SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
Prolog
Vor fünf Jahren
Trotz der Hitze, die aus den Lüftungsschlitzen im Fußraum des alten Volkswagens zu ihm heraufwaberte, fröstelte Chief Petty Officer Solomon McGuire in seiner wollenen Cabanjacke. Aus seiner Kindheit in Camden, Maine, war er harte Winter gewöhnt, weshalb ihm das mildere Klima von Virginia Beach nur selten zusetzte. Doch die Erinnerung an den Einsatz, den er gerade hinter sich hatte, lastete auf seiner Brust wie ein Eisblock und ließ ihn bis auf die Knochen frieren.
Petty Officer Blaine Koontz aus Kentucky hatte zu den Jungspunden gehört, in deren Gegenwart sich ältere SEAL s müde und verbraucht fühlten. Der Mann war ein einen Meter achtundsechzig großes Energiebündel gewesen. Mit seinen Sommersprossen und dem ewigen Grinsen hatte er jedem tödlichen Unternehmen den Anschein gegeben, als handelte es sich um ein Spiel unter Kindern.
Hooyah!
Wir springen aus niedriger Höhe mit dem Fallschirm über feindlichem Gebiet ab, laufen mit sechzig Pfund Marschgepäck auf dem Rücken vier Meilen über die Dünen, umzingeln die von der Irakischen Nationalgarde gehaltene Ölquelle und nehmen sie ein. Kein Problem! Das kriegen wir hin!
Und das hatten sie auch. Als sie sich der Ölquelle über die ungeschützte Fläche hinweg näherten, hatte Koontz allerdings eine Kugel in die Schläfe abbekommen. Er war nicht sofort tot gewesen, sondern hatte noch gelebt und wirres Zeug gestammelt, während er von Solomon festgehalten wurde, damit der Sanitäter ihm den zertrümmerten Schädel bandagieren konnte.
Nach sechzehn Jahren als SEAL war Solomon in dem Glauben gewesen, bereits alles gehört und gesehen zu haben. Falsch. Bei den Worten, die aus Koontz’ Mund hervorgesprudelt waren, hatten sich ihm die Nackenhaare gesträubt. Wie es schien, war der Petty Officer doch nicht so unbekümmert gewesen. Der Zweiundzwanzigjährige hatte aus gutem Grund so unverfroren mit dem Sensenmann geflirtet: Der Tod stellte für ihn keine schlimmere Heimsuchung dar als sein sadistischer Erzeuger.
Koontz war erst gestorben, als ein Night Stalker unter dem Beschuss durch Granatwerfer im feindlichen Luftraum zur Landung angesetzt hatte, um den Verletzten in Sicherheit zu bringen. Der Tod des Mannes hatte Solomon erschüttert, doch Trauer war ein Luxus, den er und seine Männer sich nicht leisten konnten, also hatten sie sich beeilt, ihren Einsatz zu beenden – einen Einsatz, der insgesamt zweiundsiebzig schlaflose Stunden dauern sollte. Die SEAL s hatten nicht nur die Ölquelle eingenommen, sondern sie auch noch bei einem Gegenangriff verteidigen müssen, bis das Siebte Infanteriebataillon der Army aufgetaucht war und sie unterstützt hatte.
Solomon, der dafür bekannt war, jedes Ziel hartnäckig zu verfolgen, fühlte sich seitdem mehr als erschöpft. Das Wissen um Koontz’ schreckliche Kindheit zerrte an seinen Nerven, als er im Mondschein einer kalten Januarnacht in der ruhig daliegenden Vorstadt aufs Gaspedal trat.
Die Zufahrt zu seinem Wohnviertel kam in Sicht, woraufhin er herunterschaltete und dann um die Ecke bog, ohne die Bremse auch nur zu berühren. Er sehnte sich nach der Erleichterung, die er in dem Augenblick empfinden würde, wenn er seinen kleinen Sohn in die Arme nähme und in sein unschuldiges, engelsgleiches Gesicht schaute. Ein Gefühl der Erleichterung, das vollkommen sein würde, sobald er sich in die sanften Arme seiner Frau sinken ließe.
Sein Sohn hieß Silas. Und er war Solomons ganzer Stolz.
Früher hatten sich alle seine Gedanken nur um seine Frau Candace gedreht, sie war der Mittelpunkt seiner Welt gewesen. Doch dann hatte er erkennen müssen, dass ihre Schönheit ebenso oberflächlich war wie ihre Gedanken. Trotzdem, sie war die Mutter seines Sohnes. Er hatte beschlossen, sie zu heiraten, und zu dieser Entscheidung stand er.
Sein zweistöckiges Backsteinhaus befand sich am Ende einer Sackgasse. Jeden Monat verschlang die Hypothek die Hälfte seines Solds, doch es war Candaces Wunsch gewesen, also hatte er es für sie gekauft. Spät wie es war, brannte hinter den Fenstern kein Licht mehr, seine kleine Familie schlief. Solomon drosselte den Motor und rollte in die Auffahrt.
Er griff nach seinem Rucksack, stieg aus und folgte den Granitplatten, die quer über den frostbedeckten Rasen verliefen. Mit steifen Fingern schloss er die Haustür auf. Beim Gedanken an den oben in seinem Bettchen schlummernden, zwölf Monate alten Silas schlug sein Herz schneller. Fast spürte er schon die Wärme
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