Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheherz - Roman

Racheherz - Roman

Titel: Racheherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
Himmel, an dem jeder Stern ausgelöscht worden war.
    Das heftige und rasche Klopfen seines Herzens alarmierte ihn.
    Als Ryan fühlte, was unter ihm war, begriff er, dass es ein Bett und kein Surfbrett war. Die wellenförmigen Bewegungen waren nicht echt, sondern nur eine Wahrnehmung, ein unbehagliches Schwindelgefühl.
    »Sam«, sagte er, doch dann fiel ihm wieder ein, dass sie nicht bei ihm und er zu Hause war, allein in seinem Schlafzimmer.
    Er versuchte, die Lampe auf seinem Nachttisch einzuschalten, aber er konnte den Arm nicht heben.
    Als er sich aufzusetzen versuchte, entfaltete sich ein jäher Schmerz in seiner Brust.

3
    Ryan fühlte sich, als seien Betonblöcke auf seiner Brust gestapelt.
    Es war zwar nur ein schwacher Schmerz, doch er jagte ihm Angst ein. Sein Herz raste so schnell, dass sich die Schläge nicht zählen ließen.
    Er ermahnte sich, ruhig zu bleiben, stillzuliegen und den Anfall vorübergehen zu lassen, wie schon der erste vorübergegangen war, als er auf seinem Board im Meer trieb.
    Der Unterschied zwischen jenem Anfall und diesem bestand in dem Schmerz. Das Herzrasen, die Schwäche und das Schwindelgefühl waren so beunruhigend wie beim letzten Mal, doch der zusätzlich auftretende Schmerz nahm ihm die Chance sich vorzumachen, es sei bloß eine Panikattacke.
    Ryan hatte sich nicht einmal als kleines Kind vor der Dunkelheit gefürchtet. Jetzt schien die Finsternis selbst die Last auf seiner Brust zu sein. Die lichtlose Unendlichkeit des Universums, die drückende Atmosphäre der Erdennacht und die blendende Schwärze im Schlafzimmer pressten sich eine auf die andere und alle miteinander auf ihn. Sie drückten sein Brustbein erbarmungslos nach innen, bis sein Herz dagegenschlug, als trachtete es danach, hinausgelassen zu werden und in die Ewigkeit einzugehen.
    Er sehnte sich verzweifelt nach Licht.
    Als er sich aufzusetzen versuchte, schaffte er es nicht. Der Druck presste ihn nieder.
    Er stellte fest, dass er sich mit den Fersen und den Ellbogen
von der Matratze abdrücken und allmählich weiter nach hinten rutschen konnte. Drei Federkissen ließen sich zu einer Schräge zusammenschieben, die seinen Kopf und seine Schultern anhob. Sein Schädel stieß gegen das Kopfende des Bettes.
    Das Gewicht auf seiner Brust zwang ihn zu einer flachen Atmung. Jedes Mal, wenn er ausatmete, entkam ihm aber auch ein Laut, der zarter war als ein Wimmern und sich an dem schwarzen Raum verging wie ein Nagel, der über eine Schiefertafel gezogen wird.
    Nachdem er sich in eine zurückgelehnte Haltung hochgeschoben hatte, zwar nicht sitzend, aber zumindest leicht erhöht, kehrte ein Teil seiner Kraft zurück. Er konnte die Arme heben.
    Mit der linken Hand tastete er blind nach der Nachttischlampe. Er fand ihren Bronzefuß und seine Finger glitten über die kleine Säule mit dem Bambusmotiv.
    Bevor er den Schalter fand, nahm der Schmerz in seiner Brust zu und weitete sich auf seine Kehle aus, als sei diese Pein Tinte und sein Körper ein saugfähiges Löschblatt.
    Der Schmerz schien etwas zu sein, das er geschluckt hatte oder im Ganzen hochwürgte. Er verstopfte seine Luftröhre, behinderte die Atmung und quetschte seinen Schreckensschrei zu einer halben Note zusammen, auf die ein Zischen folgte.
    Dann fiel er aus dem Bett. Er wusste nicht, wie das passiert war. Das Bett wurde zum Fußboden und er hatte keine Erinnerung an den Sturz, er spürte nur, dass die Matratze durch den Teppich ersetzt worden war.
    Er war nicht allein im Haus, aber er hätte es ebenso gut sein können. Um diese Tageszeit schliefen Lee und Kay Ting,
das Paar, das sein Anwesen verwaltete, in ihren eigenen Räumen im untersten der drei Geschosse, noch dazu in dem Flügel des Hauses, der am weitesten von Ryans Suite im zweiten Stock entfernt war.
    Auf dieselbe Weise, wie er aus dem Bett gefallen war, ohne es zu merken, gelangte er zu der Erkenntnis, dass er sich über den Fußboden zog, den Oberkörper auf den Unterarmen und mit Beinen, die so schwach zuckten wie die gebrochenen Gliedmaßen eines halbzerdrückten Käfers.
    Der Schmerz hatte rasch an Intensität zugenommen und sich von seiner Kehle auf seinen Unterkiefer ausgeweitet. Es fühlte sich an, als habe er so fest auf einen Nagel gebissen, dass die Spitze zwischen die Zähne und in den Kieferknochen eingedrungen war.
    Plötzlich fiel ihm ein, dass die Gegensprechanlage des Hauses Teil des Telefonsystems war. Er konnte Lee und Kay mit dem Summer rufen, indem er I-I-I drückte. Sie könnten

Weitere Kostenlose Bücher