Ponyhof kleines Hufeisen - 10 - Der Spuk in der Mühle
besprach.
Nach einem weiteren Telefongespräch und einem hastigen Frühstück machte Sabine sich auf den Weg zum Ponyhof. Sie trug mehrere Pullover, lange Unterhosen und einen Anorak, außerdem feste Winterreitstiefel, eine Wollmütze und gefütterte Handschuhe. Der Wind pfiff um ihren Kopf, als sie aus dem Haus trat. Die armen Fohlen, dachte sie. Es wäre nicht auszudenken, was passieren würde, wenn sich einige von ihnen verliefen, vom Weg abkämen oder gar an einer unübersichtlichen Stelle abstürzten. Jedes Jahr gab es solche Unfälle auf der Alm, sogar im Sommer, wo einem der Nebel die Sicht nahm. Sabine beneidete den Senn nicht. Er konnte ja immer nur eines der Fohlen führen, höchstens zwei, und musste sehen, dass die Herde ihm folgte. Die wenigsten Fohlen waren so gut erzogen und halfterzahm wie Stella und Max vom Ponyhof. Eines war klar: Der Sepp brauchte Hilfe!
Sabine machte größere Schritte und kam schließlich außer Atem und mit feuerroten Wangen auf dem Ponyhof an.
Als sie in die Einfahrt bog, begrüßte Janosch sie mit freudigem Gebell. Sie strich dem Hund über den Kopf und sah sich um. Wo waren Cornelia und Volker? Da entdeckte sie eine Gestalt, die von der Weide her durch das Schneetreiben kam und Sternchen und Lauser am Halfter führte. Stefan! Sabines Herz begann zu klopfen. Kam er auch mit? Sie hatte vor lauter Aufregung kaum an ihn gedacht. Hastig lief sie ihm entgegen und nahm Lausers Zügel. „Wo sind Cornelia und Volker?“
„Sie satteln Glofaxi und Skjoni im Stall. Für so einen Ritt brauchen wir ganz trittsichere Pferde.
Wir wissen ja nicht einmal, wie weit wir dem Senn entgegenreiten müssen! Willst du wirklich mit?“ Sabine antwortete nicht. Klar wollte sie mit! Schnell waren auch die Haflinger gesattelt. Diesmal nahm Cornelia Janosch an einer langen Leine mit. Sonst musste der große beigebraune Hund auf dem Hof bleiben.
„Vielleicht wird er uns helfen müssen die Fohlen zu finden“, sagte Cornelia nur, als sie in den Sattel stieg.
„Wollen’s nicht hoffen“, brummte Volker. Er wusste, wie gern Janosch Hasen oder gar Rehen nachjagte. Dann hörte er weder auf Cornelias Rufen und Pfeifen, sondern raste vor Jagdeifer fiepend durchs Unterholz. Erst wenn das Wild nicht mehr zu sehen war, kam Janosch hechelnd und mit schuldbewusst eingezogenem Schwanz zurück.
„Auf welchem Weg geht’s am schnellsten?“, fragte Cornelia Volker.
„Die Fuchsklamm endet auf der anderen Seite des Moors“, sagte Volker und nahm die Zügel auf. „An der Mühle vorbei und dann quer durch die Filz ist wohl der beste Weg.“
Sabine setzte ihren Reithelm über die Mütze. Sie hörte nun fast nichts mehr, aber das machte nichts. Der eisige Schneesturm biss in Augen und Ohren. Sie stieg in Sternchens Sattel. Schnell warf sie Stefan einen Blick zu. Ob er auch an die Spukgeschichten von Franz dachte? Sie versuchte das seltsame Gefühl zu verdrängen, das sie beschlich, wenn sie an die schmalen Pfade dachte, die durch das Moor führten. Im Schneesturm war es wirklich unheimlich dort! Sie trieb Sternchen an und duckte sich vor dem eisigen Wind. Am Tage gab es schließlich keine Gespenster. Wenn es überhaupt welche gab, dann sicher nur nachts. Sie nahm sich vor nicht mehr an Geister zu denken. Die Rettung der Fohlen war jetzt wichtiger als alles andere.
Dennoch wurde ihr unheimlich zumute, als die kleine Reitergruppe sich dem Moor näherte. Hier schneite es nicht nur in dichten Flocken, aus den schwarzen Tümpeln und dem Schilf stiegen leichte Nebelschwaden auf. Mit dem Schneetreiben bildeten sie eine wabernde, undurchdringlich wirkende Masse, die sich hin und her zu bewegen schien und den Reitern die Sicht nahm.
Sabine schluckte, als Sternchen die Hufe auf den weichen Boden setzte. Ob es wirklich eine gute Idee von Volker war, durchs Moor zu reiten?
Aber Cornelia schien ihre Sorge nicht zu teilen. Sie trieb den Islandschimmel Glofaxi voran. Der erfahrene Herdenchef war in Island aufgewachsen, er kannte schlechtes Wetter in allen Variationen! Cornelia vertraute seiner Trittsicherheit und seiner besonderen Fähigkeit, nicht vom Weg abzukommen. Der stämmige kleine Wallach hatte einen untrüglichen Instinkt, der ihm stets sagte, wohin er die Hufe setzen konnte.
Und tatsächlich fand Glofaxi den Weg durch das Moor mit unbeirrbarer Sicherheit. Er ging gleichmäßig dahin und schnaubte, so als ob ihm dieser Ritt durch den Schneesturm auch noch Spaß machte.
„Bestimmt erinnert ihn dieses Wetter an
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