PR2613-Agent der Superintelligenz
nächsten Zug unseres Feindes warten. Hättest du bloß auf mich gehört und mir vertraut; es wäre alles ganz anders gekommen ...
14.
Protektor Kaowen
Binnen weniger Sekunden änderte sich alles. Die beiden Milchstraßenbewohner hatten sich eben noch in ihrem Gewahrsam befunden und waren für eine erste Foltersitzung vorbereitet worden Und dann verschwanden sie spurlos. Kaowen meinte, leicht berührt worden zu sein und verwischte Schatten wahrgenommen zu haben. Solche, die sich viel zu rasch bewegten, um sie mit Blicken verfolgen zu können.
Reparat Mastarmo blickte verdutzt um sich, die beiden Dosanthi torkelten. Sie fühlten etwas, das mit den Sinnen eines Xylthen nicht nachzuvollziehen war.
Er musste reagieren! Musste Befehle erteilen und nach den beiden Milchstraßenbewohnern suchen lassen.
»Alarm!«, befahl er. »Die RADONJU wird zum Sperrgebiet erklärt. Ich fordere, dass sich jedermann an Bord an der Suche nach den zwei flüchtigen Milchstraßenbewohnern beteiligt. Alle Roboteinheiten aktivieren. Ich will Ergebnisse sehen, und zwar rasch!«
Alle im Verhörraum anwesenden Xylthen, Dosanthi und Badakk starrten ihn an. Warum reagierten sie nicht, warum machten sie sich nicht an die Arbeit?
»Macht schon!«, brüllte er. »Ich erwarte Ergebnisse. Andernfalls ...«
Die Xylthen stolperten aus dem Raum, die Dosanthi ebenfalls. Einzig Mastarmo blieb ungerührt stehen.
»Sieh in den Spiegel, Protektor!«, forderte er.
»Was soll der Unsinn?«
»Vertrau mir.«
Kaowen würde den Foltermeister der RADONJU seinen eigenen Werkzeugen aussetzen müssen. Er hielt ihn auf und verzögerte seine Rückkehr in die Kommandozentrale, von der aus er die Suche nach den Flüchtlingen koordinieren würde.
Er drehte sich um und starrte sein Spiegelbild an. Sein Gesicht war mit Symbolen übersät. Solche, die ihm bekannt vorkamen. Obszöne Darstellungen, besonders in der Fortsetzung jener Narbe, die von seinem Mundwinkel hoch zur Wange reichte.
Alle im Raum hatten ihn in diesem Zustand gesehen. Sie würden es weitererzählen. Von Angesicht zu Angesicht, über das Bordnetz, über Hyperfunk. Gerüchte würden sich über die Fünfte Heimatflotte und darüber hinaus verbreiten. In den Mannschaftsquartieren würde man über ihn reden, über ihn lachen, sich lustig machen. Über ihn. Über Kaowen.
Er musste ruhig bleiben. Nachdenken. Den Zorn beiseiteschieben und all die Konsequenzen ignorieren, die sich durch einige wenige Striche in seinem Gesicht ergaben.
Er war stets dann stark gewesen, wenn andere schwächelten. Er würde sich von derlei Widrigkeiten nicht unterkriegen lassen. Sollten die Xylthen getrost über ihn lachen; sollten sich seine beiden Gegner ruhig in ihrem Erfolg sonnen. Doch er würde sie zur Rechenschaft ziehen. Und strafen.
Kaowen wandte sich Mastarmo zu: »Du bist bemerkenswert, Reparat. Jeden anderen, der mich auf meine Verunstaltungen hingewiesen hätte, würde ich eigenhändig umbringen. Doch ich vermute, dass der Tod keinen Schrecken für dich birgt.«
»So ist es, Herr.« Mastarmo verbeugte sich knapp.
»Du hattest auch niemals Interesse an einem Aufstieg in den Offiziersreihen. Du könntest die Situation nutzen und mich desavouieren. Um die Chance wahrzunehmen, mich aus meinem Amt zu verdrängen. Warum tust du's nicht?«
»Weil ich zufrieden bin mit dem, was ich habe.«
»Mehr Macht bedeutet auch mehr Möglichkeiten.«
»Ich sehe mehr Verantwortung und weniger Zeit, Protektor.«
Warum führte er bloß eine Diskussion mit diesem gefühlsarmen Sadisten? Er müsste längst auf dem Weg in die Zentrale sein und nach den Verursachern seiner Verunstaltungen suchen.
Kaowen wusch sich das Gesicht – und stellte fest, dass sich die Zeichnungen nicht so einfach beseitigen ließen. Er hatte Ätzwunden davongetragen, die sich tief ins Gesicht gefräst hatten.
»Kannst du das beseitigen, Mastarmo?«
Der Reparat trat näher. Er betrachtete ihn kühl, tastete ihn ab, kratzte mit den Fingernägeln über die groben Striche. »Ja«, sagte er, und so etwas wie Interesse zeigte sich in seinen Blicken. »Es wird allerdings schmerzhaft werden. Der Heilungsprozess der Haut wird gewiss einen Tag in Anspruch nehmen.«
»Mach es!«
»Ja, Herr!« Mastarmo hielt mit einem Mal ein vibrierendes Messer in der Hand, dessen Klinge so dünn und scharf war, dass man sie mit freiem Auge kaum wahrnehmen konnte.
Der Reparat lächelte. Er freute sich offensichtlich über diese ganz besondere Herausforderung. Und er
Weitere Kostenlose Bücher