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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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allgemeine Konkurrenzkampf und die damit verbundene Preissenkung von Waschmaschinen setzte Adelmaries Mangelstube ein jähes Ende, aber nach vorübergehender Schließung des Etablissements eröffnete sie in denselben beiden Räumen eine Änderungsschneiderei. Adelmarie stellte zwei Hilfskräfte ein, die in den Nachbarorten wohnten und den Zustrom von Informationen wesentlich vergrößerten.
    Natürlich gab es auch eine Schule in Monlingen, deren Rektor im Gemeinderat saß, so daß er sich alle Anforderungen gleich selbst bewilligen konnte. Nur einen Kindergarten gab es nicht, dafür aber auch kein Altersheim, was die Schlußfolgerung nahelegte, daß Großmütter und -tanten im Familienverband lebten, den Nachwuchs betreuten und somit dem Kindergarten die Grundlage entzogen.
    Aber das alles wußte ich noch nicht, als wir durch die Monlinger Kopfsteinpflasterstraßen fuhren und vergebens nach dem Wiesengrund suchten. Wir hatten schon eine Schachtelhalmstraße überquert und einen Sumpfdotterweg, waren versehentlich in die Ringelblumenzeile eingebogen und vermuteten mit einiger Berechtigung, nun auch irgendwo auf den Wiesengrund zu stoßen. Fehlschluß! Eine Dame mit Hund, hinten Dackel, vorne Boxer, klärte uns auf:
    »Dat is hier janz falsch! Dä Wiesenjrund liecht da draußen« – sie deutete auf eine entfernte Wiese, wo tatsächlich noch Kühe weideten – »noch hinter dä Köbes seine Scheune. Wenn die Straße zu Ende is un dä Schotter anfängt.«
    Also fuhren wir die Straße weiter, und als sie aufhörte, begann ein glitschiger Lehmweg, auf dem ein paar zerbrochene Ziegelsteine und leere Zementsäcke lagen.
    »Der Schotter!« vermutete ich. »Sieh mal, da liegt noch welcher!« Rolf knurrte Unverständliches, krampfhaft bemüht, in der Mitte dieses Lehmweges zu bleiben. Bei einem eventuellen Abweichen würden wir hoffnungslos steckenbleiben.
    »Immerhin wird ja dran gebaut.« Er wies auf eine leere Teertonne, die umgekippt in einer Pfütze schwamm.
    »Wer weiß, wie die hierhergekommen ist. Sie sieht aus, als ob sie schon dreimal überwintert hat.«
    Weitere Anzeichen von Straßenbau gab es nicht. Dafür tauchten die ersten Häuser auf. Ein bißchen schmalbrüstig drängten sie sich aneinander, als ob sie in dieser Einöde gegenseitig Schutz suchten.
    Jeweils drei Häuser bildeten eine Einheit, dann kam ein asphaltierter Zwischenraum, und daran schlossen sich die anderen drei Häuser an. Die nächste Häuserzeile stand etwa vierzig Meter hinter der ersten, genau parallel, was ein bißchen monoton wirkte, aber vermutlich lange Rechnereien erspart hatte. Wenn man die zweite Häuserreihe etwas nach rechts versetzt hätte und die nächste noch ein bißchen… aber was soll’s, ich bin kein Architekt, und außerdem standen sie ja schon. Zumindest die ersten zwölf Häuser. Von den restlichen sechs sahen wir im Augenblick lediglich die Grundmauern.
    »Da wohnen ja schon Leute drin«, wunderte ich mich, als Rolf endlich einen halbwegs festen Ankerplatz gefunden hatte und den Motor abstellte. An den Fenstern von Nr. 1 hingen Gardinen, in Nr. 2 hing etwas, das entfernte Ähnlichkeit mit Bettlaken hatte, Nr. 3 zeigte gerafften Tüll, Nr. 4 und Nr. 5 waren offensichtlich unbewohnt, und in Nr. 6 waren sämtliche Fenster mit etwas Gelbem verhüllt. Ein Schild, zwei Meter davor in den Boden gerammt, besagte, daß es sich um das Musterhaus handele und man es jeweils an den Wochenenden zwischen 12 und 17 Uhr besichtigen könne.
    Ich machte meinen Gatten darauf aufmerksam, daß es jetzt zehn Uhr und außerdem Mittwoch sei.
    »Betrifft uns nicht«, sagte der, watete auf Zehenspitzen durch eine Schlammkuhle und steuerte das Haus Nr. 1 an. »Nun komm doch endlich!«
    Das galt mir. Ich öffnete die Wagentür, stieg aus und stand bis zu den Knöcheln im Wasser. »Hiiilfe!«
    Rolf drehte sich um. »Du hättest lieber auf der anderen Seite aussteigen sollen!« bemerkte er ganz richtig, machte aber nicht die geringsten Anstalten, wieder zurückzukommen. Hatte er nicht mal versprochen, mich auf Händen zu tragen?
    Also fischte ich meine Schuhe aus der Lehmbrühe und beeilte mich, meinem Herrn und Gebieter zu folgen. Der hatte inzwischen das rettende Ufer in Gestalt einer dreistufigen Treppe erreicht und bemühte sich vergebens, die zentimeterdicke Lehmschicht von seinen Schuhen zu kratzen. »So kann ich doch nicht ins Haus?!«
    »Was soll ich denn sagen? Du kannst ja notfalls die Schuhe ausziehen, wenn du nicht gerade wieder die

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