PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds
um zu töten.
Wieder tauchten die Blauhäutigen auf, riefen sie mit ihren bewegten Linien und deuteten zur anderen Seite, dorthin, wohin auch die Menschen gerannt waren. Erst folgten sie zögernd, dann schneller, als sie den Duft spürten, der von außen hereindrang.
Dreimal noch stellten sich ihnen Weißhaare in den Weg. Sie fegten sie hinweg. Niemals wieder würden sie sie fangen können. Niemals wieder würden sie sich einsperren lassen. Hundert Münder formten sie und schrien ihnen ihre Wut entgegen, während sie auf sie einstürmten, und für kurze Zeit überlagerte der Geruch von Blut und Ausscheidungen den frischen Duft. Dann war es vorbei.
Sie spürten den warmen Wind, die vielfältigen Aromen des Dschungels auf der Haut. Helles Licht strahlte durch den Felsgang, in dem verstreut Dinge lagen, die die Menschen auf ihrer Flucht verloren hatten. Endlich glitten sie durch das Tor, das die Diener für sie aufgerissen hatten, hinaus in das warme Licht der Morgensonne.
Jubel durchströmte alle Teile des Geistes von Ak-Chale. Sie achteten nicht auf die vielen Gestalten, die in alle Richtungen davonstrebten. Hier und da tauchten noch Weißhaare auf, doch ein Schlag mit einem Pseudopodium fegte sie weg. Den Rest erledigten die Diener, die Träger der Linien der Weisung.
Sie spürten Verletzungen, wo Schüsse sie gestreift hatten. Neue Haut wurde bereits gebildet und würde die Risse bald schließen. Nichts konnte sie jetzt noch aufhalten, da sie die Sonne spürten und den Wald rochen – ihre Heimat, ihre Freiheit. Ein Ort ohne Sorgen und Pflichten, an dem sie einfach nur waren, eins waren, in sich und mit der Welt, zu der sie gehörten.
Sie jubelten, sie sangen. Sie liebten das Leben, wie es ihnen nie zuvor möglich gewesen war.
Das Leben als Ak-Chale.
9.
Hela Ariela
Während ich durch die Eingeweide des Planetoiden jage, fühle ich mich wieder einmal wie eine Figur, die auf einem Spielbrett herumgeschoben wird. Es ist ein Gefühl, an das ich mich nie gewöhnen werde, auch wenn ich es allem Anschein nach sollte. Ich kann und will es nicht unwidersprochen hinnehmen, nicht der alleinige Herr über mein Leben zu sein.
Es erfüllt mich mit Wut, von der ich aber nicht zulassen kann, dass sie meine Entscheidungen beeinträchtigt. Auch wenn ich nicht mehr sicher bin, wie viel Kontrolle ich über mein Handeln habe – die, die ich besitze, darf ich nicht leichtfertig aufgeben.
Ich komme früher an als der Rest der Gruppe. Neben dem Steg an die Wand gelehnt warte ich mit verschränkten Armen. Als sie schließlich angerannt kommen, rühre ich mich nicht. Ich will warten, bis sie alle den Steg betreten haben, und als Letzter gehen. Keine Fragen.
Aber Perry Rhodan bleibt trotz aller Eile, zu der die Lotsen drängen, bei mir stehen. Ich hätte es mir denken können.
»Sie haben nichts erfahren«, stellt er fest.
Ich löse mich von der Wand, damit wir den anderen folgen können. »Nichts von Relevanz. Kennen Sie es, wenn alle Antworten nur weitere Fragen aufwerfen?«
»Nur zu gut. Es ging mir in jedem Mathe-Test so.«
Ich lächle kurz und wohl wenig überzeugend, wenn ich nach seinem Blick gehe.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, fragt er.
Ich schüttle den Kopf. »Nein. Was ich brauche, haben Sie nicht.«
»Probieren Sie es aus. Schenken Sie mir Ihr Vertrauen.«
Innerlich muss ich auflachen – ein bitteres, hilfloses Lachen. Ich sehe ihn an. Für einen Moment denke ich wirklich darüber nach, aber dann schüttle ich wieder den Kopf.
»Es tut mir leid, aber es geht nicht.«
Er runzelt die Stirn, aber wir sind im Inneren des Bootes angekommen, was eine Fortführung des Gesprächs unmöglich macht. Wir verteilen uns auf unsere Sessel. Ich schaue weder ihn noch die anderen an, sondern starre auf die Anzeigen.
Eines Tages kann ich ihn vielleicht ins Vertrauen ziehen. Aber noch nicht jetzt. Vertrauen gebiert Vertrauen.
Aber wie kann ich jemandem aufbürden, mir zu vertrauen, wenn ich es selbst nicht tue?
Am Rand des Abgrunds
Sie flogen mit dem Lotsenschiff zurück. Mit ihnen lösten sich ein halbes Dutzend weitere Schiffe aus der Landehalle und begleiteten sie.
Noch immer verstand Perry Rhodan nicht recht, was eigentlich los war. Auch Khe'Rhil hatte sich bei allen Fragen über den Grund der Eile weiter bedeckt gehalten. Sie sollten Hela Ariela verlassen, bevor der so nervös erwartete Konvoi eintraf. Warum die Dinge auf einmal so hektisch waren, erklärte das allerdings nur mangelhaft.
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