PR TB 046 Planet Unter Quarantäne
wurde von einem
Ebenbild überlagert - und dieses Ebenbild starb unter dem
Prankenhieb des Tigers.
An anderer Stelle starben zwei Männer gleichzeitig auf
dieselbe Art … Und der Tiger war überall. Während er drei
flüchtende Reiter einholte und vom Rücken der Pferde riss,
zermalmte er hundert Meter weiter einen Kanonier. Einer
Schützengruppe, die sich unter dem Kommando eines Führers
gesammelt hatte und in Stellung ging, fiel er in den Rücken
und erledigte sie mit einigen schnellen Hieben.
Pharon suchte das Mädchen Laisa. Dabei stieß er wieder
auf den Mann mit dem feuerroten Bart, den er eben hatte sterben
sehen. Warum konnte dieser Mann leben? Pharon erkannte, dass der Mann
eine Kanone in Stellung bringen wollte; er versuchte sieben Kameraden
zu verscheuchen, die ihm in die Schusslinie kamen - im nächsten
Augenblick war der zeitparadoxe Tiger da und erledigte sie alle acht.
Gleich darauf sah Pharon das Mädchen Laisa. Ihr Gesicht war
blutüberströmt, und ein Arm hing ihr kraftlos an der Seite
herab.
»Prediger!« schrie sie. »Hilf mir!«
Mit letzter Kraft fiel sie in Pharons Arme. Er hatte Mitleid mit
ihr und drückte sie fest an sich. Er spürte, wie ihr Körper
von Krämpfen geschüttelt wurde, er spürte den Druck
ihrer Arme, die sie mit aller Kraft um ihn schlang. Und er dachte:
Dieses Geschöpf hat seine Lektion, es wird nie wieder sündigen!
Deshalb hoffte er für das Mädchen, dass der Tiger hier
Gnade vor Recht ergehen ließe.
Während er sie immer noch im Arm hielt, hatte er den
Eindruck, dass es keine Überlebenden mehr bei den Kämpfern
der Wissenschaft gab. Aber kaum hatte er das gedacht, spielte sich
wieder die eine Szene ab, die er schon zweimal gesehen hatte. Der
Kanonier mit dem roten Bart versuchte, sieben seiner Kameraden aus
der Schusslinie zu verscheuchen. Dann tauchte der Tiger auf und
tötete alle acht. Gleich darauf stand der Kanonier, wieder zum
Leben erwacht, da und wollte seine sieben Kameraden aus der
Schusslinie vertreiben. Der Tiger kam aus der Zeit und tötete
sie …
Es war ein ewiger Kreis, den der Tiger mit seiner zeitparadoxen
Fähigkeit geschaffen hatte. Ein teuflischer Kreis, in den Pharon
unschuldig hineingeraten war. Er konnte es
immer noch nicht verstehen, dass ein Mensch, den er eben hatte
sterben sehen, im nächsten Augenblick wieder lebte, dieselben
Bewegungen und Gesten wie vorhin vollführte und dann gleich
wieder starb, nur um das alles zu wiederholen. Es verhalf ihm nicht
zum besseren Verständnis, dass sich Pharon sagte, dass der Tiger
mit der Zeit manipulierte und immer wieder die Vergangenheit ins
Leben rief, um für sich den günstigsten Augenblick
auszusuchen. Das würde sich so lange wiederholen, bis keiner der
Kämpfer der Wissenschaft mehr am Leben war. Soweit sich Pharon
erinnern konnte, mussten es einige hundert Personen gewesen sein.
Plötzlich befand sich Pharon außerhalb dieses
teuflischen Kreises. Außer ihm und dem Mädchen lebte
niemand mehr. All die vielen Ebenbilder des zeitparadoxen Tigers
waren verschwunden, das Zeitparadoxon hatte aufgehört.
Der Tiger hetzte mit suchenden Augen von einer Senke zur anderen,
dabei stieß er zufriedene Grunzlaute aus. Als er Pharon
erreichte, blieb er abrupt stehen. Er schlich sich neugierig heran
und streckte dabei seinen Körper. Pharon erwiderte den Blick der
klugen Augen. Er fürchtete sich nicht, denn er war von echtem
Glauben gefesselt, und das mussten auch die Dämonen der Göttin
Mona anerkennen. Er fürchtete nur für das Mädchen.
Vielleicht erkannte auch der Tiger, dass das Mädchen bestraft
genug war, wenn sie die Erinnerung an diese blutige Vergeltung ein
Leben lang mit sich tragen musste. Denn der zeitparadoxe Tiger wandte
sich von ihnen ab und schlich hinaus in die Wüste.
Nach einigen Schritten begannen sich seine Konturen zu verwischen,
bald darauf löste er sich gänzlich in der Zeit auf.
Pharon hob das bewusstlose Mädchen auf und trug es in die
Oase Zetes.
*
Pharon war zwanzig und stand knapp vor seinem Abschlussexamen, als
er die sechsdimensionale Schlange traf. Es war der dritte hilfreiche
Dämon Monas, der Göttin und Beschützerin des
Nordlandes.
Pharon hatte eine harte Ausbildung hinter sich, in der ihm alle
Disziplinen des Lebens gelehrt worden waren. Er war nun
gottesfürchtig wie je, aber wenn er zurückblickte, da
erkannte er, dass sich sein Glaube gewandelt hatte. Die kindliche
Vorstellung, Zete sei ein übernatürliches, gesichtsloses
Wesen, war der
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