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PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds

PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds

Titel: PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Themsen
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1.
    TIA'IR
     
    Es ist der Duft. Ihr Duft. Er bringt mich fast um den Verstand.
    Ich presse die Handballen gegen meine Stirn. Es hat keinen Sinn, sich damit zu beschäftigen. Ich muss ruhig werden, die Vergangenheit vergangen sein lassen. Die Gegenwart hält mehr als genug Probleme für mich bereit. Ich atme durch, nur um sofort zu erkennen, dass das ein Fehler war. Erneut strömt ein Hauch des Raumparfüms über meine Geruchsrezeptoren.
    Crysalgira.
    Zehntausend Jahre, und ein einziger Atemzug genügt, um sie wieder erstehen zu lassen. Ich spüre ihre Finger, wie sie sanft durch mein Haar gleiten, um es anschließend gegen alle Proteste wild zu zerzausen. Schmecke ihren Kuss und das Blut, das nicht selten damit einherging. Sehe den aufreizenden Augenaufschlag, nach dem sie sich abwendet und die Anzeigen studiert, als gebe es nichts Wichtigeres als die Energieverteilung des Schiffes.
    Ihres Schiffes. Der TIA'IR.
    Und nun stehe ich darin – oder in einem exakt identischen Schwesterschiff –, und die Erinnerungen an sie lähmen mich. An ihre Stimme. Unsere unzähligen Streitereien und Versöhnungen. Ihre Schönheit, die Weichheit ihrer Haut, ihr seidiges Silberhaar. Ihren bevorzugten Duft, eine ebenso widersprüchliche Mischung aus süß-exotisch und herb wie alles an ihr.
    Doch sie ist tot. Tot und seit Jahrtausenden zu Staub zerfallen. Nur meine Erinnerung an sie lebt noch. Für mich ist es, als sei es gestern gewesen, dass meine Ziehschwester mich mit all ihren Eigenschaften zwischen Glück und Wahnsinn hin und her gerissen hat. Ihrer Sprunghaftigkeit, ihren Launen ...
    Ich spüre die Leere des Verlustes; ihres Verlustes und der vielen, die noch folgen sollten. Schmerz, der mich durch die Jahrtausende begleitet hat. Es ist die Schattenseite des Geschenkes, das ich um meinen Hals trage. Unzählige wunderbare Momente, unzählige Verluste. Es ist manchmal schwer, dem einen mehr Gewicht zu geben als dem anderen, um weiterleben zu können.
    Die schönen Momente. Ich denke an sie, lasse sie in Gedanken erstehen und lächle. Mein Herzschlag wird ruhiger. Ich öffne die Augen wieder. Das Rotorange des vordersten Anzugs im Kleiderspeicher springt mich an. Mein Lächeln gefriert.
    Ja, da war auch noch ihr äußerst extravaganter Modegeschmack.
    Crysalgira ...
     
     
    Ferrari zu den Sternen
     
    Mit einem leisen Fluch rieb sich Perry Rhodan den Ellenbogen. Wieder einmal hatte er die Enge der Gänge und Leiterschächte falsch eingeschätzt und war gegen einen der ohne erkennbares System auftretenden Vorsprünge gestoßen. Auch wenn ihm klar war, dass er froh sein musste, überhaupt in einem Raumschiff zu sein – er verfluchte das Schicksal dafür, dass es ausgerechnet eines war, das man innen nur als subspartanisch bezeichnen konnte, sah man von den teils schon psychedelisch anmutenden Farbdekorationen ab.
    Wenigstens stand er nun endlich vor der Kabine, die er gesucht hatte. Vergeblich hielt er nach einem Klingelknopf oder etwas Ähnlichem Ausschau. Als er bereits darüber nachdachte, zu klopfen oder einfach unangemeldet den Öffner zu berühren, wurde er des Problems durch das unvermittelte Aufgleiten der Tür enthoben.
    Mitten in der Kabine, die der Größe nach eher einer Besenkammer glich, stand der Mann, den er sprechen wollte. Rhodan blinzelte unwillkürlich, um sicherzugehen, dass er keiner optischen Täuschung aufsaß. Es folgten ein Räuspern und ein Husten und schließlich befreiendes Gelächter.
    Das schulterlange Haar hatte der Arkonide schon direkt nach ihrem Abflug von Siron wieder zu seiner natürlichen weißen Farbe zurückgeführt. Im Moment endete es über einer eng an den athletischen Körper geschmiegten Kombination aus glänzenden Stoffen in verschiedenen Violetttönen, kombiniert hier und da mit schimmerndem Perlmutt. Dazu kamen akzentuierende Rüschen, Bänder und Applikationen mit blinkenden Leuchtpunkten, wo immer einem wahnsinnigen Schneider einfallen konnte, dass noch ein wenig Platz für so etwas war. Hohe Absätze unter den weißen, schnallenbewehrten Stiefeletten sorgten dafür, dass der ohnehin hochgewachsene Mann vollends einen Kopf über alle anderen hinausragte.
    Atlan da Gonozal verzog wegen Rhodans Lachen das Gesicht. »Und ich hatte die Hoffnung genährt, die irdischen Barbaren hätten irgendwann einmal Höflichkeit und Anstand gelernt. Ich sehe, ich habe mich geirrt.«
    »Entschuldigen Sie«, japste Rhodan und versuchte verzweifelt, das Zittern seines Zwerchfells wieder unter Kontrolle

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