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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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schaute zurück. Schon trugen Polizisten prall gefüllte Müllsäcke die Treppe herunter und warfen sie hinten in einen Lieferwagen. Das Haus, das in der Morgensonne glänzte, schien verächtlich auf sie herabzublicken. Dann bogen wir um eine Ecke, und es verschwand aus meinem Blickfeld.
    Ich wusste nicht – wie denn auch? –, dass ich es nie wieder betreten würde.
2
    Meine Ankunft auf dem Polizeirevier schien sie zu überraschen. In dieser Phase kann meine Festnahme noch nicht geplant gewesen sein. Sobald der Schmerz in meinem Bein nachließ und mein Gehirn wieder einigermaßen funktionierte, kam ich zu dem Schluss, dass allem Anschein nach das Betrugsdezernat gegen mich ermittelte. Private-Equity-Gesellschaften profitieren vom Scheitern anderer Unternehmen, und Woodcutter Enterprises hatte auf seinem Erfolgskurs viele unglückliche Menschen zurückgelassen. Außerdem war die Stimmung auf den Märkten nicht gerade optimistisch, und wenn die Nerven blank liegen, finden böse Zungen leicht Gehör.
    Ich hatte es mir also selbst zuzuschreiben, dass ich hopsgenommen worden war. Wenn ich nicht die Beherrschung verloren hätte, säße ich wahrscheinlich bei mir zu Hause im Wohnzimmer und würde mich weigern, auch nur eine einzige unverschämte Frage von Medler zu beantworten, solange mein Anwalt Toby Estover nicht da war. Ich hätte gern Medlers Gesichtsausdruck gesehen, als er den Namen hörte. Mr Itsover nennen seine Kollegen ihn, angeblich weil die Staatsanwaltschaft das immer sagt, wenn sie erfährt, dass Toby die Verteidigung übernommen hat. Anwälte werden oft bewundert, aber es ist nun mal eine Tatsache, dass viele windige Typen ungeschoren davonkommen, weil sie klug und reich genug waren, Toby Estover zu engagieren, als die Polizei bei ihnen anklopfte.
    Ich wurde höflich behandelt – ich meinte sogar, auf den Lippen des Sergeants, dem ich übergeben wurde, den Hauch eines Lächelns zu sehen, als er erfuhr, dass ich festgenommen worden war, weil ich Medler eine verpasst hatte – und dann in eine Zelle gesteckt. Ziemlich minimalistisch, aber mit ein paar Vettriano-Drucken an der Wand hätte sie auch ein normales Einzelzimmer in einem von diesen neumodischen Boutique-Hotels sein können.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dasaß. Ich hatte keine Uhr umgehabt, als sie mich festnahmen. Genauer gesagt, hatte ich nichts angehabt außer meinem Morgenmantel. Den hatten sie mir abgenommen und mir einen weißen Baumwolloverall und ein Paar Plastikflipflops gegeben.
    Ich überlegte gerade, ob ich anfangen sollte, an die Tür zu hämmern und Radau zu machen, als sie aufging und Toby hereinkam. Sein Anblick war in jeder Hinsicht eine Erleichterung. Er besitzt nicht nur einen vorzüglichen Verstand, sondern auch einen ebensolchen Geschmack. Genauso alt wie ich, aber schlank und elegant. An mir wirkt selbst ein maßgeschneiderter Dreiteiler nach zwanzig Minuten wie ein Blaumann. Toby würde dagegen selbst im Tarnanzug noch eine gute Figur machen. So elegant, wie er in seinem edlen Zwirn von Henry Poole und den Schuhen von John Lobb aussah, hätte er, wenn er damals in Jerusalem dabei gewesen wäre, selbst für Jesus glatt noch einen Freispruch rausgeschlagen, als der schon am Kreuz hing.
    Ich sagte: »Toby, Gott sei Dank. Hast du mir was zum Anziehen mitgebracht?«
    Er blickte überrascht und sagte: »Nein, tut mir leid, alter Junge. Daran hab ich gar nicht gedacht.«
    »Mist«, sagte ich. »Ich hatte gehofft, Imo hätte dir ein paar Klamotten mitgegeben.«
    »Ich denke, sie hat im Moment andere Sorgen«, erwiderte er. »Setz dich, wir müssen uns unterhalten.«
    »Hier?«, fragte ich.
    »Hier«, sagte er mit Nachdruck und nahm auf der schmalen Pritsche Platz. »Könnte nämlich gut sein, dass in den Vernehmungsräumen irgendwer mithört.«
    Dass die Polizei versuchen könnte, ein Anwalt-Mandanten-Gespräch zu belauschen, beunruhigte mich weniger als die unausgesprochene Vermutung, sie würde möglicherweise etwas mitbekommen, das mir schaden könnte.
    Ich sagte: »Ganz ehrlich, mir ist scheißegal, was die hören. Ich hab nichts zu verbergen.«
    »Richtig ist zweifellos, dass es mittlerweile wohl kaum noch irgendetwas gibt, was du verbergen könntest«, sagte er sarkastisch. »Wie ich höre, sind sie noch immer dabei, dein Haus zu durchsuchen. Aber wir sollten uns auf deine Computer konzentrieren. Wolf, wir haben nicht viel Zeit, also kommen wir gleich zur Sache. Ich hab mit DI Medler gesprochen … Übrigens, stimmt es, dass

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