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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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unter dem perlenverzierten Rand einer Totenurne in Kampfstellung gehen. Immerhin besann er sich darauf, mich zu fragen, warum ich gekommen sei.
    »Es ging das Gerücht, du wärst betrunken. Ich soll dir den Kopf in einen Brunnen tauchen und dich anschließend sicher heimbringen.«
    »Ich bin nüchtern – aber wenn du Lust hast, werde ich mich jetzt mit dir zusammen betrinken«, bot sich Papa an. Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich wußte, daß dies eine Art Friedensangebot war.
    Er lehnte sich auf dem alten Diwan zurück und musterte mich. Ich hielt seinem Blick stand. Da er vollkommen nüchtern war und auch nicht deprimiert wirkte, schien es an der Zeit, meinen sinnlosen Besuch zu beenden. Aber etwas hielt mich zurück. Etwas, was schon eine ganze Weile in meinem Unterbewußtsein rumorte.
    »Na, was hängst du hier noch rum, Marcus? Willst du mit mir reden?«
    »Es gibt nichts mehr zu sagen.« Ein Unternehmen dieser Art hat nur eine einzige Chance, und so stürzte ich mich denn kopfüber hinein. »Ich könnte dich allerdings um einen Gefallen bitten.«
    Mein Vater war verblüfft, hatte sich aber gleich wieder gefangen und frotzelte: »Brich dir bloß keine Verzierung ab!«
    »Ich frag dich nur einmal, und wenn du nein sagst, reden wir nicht mehr darüber.«
    »Komm, komm, wir wollen doch keinen pythischen Tanz draus machen!«
    »Na gut. Du hast fünfhunderttausend Sesterzen in dem Wandsafe hinter dir eingemauert, stimmt’s?«
    Mein Vater schaute unwillkürlich zu der dunkelroten Portiere hinter seinem Diwan auf. Aber er blieb vorsichtig und sprach mit gedämpfter Stimme. »Na ja, das Geld ist da drin – aber nur vorübergehend«, setzte er rasch hinzu, als fürchte er, ich wollte es stehlen. Sein Verdacht beruhigte mich. Manche Dinge blieben wohltuend normal, egal, wie elend und benommen ich mich fühlte.
    »Dann paß mal auf, Vater. Wenn wir den Zeus nie gefunden hätten und du es leid geworden wärst, daß man dauernd deine Auktionen sprengt, dann hätten wir Carus das Geld bezahlt ohne die Chance, es je wiederzukriegen. Dann wären dein Safe und mein Bankfach im Forum jetzt beide leer.«
    »Wenn du deinen Anteil wiederhaben willst …«
    »Ich will mehr als das.« Ich entschuldigte mich.
    Mein Vater seufzte. »Ich kann mir schon denken, was kommt.«
    »Ich versprech dir, das ist das erste und letzte Mal in meinem Leben, daß ich dich so beknie.« Ich holte tief Luft. An Helena brauchte ich nicht extra zu denken, das hatte ich das ganze letzte Jahr bereits getan. »Ich bitte dich um ein Darlehen.«
    »Tja, wozu hat man einen Vater?« Der meine konnte sich nicht entscheiden, ob er sich lustig machen oder jammern sollte. Aber von Ablehnung war keine Rede, nicht mal im Scherz.
    Das Bitten hatte mich ganz nervös gemacht. »Du darfst auch die Enkelkinder besuchen!« Ich grinste ihn an.
    »Ja, was will ich denn noch mehr!« witzelte Geminus. »Vierhunderttausend, sagst du? Carus hat mit Goldstücken bezahlt. Bei vier Sesterzen pro Denar und fünfundzwanzig Denarii pro Aureus macht das viertausend …«
    »Das Geld muß in Landbesitz investiert werden, auf italienischem Boden.«
    »Auch gut. Ich werd schon einen Agenten auftreiben, der uns einen Sumpf in Latium kauft oder ein paar Äcker albanisches Gestrüpp …« Er erhob sich von dem alten Diwan, schlug die Portiere zurück und angelte den Schlüssel an einem fettigen Lederriemen unter der Tunika vor. »Du willst es dir doch sicher mal ansehen.«
    Wir standen nebeneinander, als er die Kassette aufschloß. Noch bevor der Deckel hochgeklappt war, kündete ein mildes Leuchten von den Aurei, die unter dem massiven Holz funkelten. Die Geldtruhe war bis obenhin voll. Ich hatte noch nie soviel Gold auf einmal gesehen. Der Anblick war beruhigend und erschreckend zugleich.
    »Ich zahl’s dir zurück.«
    »Das hat keine Eile«, sagte mein Vater freundlich. Er wußte, welche Überwindung mich das gekostet hatte. Für den Rest meines Lebens würde ich sein Schuldner sein – und das hatte nichts mit Geld zu tun. Die vierhunderttausend waren nur der Anfang dieser Verpflichtung.
    Er klappte den Deckel wieder zu und verschloß die Kassette. Wir gaben uns die Hand; dann ging ich schnurstracks zum Palatin und verlangte Vespasian zu sprechen.
LXXII
    Unter den Flaviern wurde der Kaiserpalast so professionell geführt, daß man es nur als seriös bezeichnen konnte. Allerdings war aus Neros Tagen noch genug Blödsinn übriggeblieben, um ihre ernsthaften Bemühungen fast lächerlich

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