PR Action 36 Sonnendämmerung
Rhetorik führte er im Gespräch wie das Stilett der Lüge, den Dolch der Heimtücke, die Seidenschnur der Umgamung oder den Pa-ralysator des Misstrauens.
Tsamal kannte all diese Fähigkeiten Saquolas, seine Doppelbödigkeit und Falschheit, und hatte sich ihm stets überlegen gefühlt - eine Fehlannahme, die ihm zunächst seine Unabhängigkeit und Macht genommen hatte und mittlerweile auch sein Leben bedrohte.
Nein, Tsamal würde sich nicht mehr mit Saquola abgeben. Dieser Mann verstand nur eine Sprache - die der Konfrontation. Es ging längst nur noch um den bloßen, unbedingten Willen zur Macht, etwas, das der Thort in dieser nackten, rohen Form niemals besessen hatte.
0 ja, er wäre der Letzte gewesen, der geleugnet hätte, dass es ihm Freude machte zu herrschen und dass er verdammt gut darin war, aber Macht glich eher einem Instrument unter vielen.
Vor seiner Wahl zum Thort war Tsamal jahrelang als Jurist tätig gewesen - »Tsamal für den Angeklagten, Hohes Gericht!« - und hatte sich zum Schrecken so mancher Richterbank entwickelt. Tsamal verfolgte keine Ziele in dem Sinne, wie andere es taten, er war kein Visionär, sondern er ergriff Partei. Manchmal populär, manchmal unpopulär, aber stets von einem Gefühl getrieben, das schwächere Geister als Gerechtigkeitsempfinden verstanden hätten und das sein Bild in der Öffentlichkeit entsprechend prägte.
Genau dieses Gefühl prädestinierte ihn zum Thort. Und über die Jahre hinweg hatte er Gefallen daran gefunden, sich dazu der Machtmittel des höchsten Staatsamtes zu bedienen.
Wann war es zu seinem Sündenfall gekommen? Wann hatte er erstmals geglaubt, die Kontrolle seines Amtes durch plebiszitäre Entscheidungen aushebeln zu müssen? Er erinnerte sich nicht.
Wenn er ehrlich zu sich selbst war, wollte er sich auch nicht erinnern, denn das hätte womöglich bedeutet, seine eigenen Abgründe offenzulegen. Viel lieber ging er davon aus, es sei erst durch Sa-quolas Einflüsterungen geschehen, die sein Herz vergiftet hatten.
Eine Redewendung der Terraner besagte, dass Macht korrumpierte. Tsamal hätte noch vor einer Woche darüber gelacht. Er war nicht korrumpierbar! Und doch erkannte er mittlerweile, dass es genau so gewesen war. Die Befugnisse seines Amtes und seine Erfolge hatten ihn süchtig gemacht - und blind für Gefahren.
Mit Saquolas Verrat war diese Blindheit zusehends geschwunden, sodass Tsamal annahm, wieder klarzusehen. Er durchschaute Saquola. Wenn der Dives-tor schwieg, brütete er lediglich über einer neuen Schurkerei, einem weiteren Verrat.
Wollte er Tsamal in Sicherheit wiegen? Verfolgte er ihn telepathisch? Würde er Tsamal mit einer Teleportation einholen und umbringen? Oder - was womöglich der erschreckendste Gedanke war - ließ er den Thort in Frieden, weil dieser nicht mehr wichtig genug war, um sich seiner anzunehmen?
Nein, ausgeschlossen! Ich bin der Thort, der wichtigste Mann des gesamten Systems! Ich werde niemals bedeutungslos sein!
Der alte Mann eilte weiter, dem Krol-nussduft entgegen, der mit jedem Schritt intensiver wurde.
Und dann ertönte erneut die mentale Stimme Saquolas.
Diesmal klang sie nicht drohend, sondern lockend, und sie schien nicht mehr direkt in seinem Verstand zu materialisieren, sondern sie kam sehr viel einschmeichelnder und vermittelnder, als ... als werde sie durch die geheimnisvolle Kreatur an Tsamals Schädel transportiert und gefiltert.
Komm zurück. Komm zu mir, und ich gewähre dir Amnestie. Amnestie und die Zelldusche - für dich, meinen treuen alten Freund.
Tsamal lachte heiser. O nein! Darauf würde er nicht hereinfallen. Saquola würde niemals seine Macht teilen, und er würde den Thort keinesfalls daran teilhaben lassen.
Verschwinde!, dachte er. Ich will dich nicht mehr hören!
*
Saquola brauchte einen Augenblick, bis er das Versiegen seiner Psi-Kraft einordnen konnte. Hatte sich dieser idiotische Telepath umgebracht oder töten lassen? Eine andere Erklärung gab es nicht.
Verdammt sollten diese zerbrechlichen, unzuverlässigen Subjekte sein - er würde Versagern kein Denkmal in seiner bald unsterblichen Erinnerung setzen!
Es war sehr schade, dass die Reichweite seiner Gabe noch begrenzt war. Er würde sie trainieren müssen, bis es ihm gelang, auch mit weit entfernten Mutanten deren Psi-Fähigkeiten zu teilen. Sofern es ihm gelänge, diese Mutanten zu »markieren« ... Nun ja, bald blieb ihm schließlich alle Zeit des Universums.
Das Physiotron befand sich in
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