PR TB 009 Invasion Der Puppen
Augenblicken dachte Rhodan immer wieder daran, sein Amt
zur Verfügung zu stellen. Die stolzen Tammater wären jedoch
tödlich beleidigt gewesen, wenn Rhodan die herzliche Einladung
aus einem fadenscheinigen Grund abgelehnt hätte. Da es innerhalb
der Galaxis im Augenblick verhältnismäßig ruhig war,
hatte Rhodan ihnen keine Absage erteilen können.
Für Rhodans Begriffe waren die Tammater zu stolz. Sie
benahmen sich überaus steif und korrekt. Jede Rede, jeder
Vortrag waren ebenso fehlerlos wie die gesamte Organisation der
Jubiläumsfeierlichkeiten. Rhodan kam es so vor, als fänden
die Kolonisten an dieser Feier keinen Spaß, als böten sie
dieses Schauspiel nur für ihren Gast von der Erde.
Rhodan hätte gern gewußt, wie Leutnant Kalmat darüber
dachte. Rore Kalmat hatte ihn als einziger Mann der Besatzung der
ALAMO begleitet. Direkt nach der Landung waren sie von einem Gleiter
hierher geflogen worden.
Rhodan rechnete, daß mehrere tausend Menschen in der
gewölbten Halle saßen und den Feierlichkeiten beiwohnten.
Rhodan und Kalmat hatten in zwei einzelnen Sesseln Platz genommen.
Der Redner auf der Bühne räusperte sich durchdringend, und
Rhodan richtete seine Blicke zum Podium. Der Tammater war groß
und fett, auf seiner Stirn glänzte der Schweiß. Er trug
einen blauen Anzug, ein gelbes Hemd und eine Schärpe quer über
die Brust. An seinem Hosenbund hing eine der häßlichen
Puppen, wie sie fast jeder der Kolonisten trug. Rhodan nahm an, daß
diese Puppen eine Art Nationalsymbol darstellten.
Clyde Purcell, jetzt bereits ein alter Mann, hockte hinter dem
Podium und starrte ins Publikum. Er schien ebensowenig auf das Gerede
zu hören wie Rhodan.
Rhodan gab Kalmat einen leichten Stoß.
„Was, glauben Sie, wird man uns noch alles zu bieten haben?"
fragte er kaum hörbar.
Ohne die Lippen zu bewegen, flüsterte Rore Kalmat: „Die
ganze Sache kommt mir etwas komisch vor, Sir."
Enttäuscht verzog Rhodan das Gesicht. Wenn auch Kalmat sich
langweilte, wenn ihm diese Feier sogar komisch vorkam, dann würde
er seine Ungeduld früher oder später zeigen. Also war auch
Kalmat nicht der richtige Offizier für Repräsentationszwecke.
„Vielleicht sollten wir das Fest etwas auflockern",
schlug Rhodan leise vor.
„... denken wir aber auch an unseren ersten Erfolg in der
Weltraumfahrt", sagte der Redner gerade. „Es ist uns vor
einem Jahr gelungen, den dritten Planeten des Ganter-Systems
anzufliegen. Irgendwann werden unsere Raumschiffe ebenso in die
Tiefen des Alls vorstoßen wie die des ..." .Auflockern,
Sir?"
„So steif geht es im exklusivsten terranischen Klub nicht
zu", erklärte Rhodan. „Die Zuschauer wären uns
dankbar, wenn wir sie von dieser Qual erlösen und das
Unterhaltungsprogramm in Schwung bringen würden."
„Das Programmheft, Sir", murmelte der Leutnant.
„Programmheft?" wiederholte Rhodan verständnislos.
„Ich habe es gleich nach unserer Ankunft gelesen. Kein Wort
von Unterhaltungsprogramm. Nur Festreden. Kein Tanz und ..."
Kalmats Augen bekamen einen traurigen Ausdruck „... kein
Ausschank von Alkohol."
„... schon deshalb ist Clyde Purcell ein Mann, der sich
würdig in die Liste jener berühmten Pioniere einreihen
läßt, die in allen bewohnten Systemen der Galaxis nur mit
Bewunderung erwähnt wird", rief der Redner in den Saal.
Entweder war Purcell schwerhörig oder ein Mann aus Eisen, daß
er sich das anhören konnte. Vielleicht war er auch eitel,
überlegte Rhodan. Zu seiner Erleichterung verließ der
Tammater, begleitet von dezentem Beifall, das Podium und ließ
sich auf der Bühne nieder. Hinter Purcell stand ein weiterer
Mann auf, um auf das Podium zuzusteuern.
Rore Kalmat seufzte ergeben.
Da stand Perry Rhodan auf und hob die Hand. In seiner einfachen,
enganliegenden Kombination wirkte er bei weitem nicht so festlich wie
die Kolonisten oder Leutnant Kalmat in seiner ordensgeschmückten
Galauniform.
„Was haben Sie vor, Sir?" flüsterte Kalmat
verwirrt.
Rhodan stieg die Treppe zur Bühne hinauf. Plötzlich war
es in der Halle totenstill. Es schien, als hätte diese
unverhoffte Änderung im Ablauf des Programms die Tammater
schockiert.
Er ging zum Podium und blickte in die Halle. Tausendfach hatte er
vor Menschenansammlungen gestanden und gesprochen, aber zum erstenmal
fühlte er sich dabei unbehaglich. Die Masse der Gesichter
leuchtete hell über den dunklen Anzügen. Ausdruckslose,
gleichgültige Gesichter. Den Kolonisten schien jede Begeisterung
zu fehlen. Sie
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