Quofum
Thranx schlug »Innenaußenfresser« als Name für dieses Wesen vor, und der ebenso erstaunte N'kosi gab diesen prompt in die Datenbank ein.
Der IAF, wie sie ihn dann abkürzten, stellte keinesfalls ein extremes Beispiel für die quofumianische Fauna dar. Die Ernährung verlief oftmals mithilfe anatomischer Mittel, die eher fantastisch als praktisch anmuteten. Was sollte ein vernünftiger Xenologe denn von einem großen Pflanzenfresser halten, der auf einer Seite zwei und auf der anderen fünf Beine hatte? Wie verbesserte das ständige Taumeln nach links die Überlebenschancen dieses Tieres? Dieser Waldgraser war auch nicht das einzige Beispiel für etwas, das man auf einer anderen Welt als mutierte strukturelle Asymmetrie bezeichnet hätte. Und dann war da diese fliegende Kreatur, bei der ein Flügel kürzer und gedrungener war als der andere, der Flussbewohner, dessen Gliedmaßen ständig nach hinten ausschlugen, als wollten sie die sich windende Gestalt daran hindern, sich fortzubewegen, die Arthropoden, die einander ebenso oft bekämpften, wie sie zum Wohle des Baus kooperierten, und noch weitaus mehr Wesen, als dass er sie alle erwähnen konnte.
N'kosi hatte eine einfache Erklärung dafür: Die evolutionären Prinzipien auf Quofum waren nicht nur verzerrt, sondern völlig durchgedreht. Da es keine schädigende Strahlung durch die Sonne oder aus dem Inneren des Planeten gab, ebenso wenig wie von stark radioaktiven Felsmassen, ließ sich das Phänomen nicht so einfach deuten. Die pinkfarbene Atmosphäre war solide genug, um die genverändernden kosmischen Strahlen aus dem Weltall abzublocken oder zu filtern. Valnadireb spürte, dass er, wenn er die Antwort auf diese Frage gefunden hatte, auch die auf die weitaus größere wüsste, die er noch nicht so recht erläutern konnte.
Die Gedanken an einheitliche biologische Theorien und vernünftige Erklärungen für die explosive Mutation und unkontrollierte Evolution waren jedoch schnell vergessen, als er eines Abends von einem typischen Probensammeltag zurückkehrte und N'kosi auf etwas Seltsames am Bauch seines Freundes zeigte.
Eine Pflanze hatte sich dort verwurzelt. Oder sie unternahm zumindest den Versuch, sich dort festzusetzen. Als Feldforscher war es Valnadireb gewohnt, in der Nähe potenziell aktiver Parasiten zu arbeiten. Dank seines chitinösen Exoskeletts war er vor derartigen Angriffen besser geschützt als seine weichhäutigen menschlichen Kollegen, doch immun war er dadurch noch lange nicht. Und die Menschen hatten überdies den Vorteil einer mit Nervenenden durchzogenen Epidermis, sodass sie derartige Attacken schneller bemerkten.
Er spürte keine Schmerzen, als ihm der wohlmeinende N'kosi half, den betroffenen Bereich zu behandeln. Eine Dosis allgemeinen Wachstumskillers gefolgt von einem antiseptischen Bad machten dem Möchtegernanhalter rasch den Garaus. Gemeinsam untersuchten sie ihn dann mithilfe des Analysegerätes.
»Faszinierend.« N'kosi starrte auf die dreidimensionale Darstellung des Innenlebens des Parasiten und passte einen Sensor an, damit sie eine noch detailliertere Anzeige erhielten.
»Was auf dieser Welt ist das nicht?« Valnadirebs Exoskelett war nicht gänzlich gefühllos, und die Stelle, von der sie den Parasiten entfernt hatten, begann zu jucken. »Das ist nur ein weiteres erstaunliches Beispiel dafür, wie wenig auf dieser Welt biologischen Sinn ergibt, aber dennoch überleben kann.«
Obwohl der Parasit pflanzenartig aussah und lange, wohlgeformte grüne Blätter besaß, bestand seine innere Struktur eindeutig aus Knochen. Das verbindende Gewebe, das diese anscheinend widersprüchliche Konstruktion ermöglichte, war eine wundersame Mischung aus Pflanze und Tier, sodass sich die beiden Wissenschaftler, die sie studierten, nicht über dessen Taxonomie einigen konnten. Das Wesen wurde wie Hunderte vorheriger, unergründlicher Entdeckungen vor ihm in der sich ständig erweiternden Akte für das Unklassifizierbare abgelegt.
Was hätte es getan, wenn es ihm gelungen wäre, Valnadirebs Exoskelett zu durchdringen und das weiche Gewebe darunter zu erreichen? Hätte es sich in seinem Körper ausgebreitet und ihn letzten Endes getötet? Oder wäre es wie »vernünftigere« Parasiten damit zufrieden gewesen, klein zu bleiben und seinem Körper nur die minimale Menge an Nahrung abzuverlangen, die es zum Überleben benötigte?
Von diesem Moment an achtete er besser auf sich, wenn er den Wald erkundete. Es war in Ordnung, dass er daraus
Weitere Kostenlose Bücher