Prinzessin Kate
Septimus gingen mit ihrem Vater in die Grube der North Hetton Colliery. Das Bergwerk befand sich im Besitz von George Lambton, des 2. Grafen von Durham. Sein Vater war ein herausragender Politiker der Whig-Partei gewesen, und seine Urgroßmutter war die Mätresse des Prinzen von Wales, dem späteren George IV. Der Graf, Urgroßvater des früheren Premierministers Sir Alec Douglas-Home, machte sein Geld mit dem Bergbau auf den Ländereien rund um sein Schloss Lambton und war als Arbeitgeber nicht weniger hart als Sir Henry Lawson.
Da das Bergbaugesetz von 1842 den Einsatz von Kindern unter zehn Jahren in den Minen verbot, dürften die beiden Jungen wohl erst mit zehn Bergleute geworden sein. In den Schächten herrschte eine strenge Hierarchie; sie werden also zunächst nur einfache, schlecht bezahlte Arbeiten verrichtet haben. Mit 21 Jahren waren die Harrison-Jungen körperlich so weit entwickelt, dass sie als Hauer direkt am Flöz arbeiteten – in so engen Tunneln und Stollen, dass sie auf Händen und Knien arbeiten mussten. Auch diese Arbeit war hochgefährlich, aber sehr begehrt, denn Hauer waren die bestbezahlten Bergleute. Vielleicht war es das Extraeinkommen (die Familie hatte auch zwei Untermieter aufgenommen), das es den Harrisons schließlich erlaubte, die Unterkunft zu wechseln, denn bald darauf bewohnten sie ein neues Bergarbeitercottage in der Ortschaft Sherburn Hill.
John ging um diese Zeit bereits seinen eigenen Weg: Er war in ein Cottage gezogen, das nur um die Ecke vom Haus seines Vaters lag. Am 7. April 1860 heiratete er seine Freundin Jane Liddle, die 20-jährige Tochter eines Bergarbeiters aus dem Dorf, die an ihrem Hochzeitstag bereits im vierten Monat schwanger war.
Im August desselben Jahres ehelichte Septimus, inzwischen 23, in derselben Kirche ein Mädchen aus dem Nachbardorf Houghton-le-Spring. Elizabeth Jenkyns war 19 und bereits hochschwanger; ihr Sohn James kam im folgenden Monat auf die Welt. Auch sie zogen in ein Bergarbeitercottage in Sherburn Hill, sodass alle drei Familien nahe beieinander wohnten.
Das erste Kind von John und Jane wurde im September geboren und erhielt den Namen Jane Ann; 1862 folgte Anthony, 1863 eine weitere Tochter, Margaret. Die Familie war vermutlich viel zu sehr beschäftigt, um sich 1861 der Trauer anlässlich des Todes von Königin Victorias Prinzgemahl Albert hinzugeben, 1863 die Hochzeit von Williams Urururgroßvater, dem späteren König Edward VII., mit Prinzessin Alexandra zu feiern oder seine Affären mit Society-Schönheiten wie der Schauspielerin Lillie Langtry oder Camilla Parker Bowles’ Urgroßmutter Alice Keppel zu verfolgen.
In den 1860er-Jahren arbeitete Kates Ururururgroßvater James bereits nicht mehr in der Kohlegrube. Man darf vermuten, dass er im Ruhestand einen Großteil seiner Zeit im örtlichen Pub verbrachte, denn er starb 1866 im Alter von 70 Jahren an Leberversagen. Seine des Schreibens nicht kundige Tochter Jane, die ihren Vater während seiner beiden letzten Wochen gepflegt hatte, unterzeichnete seine Sterbeurkunde mit einem Kreuz.
Nach James’ Tod verließ die Familie Sherburn Hill. Während Septimus zehn Kilometer weiter in das Dorf Brandon zog, fand John mit Jane und den Kindern im sechs Kilometer entfernten Hetton-le-Hole eine neue Wohnstätte. Der Ort wuchs rapide; die Einwohnerzahl stieg von 212 Einwohnern (1801) auf 6419 (1861). John arbeitete im Bergwerk von Hetton, das früher einmal dem Bankrotteur und Spekulanten Arthur Mowbray gehört hatte. Im Jahr 1822 war die Mine die erste im Land gewesen, die ihre eigene »Eisenbahn« erhielt. Die 13 Kilometer langen Gleise bis zum Fluss Wear waren von George Stephenson, dem »Vater der Eisenbahn«, entworfen worden. Sie war die erste Gleisstrecke Großbritanniens ohne Zugtiere.
Die Arbeit am Kohleflöz war noch immer sehr hart, aber John und seine Familie führten bereits ein besseres Leben als ihre Eltern. Im Ort gab es Kirchen, Wirtshäuser und Läden, und es hatten sich auch zahlreiche Handwerker niedergelassen, darunter Schmiede, Klempner, Steinmetze und Zimmerleute, ferner Drucker und Verleger und sogar ein Arzt. Vor allem aber hatte die Ortschaft etwas, das frühere Generationen entbehrt hatten: eine Schule. Mindestens eines der Kinder wurde bei der Volkszählung von 1871 als Schüler aufgeführt, ein kleiner Hinweis darauf, dass die sozialen Reformen zu wirken begannen, die Großbritannien bald nachhaltig verändern sollten.
Am 25. Juli 1874 wurde Kates
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