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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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schon gestellt?
    Vor gut einem Jahr war Pavel noch unbeholfen und linkisch gewesen: ein zarter Jungvogel mit blauen Kinderaugen. Inzwischen waren seine Augen gebräunt, seine Federn geschwärzt und die Flügel langgestreckt und spitz. Allein an seinem schlanken Schnabel erkannte man, dass er noch nicht ausgewachsen war. Ich hoffte inständig, dass wir keinen Fehler machten, dass sich mein ungutes Gefühl verflüchtigte und hinterher nur ein Lachen blieb - ein aufatmendes Lachen über meine übertriebene Vorsicht.
    Ich horchte. Es wurde stetig kälter und die Morgenlieder der Singvögel verzögerten sich. In den nächsten zwei Wochen würden sie fast vollständiger Stille weichen.
    Doch schon in diesem Moment hörte ich Rabans Warnruf.
    Wir stießen uns beinahe gleichzeitig vom Ast ab. Mit kräftigen Ruderschlägen flogen wir über die Kronen dahin. Ich ließ mich in einen leichten Segelflug gleiten, und Pavel tat es mir nach.
    Als wir auf Darius und Laszlo trafen, hörten wir unter uns die Schwarzköpfe weiden. Diejenigen, die nicht im Liegen Halbverdautes hochrülpsten, setzten in immer gleichem Rhythmus und mit hängenden Köpfen ein Bein vor das andere und rupften emsig ihr Gras. Manche robbten auf den vorderen Kniegelenken vorwärts, weil ihre Klauen vor sich hinfaulten und schmerzten.
    Wir kreisten kurz über der Herde und lauschten auf den Wolf und das herannahende Spektakel unseres Schwarms. Einer der beiden Hütehunde hatte die weiße Schnauze zwischen die Vorderpfoten geklemmt und blinzelte müde. Der zweite Hund bahnte sich seinen Weg durch die Herde und schnüffelte in die Dunkelheit. Plötzlich sprang sein Partner auf und bellte warnend. Die Schafe drückten sich ängstlich aneinander. Wir hörten ein lautes » Krak «, dem ein heftiges Gekreische antwortete.
    Die Jagd begann.
    Ein Adrenalinschub durchflutete mich und ließ meinen Herzschlag flattern. Mein Schwarm schoss durch die Luft. Es war eine grandiose Show: Mit nach vorne klatschenden Flügelschlägen machten sie einen ohrenbetäubenden Lärm. Überrascht sprangen die beiden Hunde in die Höhe, drehten sich um sich selbst, als wäre das alles nur ein Spiel.
    Unter den Schafen sprangen die ersten in hektischen Bocksprüngen davon. Ferenc und Andràs attackierten eine kleine Lämmergruppe, die sofort hysterisch blökte. Dann erst erkannten die Hunde den Ernst der Lage: Dumpf kläffend versuchten sie, die angreifenden Vögel zu vertreiben und schnappten in die Luft.
    Wo blieb der Staubgraue? Allmählich wurde es Zeit für den Überfall, bevor das Spektakel den Schäfer aus seinem rostigen Escort lockte. Ich sah den Wagen etwa zweihundert Meter weiter westlich: Ein roter Blechfleck im Dämmergrau - die Scheiben beschlagen und undurchsichtig.
    Neben mir schrie Pavel erregt auf, als der Staubgraue plötzlich durch das Dickicht trat und mit gesenktem Kopf über die Wiese schlich.
    Wie abgebrüht er das tat! Mir fröstelte.
    Sein Körper war gespannt. Seine Mimik ließ die Absicht nicht erahnen. Er wirkte neutral, fast unbeteiligt.
     Er rannte los. Die Hinterläufe flogen geradezu nach vorne. In einem unglaublichen Tempo erreichte er den Rand der Herde. Kein nach oben gerichteter Schwanz ließ die Attacke erkennen, kein Zähneblecken, kein Knurren. Ohne jede Vorwarnung sprang er scheinbar wahllos eines der Tiere an und ließ sein kräftiges Gebiss aufblitzen.
    Es dauerte kaum eine Sekunde, da hing er einem Jungtier an der Kehle, rüttelte es mehrmals hin und her, bevor er nachbiss. Angsterfülltes Blöken schallte über die Wiese und die Tiere preschten auseinander. Der Staubgraue zerrte seine schlaffe Beute in Richtung Wald. Ein Kläffen ertönte. Diese Stimmen waren mir nicht vertraut, und ich schoss nach oben, um die Quelle des Lärms auszumachen.
    Ein Rudel Hunde stürmte heran, und ich stieß einen Warnschrei aus.
    Sie waren zu viert. Ihr glattes Fell glänzte. Die bulligen Köpfe mit der kurzen Nase waren vor Wut verzerrt. Hier sah ich die Mimik, die ich beim Staubgrauen vergeblich gesucht hatte: die angelegten Ohren, die gebleckten Zähne, der Pelz, der sich im massigen Nacken sträubte. Das alles begleitet von einem Wutgebell, das mich trotz der Entfernung in Panik versetzte. In kräftigen Sprüngen setzten sie hinter dem Staubgrauen her.
    Das war ungewöhnlich. Das Schaf war bereits erlegt und unser Schwarm immer noch eine Bedrohung für die Lämmer. Warum also rannten sie dem Wolf hinterher und ließen die Herde schutzlos zurück?
    Aber nein,

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