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Rachekuss

Rachekuss

Titel: Rachekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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ich nicht auch noch schuld sein. Es tut mir so unsagbar leid, dass ich dir schon einmal so schlimme Dinge angetan habe, das durfte kein zweites Mal passieren. Aber ich bin in ihrer Hand – sie hat die Macht, mich wie eine Mücke zu zerquetschen.«
    »Dann kommen wir jetzt zu Ihnen hoch«, brüllte die quakende Stimme durch das Megafon.
    »Wir kommen gleich runter«, schrie Flora zurück, aber sie wusste nicht, ob sie überhaupt zu verstehen war.
    »Ich werde dich nicht verraten«, sagte Flora und sah ihn ernst an. Sie hatte das Gefühl, er war der erste aufrichtige Mensch, dem sie in Deutschland begegnet war.
    »Wenn wir unten sind, werde ich mich so schnell wie möglich verdrücken«, sagte Arlindo.
    Flora nickte. »Ich hab noch so viele Fragen«, sagte sie und Arlindo zuckte bedauernd mit den Schultern. Sie wusste, sie würde ihn in Gefahr bringen, wenn sie länger hier oben ausharren würden. Sie richtete sich vorsichtig auf und mit Arlindos Hilfe erreichte sie die Leiter nach unten. Zurück auf den Boden. Dorthin, wo sich mindestens 20 Bauarbeiter die Köpfe nach ihr verrenkten, dorthin, wo die Polizei sie erwartete.
    Am Boden herrschte Chaos. Irgendwer hatte ihre Mutter herbestellt. Sie zog Flora tränenüberströmt an sich. Ein Feuerwehrmann redete auf einen der Polizisten ein, der Polier auf den anderen. In diesem Moment fuhr auch noch ein Einsatzwagen des SEK laut quietschend vor. Die Insassen merkten aber schnell, dass sie zu spät dran waren und die Gefahrensituation mittlerweile beendet war. Edinger stand einsam und verlassen zwischen allen und wusste nicht so recht, wohin mit sich. Arlindo nutzte die Unüberschaubarkeit der Situation und verschwand. Es dauerte gut zehn Minuten, bis einer der Polizisten auf Flora und ihre Mutter zutrat. In der Hand hielt er eines der Fahndungsplakate, das Floras Gesicht zeigte.
    »Wir möchten Sie bitten, mit uns ins Präsidium zu fahren«, erklärte er knapp und so, als erwarte er keinen Widerstand.
    »Was ist das?«, fragte Leticia schockiert und wies auf das Blatt Papier.
    »Ein schlechter Scherz, vermute ich«, sagte der Polizist knapp und verzog keine Miene.
    Gemeinsam mit einem Hauptkommissar Viereth führte Kommissar Schmittberger Floras Befragung in einem schmalen Büro des Polizeipräsidiums durch. Die Herren stellten gleich zu Beginn des Gesprächs klar, dass es sich hier allein um eine Zeugenbefragung handelte. Auch Leticia durfte anwesend sein. Schmittberger sah Flora ernst an. Doch dann huschte die Andeutung eines Lächelns über sein Gesicht.
    »Ich weiß nicht, ob Sie es schon gehört haben«, sagte er väterlich. »Sein Zustand hat sich stabilisiert.«
    Flora durchzuckte ein Stich wie von einer Messerklinge. Was hatte sich stabilisiert? Ihr fragendes Gesicht schien den Kommissar beinahe zu amüsieren.
    »Ihr Freund Yannick liegt zwar im künstlichen Koma, aber die Ärzte sagen, er hat durchaus Chancen, wieder aufzuwachen. Es wird allerdings ein langer Weg werden.«
    Flora hörte sich stöhnen. Tränen traten ihr in die Augen und sie packte zitternd die Hand ihrer Mutter. Auch Leticia begann zu schluchzen.
    »Der Arzt hat gesagt, Yannick müsse mehr als nur einen Schutzengel gehabt haben, um diese Verletzungen so lange ohne Versorgung überstanden zu haben. Aber – ich will Ihnen auch nicht zu viel Hoffnung machen. Noch kann keiner sagen, ob er es wirklich schafft – und wenn er es schafft, ob er wieder ganz der Alte wird«, führte der Kommissar weiter aus. »Aber jetzt lassen Sie uns über die letzten Wochen reden. Geht das?« Flora nickte wie in Trance und bekam kaum mit, was Schmittberger vortrug. Sie blickte ihn unablässig ernst und konzentriert an, doch hinter ihrer Stirn hüpften die Gedanken wie kleine Boote auf stürmischer See.
    Schmittberger referierte zunächst noch einmal die Vorkommnisse der letzten Wochen – angefangen von der eskalierten Party über die vermeintliche Entführung, die Internet-Mobbing-Attacke bis hin zu dem schrecklichen Unfall, dem durchaus eine Tötungsabsicht zugrunde liegen konnte, sowie den gefälschten Fahndungsplakaten. Flora hatte sich endlich gefasst und hörte ihm zu. Sie konnte es beinahe nicht glauben, dass all dies ihr geschehen war. Und noch viel weniger konnte sie glauben, dass tatsächlich Carina die Urheberin all des Unglücks sein sollte. Es würde schwer werden, das zu beweisen. Arlindo fiel als Zeuge aus – Flora würde ihr Versprechen halten und ihn nicht verraten. Sie konnte so gut nachvollziehen,

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