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Prophezeiung der Seraphim

Prophezeiung der Seraphim

Titel: Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Vassena
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ein. »Ein erbärmliches Exemplar, nur an gutem Essen und Bequemlichkeit interessiert.«
    »Henri ist nicht …!« Ruben fuhr auf, sackte aber gleich wieder in sich zusammen. Er konnte doch nicht mit dem Erzengel streiten!
    »Du bist noch sehr, sehr jung«, sagte Cal jetzt ernst. »Aber wenn du heranwächst, wirst du erkennen, wie tief die Menschen unter uns stehen. Mit ihnen Freundschaft zu pflegen, ist, als wäre ein Mensch mit einem Regenwurm befreundet.«
    »Ich denke, der junge Prinz hat heute zu viel erlebt, Kronos«, sagte die Comtesse.
    Schon zum zweiten Mal sprach sie den Erzengel so an, es klang beinahe wie ein Titel.
    »Du hast wie immer recht, meine Liebe«, sagte Cal. Dann wandte er sich an Ruben: »Ich lasse dir ein Zimmer neben meinen Räumen geben. In den kommenden Tagen haben wir viel zu bereden, da brauche ich dich wach und ausgeruht.«
    Ruben nickte. Er war auf einmal so müde, dass es ihm kaum noch gelang, die Augen offen zu halten. Der rothaarige Seraph, der sie eingelassen hatte, erschien. Ruben verabschiedete sich von seinem Vater und der Comtesse und stolperte hinter seinem Begleiter her. Auf der Rampe, die zum Ausgang führte, drehte er sich jedoch noch einmal um und sah, wie Elisabeth d’Ardevon sich über den Tisch beugte und ihre Lippen auf die des Erzengels presste.
    Am nächsten Morgen rief ihn sein Vater nicht zu sich, wie Ruben erwartete hatte, stattdessen erschien die Comtesse in seinem Schlafzimmer und ließ ihn wissen, der Erzengel habe nach Paris aufbrechen müssen, um dort wichtige Dinge zu regeln.
    »Er ist der engste Berater des Königs«, erklärte sie. »Seine Majestät zwinkert nicht einmal, ohne vorher seinen Rat einzuholen.«
    Ruben, der noch mit wirrem Haar im Bett lag und die Decke bis zum Hals hochgezogen hatte, als die Comtesse plötzlich hereingekommen war, wusste nicht, wie er diese Nachricht auffassen sollte.
    »Gestern habt Ihr doch gesagt, die Menschen ständen weit unter den Seraphim«, sagte er.
    Elisabeth d’Ardevon lächelte. »Das hindert uns nicht daran, sie für unsere Zwecke zu benutzen. Wer Frankreichs König regiert, regiert Frankreich, nicht wahr? Aber nun hinaus aus den Federn. Bis Euer Vater zurückkehrt, werden wir uns die Zeit schon vertreiben!«
    Nachdem er sich angezogen hatte, verließen sie zu Rubens Überraschung die Abtei und schlenderten über die Bastionen, die die gesamte Insel zu einer Festung machten. Von dort hatte man einen freien Blick über das Meer. Ruben hätte stundenlang auf die glitzernde Wasserfläche starren können, die am Horizont mit dem Himmel zusammenfloss, aber seine Begleiterin drängte bald darauf, ins Dorf hinunterzugehen.
    »Nun ja, Paris ist es nicht«, seufzte sie. »Aber die Atmosphäre ist recht pittoresk.«
    Im Ort herrschte eine erstaunliche Geschäftigkeit: Ruben und die Comtesse gerieten in eine Herde Ziegen, die die Hauptstraße hinaufgetrieben wurde, aus einem Gasthaus duftete es nach Gebratenem, Mägde mit weißen Schürzen eilten zwischen den Fach werkhäusern hin und her, Träger schleppten Waren, die offensicht lich mit der Fähre angekommen waren, durch das Eingangstor mit der Zugbrücke. Vor einigen Häusern saßen Frauen und besserten Fischernetze aus, neben ihnen alte Männer, die auf ihren Pfeifen herumkauten. Sie glichen in nichts der verhärmten Dienerin, die ihnen das Essen gebracht hatte. Alle waren gut gekleidet, wohlgenährt und fröhlich.
    »Ein kluger Bauer behandelt sein Vieh auch gut«, entgegnete die Comtesse, als Ruben sie darauf ansprach. »Gerade weil wir so hoch über den Sterblichen stehen, sind wir für sie verantwortlich. Ihr wisst wahrscheinlich nicht viel über die Weltgeschichte, aber wann immer wir die Menschen sich selbst überließen, endete es mit Krieg, Hungersnöten oder anderen Katastrophen. Sie bedürfen der Führung durch jemanden, der ihr Dasein überblickt und weiß, was das Beste für sie ist.«
    Ruben kam in den Sinn, was Julie dazu sagen würde. »Aber was ist mit den Menschen, denen es schlecht geht? Die hungern und ihr Leben lang arm bleiben?«
    Die Comtesse hakte sich bei ihm ein. Ihre Berührung war wie ein galvanischer Schlag, aber Ruben ließ sich nichts anmerken. Sie sah wunderschön aus unter ihrem Strohhut. Die Pfauenfedern, die auf der Krempe wippten, kitzelten gelegentlich Rubens Wange, und es kam ihm vor, als liebkoste sie ihn damit. Erfreut stellte er zum wiederholten Mal fest, dass er sie tatsächlich etwas überragte.
    »Würden sie sich nicht

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