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Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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besäße die Maße und die Kraft, sich auszuhöhlen und Sam in eine Röhre zu stellen. Tuberiding, besser konnte es gar nicht kommen. Sam würde hineinfahren und so geschmeidig durch den Tunnel gleiten wie Öl, das durch eine Pipeline strömt.
    Ryan blickte aufs Meer hinaus, um das Eintreffen der nächsten Wellenfront abzuschätzen, denn er war begierig, sich ebenfalls aufzurichten und loszulegen.
    Doch da passierte etwas mit seinem Herzen. Die Vorfreude ließ es ohnehin schneller schlagen, doch plötzlich beschleunigte sich sein Puls noch mehr und das Pochen erreichte eine Heftigkeit, die größtem Entsetzen angemessener gewesen wäre als freudiger Erwartung.
    Er konnte fühlen, wie sein Puls an seinen Knöcheln hämmerte, an seinen Handgelenken, an der Kehle und an den Schläfen. Das Strömen des Bluts in seinen Arterien schien im Einklang mit dem Meer zu sein, das ihm entgegenwogte und sich unter ihm wölbte, um zu einem Crescendo anzuschwellen.
    Die zischende Stimme des Wassers wurde immer lauter. Drohender.
    Ryan versuchte gar nicht erst, sich aufzurichten und zu surfen, sondern klammerte sich nur an das Board. Er sah, wie sich der Tag eintrübte und an den Rändern seine Helligkeit verlor. Am Horizont schien der Himmel klar zu bleiben und doch zu einem Grauton auszubleichen.
    Pechschwarze Wolken breiteten sich in dem jadegrünen
Meer aus, als würde der Pazifik in diesem Morgenlicht bald die Schwärze haben, die er in mondlosen Nächten besaß.
    Ryans Atem ging schnell und flach. Sogar die Atmosphäre selbst schien sich zu wandeln, als sei ihr die Hälfte des Sauerstoffgehalts entzogen worden, womit sich vielleicht erklären ließ, dass der Himmel grau wurde.
    Nie zuvor hatte er sich vor dem Meer gefürchtet. Jetzt hatte er Angst davor.
    Das Wasser stieg, als steckte eine bewusste Absicht dahinter, eine boshafte Absicht. Ryan klammerte sich an sein Board und glitt auf der buckligen Dünung in das breite Wellental hinab.
    Ihn befiel die irrationale Sorge, das Wellental würde zur tiefen Rinne werden und die Rinne zum Strudel. Er fürchtete, er würde von dem Strudel in Tiefen hinabgerissen, wo er ertrinken müsste.
    Das Board schlingerte und hüpfte auf und ab, und Ryan wäre beinah hinuntergerollt. Seine Kraft hatte nachgelassen, sein Griff sich gelockert. Er hielt sich so zittrig fest wie ein alter Mann.
    Etwas Borstiges sträubte sich im Wasser und versetzte ihn in Alarmbereitschaft.
    Als ihm klarwurde, dass es sich bei diesen stacheligen Formen weder um Haifischflossen noch um zupackende Fangarme handelte, sondern um nichts weiter als die Rezeptakel eines verknoteten Knäuels Seetang, war er nicht erleichtert. Wenn jetzt ein Hai auftauchte, würde Ryan ihm ausgeliefert sein, denn er wäre nicht fähig, ihm auszuweichen oder ihn abzuwehren.

2
    Der Anfall ging so plötzlich vorüber, wie er gekommen war. Ryans rasendes Herz beruhigte sich. Bläue eroberte den ergrauten Himmel zurück. Die Dunkelheit, die sich im Wasser ausgebreitet hatte, trat den Rückzug an. Er kam wieder zu Kräften. Er hätte nicht sagen können, wie lange diese Episode gedauert hatte, bis er sah, dass Samantha offenbar ihre Welle bis an den Strand geritten hatte und in der relativen Stille zwischen zwei Sets wieder zu ihm hinauspaddelte.
    Als sie näher kam, war die Sorge, die ihre Stirn in Falten legte, auch in ihrer Stimme deutlich zu hören. »Ryan?«
    »Ich genieße einfach nur den Moment«, log er und blieb ausgestreckt auf seinem Brett liegen. »Im nächsten Set erwische ich dann eine.«
    »Wann bist du unter die Stockenten gegangen?«, fragte sie und meinte damit, dass er in der Startposition herumdümpelte - wie einer dieser Möchtegernsurfer ohne jeden Mumm, die den ganzen Tag in der Dünung direkt hinter dem Brechungspunkt der Welle rumhingen und das schon Surfen nannten.
    »Die letzten zwei in dem Set waren größer«, sagte er. »Die nächste Partie könnte doppelt so hoch sein. Ich habe das Gefühl, es könnte sich lohnen, darauf zu warten.«
    Sam setzte sich rittlings auf ihr Brett, schaute aufs Meer hinaus und suchte es nach der ersten Dünung des neuen Sets ab.

    Wenn Ryan die Zeichen richtig deutete, ahnte sie, dass er flunkerte, und fragte sich wohl, warum.
    Da sein Herz jetzt wieder gleichmäßig schlug und seine Kraft zurückkehrte, hörte er auf, sich an das Brett zu klammern, setzte sich rittlings darauf und machte sich startbereit.
    Während er auf die nächste Serie von Wellen wartete, sagte er sich, er hätte

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