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Quitt

Quitt

Titel: Quitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sei's nichts gewesen, keine vier Fuß tief, und der Fähnrich so leicht wie 'ne Feder; als aber dann die Medaille kam und das Bataillon Carré schloß, da mußte Opitz still sein, und von ›nicht Ehre und nicht Schneid‹ war keine Rede mehr. Ich sage euch, Major Griepenkerl, der damals das Bataillon hatte, der hielt eine Rede, Donnerwetter, der verstand es, das ging an die Nieren, und hätte sich alles wieder zurechtgezogen, wenn nicht der Krieg gekommen wär und die Geschichte mit dem Kreuz. Opitz hat ihm das Kreuz gestohlen. Eine ganz verdammte Geschichte...«
    »Warst du denn mit dabei...«
    »Nein. Aber so gut wie mit dabei, denn ich stand in demselben Zug und habe den ganzen Spektakel, der nachher kam, mit erlebt. Alles war für Menz. Aber Opitz, der sich bei seinem Hauptmann – es war ein neuer, der alte war gefallen – in Tee gesetzt hatte, das versteht er, denn nach oben hin kriecht er, und nach unten hin tritt er und schurigelt er, Opitz, sag ich, wußt es so zu drehen, daß Lehnert leer ausging und das Nachsehen hatte. Und von dem Tag an war der Unfrieden wieder da.«
    »Wie war es denn eigentlich? War es denn noch bei Sedan? Lehnert spricht nie davon.«
    »Nein, bei Sedan war es
nicht
. Bei Sedan, das war Spaß, trotzdem wir fünf Minuten lang scharf drinsteckten. Aber das ging vorüber wie 'ne Regenhusche. Nein, dies war im Winter, als der französische General ... nu, Donnerwetter, wie hieß er doch? Bazaine war es nicht...«
    »Ducrot.«
    »Richtig, Ducrot... als
der
seinen letzten Ausfall machte. Maywald muß ja davon wissen; die Sechsundvierziger standen dicht neben uns. Aber was ich sagen wollte, das mit dem Lehnert, ja das war eine verdammte Geschichte. Die dritte Compagnie hielt die Vorderreihe von Saint-Cloud, und in dem Eckhause rechts, dran die große Straße vorbeiläuft, lagen zwölf Jäger von uns unter Oberjäger Jaczewski, und bei diesen zwölfen war auch Lehnert. Nun, daß ich's kurz mache, die ganze Linie mußte zurück, und der Angriff ging zuletzt auf das Eckhaus, das der Punkt war, auf den es ankam. Ging das Eckhaus auch verloren, so nahm man uns in die Flanke. Jaczewski fiel, und das Kommando kam an Lehnert, und da war bald keiner mehr, der nicht einen Denkzettel weggehabt hätte; Lehnerten, das hab ich nachher gesehen, wurde der Gefreitenknopf und der Ohrzipfel weggeschossen. Aber er wollte nichts von Übergabe wissen und hielt aus, bis Sukkurs kam und die ganze Linie wieder genommen wurde.«
    »Und kein Kreuz? Das begreife, wer kann. Du mein Gott, da waren doch die Aussagen der Leute!«
    »Ja, die Aussagen der Leute. Die Leute, die lagen verwundet im Lazarett und ließen sich natürlich betimpeln und beschwatzen und sagten aus, was Opitz ihnen vorredete. Jaczewski habe das Kommando gehabt, und Jaczewski sei gefallen...«
    »Aber bist du denn auch sicher, daß Opitz unrecht hatte? Menz ist ein forscher Kerl, aber er dünkt sich was, weil er auf Schulen war, und ist eitel und hält sich für mehr, als er ist. Er hat einen Nagel.«
    »Ja, den hat er, und es ist schwer Friede mit ihm halten. Er hat so was wie Opitz selber und ist gleich aus dem Häuschen. Aber eins muß doch wahr bleiben, er is ein guter Kerl und ein guter Kamerad und dabei grundehrlich und läßt keinen im Stich, und wenn man ihn nicht reizt und ihm nicht widerspricht und ihm in seinem Willen zu Willen ist, dann ist er wie 'n Kind, und man kann ihn um den Finger wickeln.«
    »Das sag ich auch. Und wenn Siebenhaar es recht angefangen hätte, na, dann hätt er Opitzen angepredigt und
dem
ins Gewissen geredet und von den Geizigen und Hartherzigen gesprochen, die nicht ins Himmelreich kommen. Aber er hat den Spieß umgedreht und hat Opitzen recht gegeben. Und das ist nicht recht. Denn Opitz ist ein Narr und ein Quälgeist, und ich wollte bloß, er tränke sieben Seidel und hätte seinen Schlag weg. Dann wären
wir
ihn los, und das arme Volk wär ihn los, das in den Wald geht, und könnte sich ruhig sein bißchen Holz raffen.«
    »Und wir könnten einen Spießer wegschießen, ohne Gefahr und Prison. Und das ist doch immer die Hauptsache.«
     
Viertes Kapitel
     
    Opitz hatte keine Eile, nach Hause zu kommen, und die dritte Stunde war fast schon heran, als er aufbrach und seinen Weg nach seiner Wolfshauer Försterei hin fortsetzte. Der alte Förster von der Annenkapelle blieb noch im Exnerschen Lokal zurück, ebenso Grenzjäger Kraatz, und nur Lehrer Wonneberger, der bis zur Obermühle hin denselben Weg mit Opitz hatte,

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