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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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spielte, weil sie ihren Sohn decken wollte.
    »Dann ist’s ja gut«, nickte ich treu.
V
    Mein Bruder Festus konnte jede x-beliebige Taverne in jeder Provinz des Reiches betreten, und sofort erhob sich irgendein Individuum mit dreckiger Tunika von einer Bank und begrüßte ihn mit offenen Armen als alten und geachteten Freund. Fragen Sie mich nicht, wie er das gemacht hat. Ich hätte den Trick selbst gut brauchen können, aber man muß das Talent haben, eine solche Herzlichkeit auszustrahlen. Der Umstand, daß Festus besagtem Individuum seit der letzten Begegnung noch einen Hunderter in der jeweiligen Landeswährung schuldig war, dämpfte die Wiedersehensfreude nicht im geringsten. Und wenn unser Glückspilz dann ins Hinterzimmer vordrang, wo die billigen Huren den Männern Gesellschaft leisteten, dann gab es auch dort Jubelgekreisch, und lauter Mädels, die eigentlich hätten klüger sein müssen, stürzten ihm hingerissen entgegen.
    Als ich das Flora betrat, wo ich seit fast zehn Jahren Stammgast war, nahm nicht einmal die Katze Notiz von mir.
     
    Neben der Caupona Flora wirkte jede durchschnittliche Imbißstube wie ein schicker, hygienisch einwandfreier Laden. Die Kneipe lag an einer Ecke, wo eine schmuddelige Gasse, die vom Aventin herunterführte, auf einen Feldweg traf, der zu den Kais ging. Eingerichtet war das Lokal, wie üblich, mit zwei Theken im rechten Winkel zueinander, an die sich die Anwohner der beiden kümmerlichen Straßen beschaulich lehnen und darauf warten konnten, daß man sie vergiftete. Die Tresen waren aus weißem und grauem Stein, den man für Marmor halten mochte, wenn man gerade intensiv mit den nächsten Wahlen beschäftigt und obendrein fast blind war. Jede Theke hatte drei kreisrunde Löcher für die Kochkessel. Im Flora waren diese Löcher meist leer, vielleicht aus Rücksicht auf die Volksgesundheit. Was die vollen Kessel enthielten, war noch widerlicher als die übliche braune Pampe mit merkwürdigen Brocken darin, die den Passanten in irgendeinem vergammelten Stehimbiß vorgesetzt wird. Die kalten Speisen im Flora waren eklig lauwarm, die warmen Gerichte dagegen gefährlich kalt. Es ging das Gerücht, daß einmal ein Fischer noch an der Theke gestorben sei, nachdem er eine Portion Erbsenbrei gegessen hatte. Mein Bruder behauptete, um einen langen Prozeß mit dessen Erben zu vermeiden, hätte der Wirt den Mann flugs tranchiert und als würzige Heilbuttklößchen serviert. Festus hatte immer solche Geschichten auf Lager. Aber dem Zustand der Küche hinter der Caupona nach zu urteilen, könnte diese durchaus wahr sein.
    Die beiden Tresen begrenzten einen engen Raum, in dem wirklich abgehärtete Stammgäste sich hinhocken und vom Kellner Nasenstüber einfangen konnten, während der ellbogenschwingend seiner Arbeit nachging. In dem Karree standen zwei uralte Tische; einer hatte Bänke ringsum, der andere einen Satz Klappstühle. Vor der Kneipe versperrte ein halbes Faß die Straße; auf ihm saß ständig ein schwachbrüstiger Bettler. Selbst heute war er da, obwohl die Nachhut des Gewittersturms noch immer für Schauer sorgte. Niemand gab ihm je Almosen, weil der Kellner ihm alles klaute.
    Jeden Blickkontakt vermeidend, ging ich an dem Bettler vorbei. Irgendwas an ihm kam mir immer vage bekannt vor und deprimierte mich jedesmal. Vielleicht schwante mir ja, daß in meinem Beruf ein falscher Schritt genügte, und ich würde neben ihm auf seinem Faß enden.
    Drinnen setzte ich mich auf einen Schemel und stützte mich, weil der so schrecklich wackelte, auf den Tisch. Die Bedienung würde auf sich warten lassen. Ich schüttelte mir den Regen von heute aus den Haaren und musterte die vertraute Szenerie: das Gestell mit den Amphoren, von Spinnweben verschleiert; das Regal mit den braunen Bechern und Krügen; ein überraschend hübsches, griechisch wirkendes Gefäß, das mit einem Oktopus verziert war, und die an die Wand gepinselte Weinliste – ein sinnloses Unterfangen, denn trotz der beeindruckenden Karte, die vorgab, sämtliche Lagen vom einfachen Hauswein bis hin zum Falerner anzubieten, gab es im Flora ständig nur ein und denselben zweifelhaften Jahrgang, und das, woraus der gekeltert wurde, war höchstens um zwei Ecken mit Trauben verwandt.
    Kein Mensch wußte genau, ob es je eine Flora gegeben hatte. Vielleicht war sie vermißt oder tot, aber diesen Fall hätte ich nicht freiwillig übernommen. Gerüchten zufolge soll sie eine imposante Erscheinung gewesen sein. Meiner Meinung nach

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