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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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sie zu. Wie von Fäden gezogen. Im Stillen bat er sie stehen zu bleiben. Er dachte: Bleib stehen! Warte auf mich. Dreh dich um!
    Und wirklich blieb sie stehen, wandte ihr Gesicht zum Licht, schloss die Augen, sog die Luft ein, diese frühe Ahnung des Herbstes, erstaunt über einen Augenblick des Friedens und der Stille.
    »Wie seltsam«, sagte er, berührte sie leicht am Arm. »In Gedanken habe ich Sie gebeten, stehen zu bleiben. Und Sie sind wirklich stehen geblieben.«
    Er grinste, verlegen, nervös, räusperte sich. »Ich muss wohl hypnotische Fähigkeiten haben.«
    Sie starrte ihn an, schüttelte leicht den Kopf. »Was …?«, sagte sie, stockte, trat einen Schritt zurück. Er genoss ein bisschen ihre Fassungslosigkeit und ihr Erschrecken.
    »Ich weiß«, sagte er und tat ein wenig zerknirscht, »dass ich meinem verstorbenen Vater sehr ähnlich sehe. Vielleicht hätte ich Sie warnen sollen. Dass Sie sich nicht so erschrecken.«
    Sie starrte in sein Gesicht, in seine Augen, sie starrte seine Haare an, seine Kleidung, ihr war klar, dass er kein Geist war, keine Illusion, ein anderer als jener aus der Erinnerung, und doch …
    Sein Vater?
    Sie fühlte, wie ihr Herz kalt wurde, sie sah, dass ihre Vergangenheit sich öffnete, ein Abgrund.
    »Darf ich Sie auf einen Kaffee einladen? Oder lieber Tee? Oder vielleicht ein Glas Wein?«
    Verlegen redete er auf sie ein, sein Atem war nah an ihrem Gesicht. Was für eine Unverfrorenheit, dachte sie, was für eine Unverfrorenheit!
    Sein fehlender Sinn für Distanz irritierte sie, machte sie wütend, sie trat einen Schritt zurück, schüttelte den Kopf, schweigend, und starrte fasziniert in dieses merkwürdig bekannte Gesicht.
    Es kann nicht sein, dachte sie und starrte unverwandt auf seinen Mund, die Linie seiner Wangen, das Grau seiner Augen, deren Vertrautheit ihr die Kehle zuschnürte.
    »Wer sind Sie?«, fragte sie atemlos. »Wer sind Sie?«
    »Entschuldigen Sie«, sagte er und kaute nervös auf seiner Lippe, nannte seinen Vornamen und seinen Nachnamen, nur den Vornamen behielt sie, der Nachname war ihr fremd. Aber der Vorname erschreckte sie noch einmal, denn er machte klar, dass das hier kein Zufall war, dass da einer auf der Suche war, nach ihr, nach Hanna, nach der alten Geschichte.
    »Wie mein Vater«, sagte er noch und sie spürte endlich, wie er sich vor Verlegenheit wand, und dachte, wie sein Vater, was für ein Dummkopf, das ist ja wohl offensichtlich.
    »Den haben Sie gekannt, nicht wahr?«, fragte er und hoffte auf Zustimmung, aber sie schüttelte den Kopf, hastig, räusperte sich, sagte: »Nein.«
    Es kann nicht sein, dachte sie, schüttelte erneut den Kopf und dachte wieder und wieder, dass es nicht sein könne und dass sie sich wehren werde, den Versuch immerhin sei es doch wert.
    »Nein«, sagte sie lauter als nötig. »Lassen Sie mich in Ruhe. Belästigen Sie mich nicht!« Und wandte sich ab.
    »Bitte«, sagte er, »gehen Sie nicht einfach! Lassen Sie es mich erklären! Bitte!«
    Aber sie war schon ein paar Schritte weiter, er folgte ihr, drückte ihr einen Zettel in die Hand. »Meine Handynummer. Ich würde so gern …! Bitte rufen Sie mich an. Bitte! In ein paar Tagen, in einer Woche. Wann immer Sie wollen!«
    Sie starrte ihn an, dann den Zettel in ihrer Hand, dann wieder ihn, dann ließ sie ihn endgültig stehen. Zu Hause holte sie die alten Fotos hervor, sie war allein, Christian bei Freunden, Moritz im Bett, eine der letzten Hitzenächte des Jahres, Ende August, der Sommer ging zur Neige. Sie war nicht froh darüber. Vielleicht ahnte sie, dass …
    Nein. Sie ahnte nichts. Es war nichts zu ahnen.
    Sie starrte die Fotos an, Hanna, Tonio, sich selbst. Wie jung sind wir gewesen, dachte sie, wie jung, und sehnte sich kein bisschen danach.
    Tonio also. Immer wieder Tonio. Sie spürte den schalen Geschmack im Mund, ging zum Fenster, beugte sich hinaus in die Nacht, spürte das Schwappen in ihrem Magen. Scheiße, dachte sie, scheiße, aber es war schon zu spät.
    Hilflos lag sie später auf dem Sofa und begriff endlich im Herzen und im Kopf, was so logisch und augenscheinlich war. Vom Vater hatte er gesprochen, vom verstorbenen Vater, und vermengte die Vergangenheit derart mit der Gegenwart, dass nichts mehr im Lot blieb.
    Er hat uns also betrogen, dachte sie, er hat uns betrogen, das Arschloch, Hanna vor allem, aber irgendwie auch mich.
    Er hat seinen Schwanz auch in andere gesteckt, dachte sie wütend, wer weiß, in wie viele, und einen Sohn gezeugt, wer

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