Klappohrkatze kommt nach Hause: Meine Abenteuer mit Norton (German Edition)
Vorwort
E iner der Gründe, warum ich in meine jetzige Wohnung gezogen bin, ist der, dass sie ganz nah am Washington Square Park liegt, im Herzen von Greenwich Village. Seit ich nach New York kam, habe ich mir immer vorgestellt, dort zu leben. Für uns Menschen sind es allerdings häufig zwei ganz verschiedene Dinge, etwas zu wollen oder etwas tatsächlich zu tun. Was mich zu dem Eingeständnis des wahren Grundes für meinen Umzug führt: Mein Kater wollte am Washington Square Park wohnen.
Bitte seien Sie so nett und fragen Sie jetzt nicht, woher ich weiß, dass dies der Wohnort seiner Wahl war. Ich weiß viele seltsame Dinge über meine Katze, und ich möchte lieber nicht darüber reden, denn jeder, der kein fanatischer Katzenliebhaber ist, wird mich für verrückt erklären, und jeder, der ein fanatischer Katzenliebhaber ist (oder von meinem speziellen Fanatismus gelesen hat), wird diese Aussage gar nicht erst in Frage stellen. Tatsächlich lautet die einzige Frage, die diese anderen Leser vielleicht stellen werden: »Warum hat es so lange gedauert?«
Es hat so lange gedauert, weil ich einfach nicht gemerkt hatte, dass Norton, mein außergewöhnlicher, genialer – und habe ich es schon erwähnt, hinreißend hübscher – Kumpel vom Stamme Schottische Faltohrkatze den Hundeauslauf so über die Maßen liebte.
Meine Ignoranz hielt bis zu jenem Tag an, als wir an einem sonnigen Nachmittag durchs Village spazierten. Das heißt, ich spazierte; Norton befand sich in seiner gewohnten Position und lag entspannt halb in und halb neben der Stoffnetztasche, die über meiner Schulter hing, und drehte seinen Kopf nach jedem und allem um. Irgendwann fanden wir uns mitten im Park wieder. Neben den Klängen von Gitarren und Bongos (ich weiß, das klingt, als seien Sie plötzlich in ein Happening von 1960 geraten, aber ich schwöre, da waren wirklich Gitarren und Bongos) hörte man von Weitem unablässiges Hundegebell. Wir begaben uns auf die Südseite des Platzes, und tatsächlich, da gab es einen eingezäunten Bereich – etwas Gras, viel Erde –, in dem zwanzig oder dreißig Hunde aller Rassen und Größen sich wälzten, rannten, sprangen, apportierten, kläfften, knurrten, heulten und sich ganz allgemein wie glückliche, idiotische Hundchen aufführten. Norton war von diesem würdelosen, aber freigeistigen Verhalten fasziniert, also gingen wir so dicht wie möglich an den Maschendrahtzaun heran, der die Hunde und ihre Besitzer von den Nichthundebesitzern trennte. Norton wand sich noch weiter aus seiner Tasche heraus und reckte seinen Kopf – der den meisten Hunden problemlos ins Maul gepasst hätte – so weit er nur konnte über den Grenzzaun. Einige Hunde rannten herbei und bellten hysterisch, aber Norton blieb gelassen, wohl wissend, dass keiner der Kläffer ihn erreichen konnte und, falls doch, ich nur einen Schritt zurücktreten musste, um ihn aus der Gefahrenzone zu befördern.
Ich wusste, dass er all das genoss, also suchte ich mir eine Bank in der Nähe, setzte mich und verbrachte einen nicht unbeträchtlichen Teil der Zeit damit, ihn beim Beobachten der Hunde zu beobachten. (Ich glaube, ich sollte besser nicht näher darauf eingehen, wie viel Zeit meines Erwachsenenlebens ich tatsächlich damit zugebracht habe, nichts weiter zu tun, als meiner Katze bei Dingen zuzusehen, die die meisten Leute nicht sonderlich unterhaltsam fänden. Um mir aber zumindest ein Minimum an Selbstachtung zu retten, möchte ich hinzufügen, dass ich außerdem ein Riesenfan der New Yorker Knicks bin, dieser ausgesprochen nervigen Basketballmannschaft, mit der ich jedoch immer wieder sehr gern Höhen wie Tiefen durchlebe. Würde man mich aber gewaltsam vor die Wahl stellen, müsste ich sagen: »Platz eins: Zusehen, wie Norton einfach irgendwas macht; Platz zwei: Zusehen, wie Latrell Sprewell einen Treffer versucht.« Ein paar Tage danach gingen wir wieder zur selben Bank, und mein kleiner Kumpel schien sich wieder genauso gut zu amüsieren, also kamen wir danach immer öfter hin. Und ganz kurz danach kaufte ich meine neue Wohnung, und ich mache den Leuten weis, ich hätte sie gekauft, weil sie direkt am Washington Square Park liegt, aber in Wirklichkeit habe ich sie gekauft, weil sie nur rund fünfzig Meter vom Hundeauslauf entfernt liegt. Obwohl ich gar keinen Hund habe.
Sobald wir in dieser günstigen Entfernung wohnten, gingen Norton und ich fast täglich dorthin. Wir machten am Nachmittag gern kleine Spaziergänge; so entkam ich dem
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