PR TB 191 Geisterschiff Crest IV
wie lange sie da gesessen hatten,
den Blick starr auf die schimmernde Hülle des legendären
Flaggschiffs gerichtet, mit einem Kloß im Hals und unfähig,
auch nur ein einziges Wort zu sagen. Schließlich war es Kevan
Duryeah, der als erster den Bann der Überraschung von sich
schüttelte und mit rauher Stimme erklärte:
„Natürlich! So hat es von allem Anfang an enden
müssen!"
„Mein Gott!" stieß Nadim hervor. „Wie haben
sie... wie hat er... wie ist das Riesenschiff hierher gekommen?"
„Ich nehme an, das werden wir erfahren", sagte Kevan
Duryeah.
„Sie wollen an Bord gehen?"
„Was sollte ich in diesem Augenblick anderes wollen?"
Remo Shah ließ den Blick in die Runde schweifen.
„Es wird ziemlich schwierig sein, die CREST aus dieser
Höhlung hinauszubugsieren."
Duryeah schüttelte den Kopf.
„Irgendwie", sagte er mit schwerer Stimme, „habe
ich das Gefühl, daß wir das Flaggschiff nirgendwo mehr
hinbugsieren werden."
Niemand antwortete darauf. Duryeah versuchte die Kontrollen. Das
Boot gehorchte dem Steuer wieder. Er ließ es abheben. Dann
dirigierte er es mit geringer Fahrt über den Rand der Felsleiste
hinaus.
Langsam kam die CREST IV näher. Der mächtige Leib, der
gewaltige Ringwulst wuchsen vor dem langsam dahinstreichenden Boot
auf und verwandelten sich in ein stählernes Gebirge, gegen das
Duryeahs Fahrzeug wie ein Staubkorn wirkte. Die
CREST IV war ein Fahrzeug der Galaxis-Klasse und besaß einen
Durchmesser von 2.500 Metern.
Gänzlich unerwartet meldete sich Stepnicka wieder zu Wort.
„Ich erblicke unmittelbar unterhalb des Wulstes, annähernd
in unserer Fahrtrichtung, das offene Schott einer Hangarschleuse."
Die Stelle, die er bezeichnete, lag im Schatten, den der Wulst vor
einer nahen Sonnenlampe warf. Kein menschliches Auge hätte die
Schleusenöffnung wahrzunehmen vermögen.
„Weise mich ein!" befahl Duryeah.
Der Robot gab ein paar knappe Kursanweisungen. Wenige Minuten
später tauchte das Boot unter den Wulst und näherte sich
der offenen Schleuse. In der Schleusenkammer leuchteten in diesem
Augenblick die Lampen auf, als wären sie durch die Annäherung
des Fahrzeugs gezündet worden. Ein unheimliches Gefühl
überkam Kevan Duryeah, als ihm bewußt wurde, daß er
auf jedem Meter des Weges von einem Unbekannten, Unheimlichen
beobachtet wurde.
Das Boot glitt in die Schleuse. Das hintere Schleusenschott stand
ebenfalls offen. Duryeah steuerte in den Hangar hinein. Sein
staunender Blick glitt über die blitzenden Leiber der
60-m-Korvetten, die hier aufgereiht standen, als seien sie erst
gestern für den bevorstehenden Aufbruch des Flaggschiffs an Bord
gebracht worden. Duryeah dirigierte das Boot in die Nähe des
bordseitigen Hangarausgangs und setzte es dort ab. Er war von einer
drängenden inneren Unruhe erfüllt. Das Aussteigen konnte
ihm nicht schnell genug gehen. Er ahnte, daß der Augenblick
gekommen war, in dem ihm das Geheimnis der CREST IV enthüllt
würde.
Der Ausgang stand offen, was niemand überraschte.
Der Unbekannte hatte das Flaggschiff für seine Besucher
hergerichtet. Ihr Weg war vorgezeichnet durch offene Schotte,
rollende Laufbänder und betriebsbereite Antigravschächte.
Ein Gefühl der Ehrfurcht beschlich die fünf Terraner,
als sie die Gänge und Rampen entlang eilten, um zum
Kommandostand zu gelangen. Diese Räume hatten seit eintausend
Jahren den Klang menschlicher Stimmen, das Geräusch menschlicher
Schritte nicht mehr gehört. Nur Geister waren hier - die Geister
derer, die vor einem Jahrtausend auf Homeside und im Raum ihr Leben
gelassen hatten: Menschen, Elstern, Rrhaal.
Das Innere des gewaltigen Schiffes befand sich in tadellosem
Zustand. Es gab keinerlei Anzeichen von Zerfall. Der Unbekannte hatte
seiner Beute soviel Pflege angedeihen lassen, wie ihrer Kostbarkeit
entsprach. Es schien erst eine Stunde her zu sein, seitdem die
Mannschaft der Reinigungsroboter hier vorbeigekommen war und auch den
letzten Staubfaden aufgesammelt hatte.
Kevan Duryeah kannte den Weg, als habe er jahrelang auf der
CRESTIV Dienst getan. Ungestüm eilte er Rampen hinauf, schwang
sich auf Rollbänder oder in einen Antigravschacht und sah sich
auch kein einzigesmal um, ob seine Begleiter ihm noch folgten.
Nach halbstündigem Marsch erreichten sie den großen
Kommandostand im Mittelpunkt des Schiffes. Auch hier herrschte
mustergültige Ordnung und Reinlichkeit. Die Bildschirme waren
abgeschaltet, und auf den Dutzenden von Kontrollkonsolen brannte kein
einziges
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