Gott meint es wirklich gut mit uns.«
    Klassners Atem war deutlich zu hören. Er klang flüsternd, rau, mühsam. »Trotzdem hätte ich mir gewünscht«, sagte er, »die Kollision, wenn wir schon eine zu sehen bekommen, würde zwischen zwei richtigen Sternen stattfinden.«
    »Ein weißer Zwerg ist ein richtiger Stern.«
    »Nein. Im Grunde nicht. Es ist nur ein ausgebrannter Leichnam.« Ein Teil der Problematik des Bentwood-Syndroms bestand darin, dass es, neben seinen anderen Auswirkungen, auch die Intelligenz in Mitleidenschaft zu ziehen schien. Klassners enormer Intellekt hatte sich einst strahlend in seinen Augen gezeigt. Man hatte ihn anschauen und seine Brillanz buchstäblich sehen können. Nun aber gab es Zeiten, zu denen es schien, als befände er sich in einem Automatikbetrieb, als säße niemand am Steuer. Zwar wäre es nicht korrekt gewesen zu behaupten, sein Blick sei leer geworden, aber die Genialität war abgesehen von einem gelegentlichen Aufflackern verschwunden. Und er wusste es, wusste, was er einmal gewesen war. Es ist nur ein ausgebrannter Leichnam.
    »Ich wünschte, wir könnten näher heran«, sagte Boland. Die Sprechverbindung zur Brücke war aktiviert, und er hatte Madeleine English, ihre Pilotin, zu einem Kommentar verleiten wollen.
    »Was mich betrifft«, entgegnete sie, »sind wir jetzt schon zu nahe dran.«
    Ihre Stimme klang kühl und schneidend. Die sechs Berühmtheiten, welche die vollständige Passagierliste der Polaris ausfüllten, beeindruckten sie nicht im Mindesten.
    Die Sentinel befand sich irgendwo über dem Nordpol von Delta Kay; die Rensilaer lag auf der abgewandten Seite des Zwergs. Beide waren voll gestopft mit emsigen Forschern, die maßen, zählten, aufzeichneten und Daten sammelten, deren Analyse die Spezialisten noch über Jahre hinweg beschäftigen würde. Eines der Hauptziele der Mission bestand darin, endlich die natürliche Krümmung der Raumzeit zu messen.
    Die Konversation zwischen den Schiffen hatte im Zuge der sich dramatisch zuspitzenden Ereignisse einen zunehmend enthusiastischen Ton angenommen. Haben Sie je etwas Ähnliches gesehen? Mir ist, als hätte alles, was ich je getan habe, mich nur zu diesem einen Moment führen sollen. Sehen Sie sich den Hurensohn an. Cal, wie sind die Beschleunigungswerte? Aber in den letzten paar Stunden waren sämtliche Gespräche verstummt. Die Commlinks schwiegen, und sogar Bolands Mitpassagiere hatten nur wenig zu sagen.
    Sie alle waren nach dem Abendessen in ihre Kabinen zurückgekehrt, um zu arbeiten, zu lesen oder die verbleibenden Stunden so gut wie möglich hinter sich zu bringen. Aber bald hatte der Herdeninstinkt sich durchgesetzt, und einer nach dem anderen war wieder zurückgekommen. Mendoza, eine stets grüblerische Erscheinung in weißer Freizeithose und Pullover, war von dem Drama am Himmel so sehr in Anspruch genommen, dass er den Rest der Welt überhaupt nicht mehr wahrnahm. Nancy White, machte sich Notizen, während sie sich mit Tom Dunninger unterhielt, welcher wiederum von Zeit zu Zeit mit Mendoza zusammenarbeitete. Sie alle waren Mikrobiologen. Dunninger genoss in seinem Spezialgebiet einen außerordentlichen Ruf. Er hatte die letzten Jahre seiner Karriere damit zugebracht, eine Methode zu finden, die den Alterungsprozess aufhalten konnte. Und dann war da noch Garth Urquhart, der für zwei Amtszeiten einer der sieben Ratsherren des

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