Prime Time
begegnet, draußen auf Yxtaholm und dann während der Sendung heute.«
Es war der Highlander.
»Sie müssen die Zeitung anrufen«, sagte sie rasch und warf Thomas einen schnellen Blick zu. »Ich habe nicht über die Zeremonie geschrieben. Wenn Sie etwas hinzuzufügen haben, dann müssen Sie mit dem Nachtchef sprechen.«
»Nein, nein, deshalb rufe ich ja gar nicht an«, sagte der Chef des Senders. »Wissen Sie, die Leute in London haben die Aufnahmen von unserer heutigen Sendung gesehen, Sie selbst ja vielleicht auch, oder?«
Annika räusperte sich leise.
»Nun ja«, sagte sie, »nur ein wenig.«
»Und ich muss sagen, sie waren sehr beeindruckt. Es ist nicht oft der Fall, dass jemand ohne jede Erfahrung auf diese Weise in den Vordergrund tritt.«
»Was?«, fragte Annika und legte die Hand an die Stirn.
»Wir suchen nach einer Nachfolgerin für Michelle Carlsson, nach jemandem, der die
Frauencouch
übernehmen und in ihrem Sinne weiterführen kann. Wir würden gern mit Ihnen Probeaufnahmen für den Moderatorinnenjob machen.
Was sagen Sie dazu?«
»Wer? Ich?«
Der Highlander nahm einen pädagogisch wertvollen Atemzug. »Wir finden, dass Sie die richtige menschliche Ausstrahlung besitzen. Sie kommen auf dem Bildschirm gut rüber und haben Präsenz. Haben Sie je darüber nachgedacht, die Branche zu wechseln?«
Annika strich sich über die Stirn, machte wie ein Fisch ein paar Mal den Mund auf und sah zu Thomas hinüber, der sie von der anderen Sofaecke aus erstaunt anstarrte.
»Soll das ein Witz sein, oder was?«, brachte sie hervor.
»Ganz und gar nicht«, sagte der Highlander mit einer gewissen Irritation in der Stimme. »Wir beginnen mit der Herbstproduktion am zwölften September, deshalb haben wir es mit dem Casting und den Verträgen ein wenig eilig. Wie wäre es denn, haben Sie einen Manager?«
»Äh, nein«, sagte Annika und wurde immer verwirrter.
»Da würde ich Ihnen Sebastian Follin empfehlen, der hat ja jetzt Zeit, da, nun ja …«
Sie erwog die Möglichkeit und badete in Gedanken schon im süßen Glanz der Öffentlichkeit.
Moderatorin. Fernsehen. Premieren. Geld. Eine eigene Produktionsfirma. Eine internationale Karriere. Die Mechanismen der Öffentlichkeit. Die kritische Masse erreichen.
»Tut mir Leid«, sagte Annika und sah Thomas fest an.
»Das geht nicht. Am zehnten September werde ich heiraten.«
Der Highlander lachte etwas gezwungen in die Leitung.
»Das geht doch schnell«, sagte er. »Da können Sie trotzdem noch eine Sendung aufzeichnen.«
»In der schwedischen Botschaft in Seoul«, sagte Annika.
Anders Schyman drehte sich um, sein Herz war übervoll. Er ließ den Glaskasten hinter sich. Er schob die Tür zu und horchte unbewusst auf die saugende Bestätigung der Gummileisten. Zu und abgeschlossen, verrammelt und fertig.
Vorbei.
Erledigt.
Gewonnen.
Erleichtert holte er tief Luft, und die letzten Reste durchlebter Unruhe fielen von ihm ab.
Er hatte bekommen, was er wollte.
Ja. Absolut.
Er atmete aus.
Am Morgen würde der Hausmeister seine Sachen einpacken und sie in das Eckzimmer mit der Aussicht auf die russische Botschaft schaffen.
Er ließ den Schlüsselbund in die Innentasche fallen und spürte das Gewicht unter den Rippen schaukeln. Er sah zum Nachrichtendesk hoch und begegnete den Blicken der Redaktion.
Alle sahen ihn an.
Er ging leicht vorgebeugt mit gemessenen Schritten auf den Ausgang zu. Die Redakteure und Reporter, die Zeichner und Bildredakteure, Fotografen und Telefonistinnen, der ganze brummende Organismus folgte seinen Bewegungen mit neuen Augen.
»Wir haben das Impressum geändert«, sagte Jansson, der vor der Raucherecke stand. Er hielt den Arm mit der Zigarette nach innen, und der Rauch ringelte sich wie eine Schlange zur Decke.
Anders Schyman, Chefredakteur und verantwortlicher Herausgeber, nickte kurz.
»Ich rufe gegen Mitternacht zum Abstimmen an«, sagte er.
»Kann mir in der Situation kaum Änderungen vorstellen«, sagte der Nachtchef, nahm einen Zug und blies den Rauch in das andere Zimmer. »Wir lassen den Mord an Michelle auf dem Aushänger und der Eins laufen, Barbara Hansons Interview mit Ihnen in der Mitte und den Kommentar zu Torstenssons Insidergeschäft als Leitartikel.«
Er nickte erneut, hob die Hand zum Gruß und fühlte den Druck auf der Brust.
Tore Brand starrte in das Blau des Fernsehers, als er vorbeikam. TV-Plus, bemerkte Schyman, eine weitere Wiederholung der Gedenksendung für Michelle Carlsson.
Ich frage mich, wie
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