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Radio Heimat

Radio Heimat

Titel: Radio Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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in der Ligusterhecke, zwängte mich hindurch und schlich über die Terrasse. Ich legte meine Hände ans Glas und sah hinein. Carola lag bäuchlings auf dem Bett, ein Bein ausgestreckt, das andere angewinkelt. Ich klopfte leise an die Scheibe, aber sie rührte sich nicht. Ich klopfte stärker, und sie zuckte zusammen und fuhr auf. Als sie mich erkannte, stand sie auf und öffnete die Tür.
    »Was willst DU denn hier?«
    Sie ließ mich rein und warf sich wieder aufs Bett. Ich sagte ihr, weswegen ich gekommen sei. Sie meinte, ich sei nicht ganz dicht.
    »Wir haben darüber geredet. Mehr als einmal. Du hast gesagt, du kommst mit.«
    Carola seufzte. »Es ist mitten in der Nacht, ich bin müde. Ich bin erst um zwei Uhr ins Bett gekommen.«
    »Um diese Zeit ist die A 40 noch nicht so voll. Bevor die Staus anfangen, sind wir in Holland.«
    Sie setzte sich auf die Bettkante und strich die Haare zurück. »Du meinst es wirklich ernst, was?«
    Ich sagte nichts.
    »Mein Gott«, stöhnte sie. »Was man eben so rumspinnt, wenn man eine ganze Flasche Wein intus hat.«
    »Soll das heißen, es war nicht ernst gemeint?«
    »Weißt du was? Lass uns morgen noch mal drüber reden. Irgendwo ne Pizza essen und dann sehen wir weiter. Ich bin jetzt einfach nur müde.« Sie kippte nach hinten, zog ihre Beine an und kroch Richtung Kopfende.
    Ich sah mich um. Das Zimmer war sehr unordentlich. Überall lagen Kleidungsstücke und Schallplatten herum. Auf dem Nachttisch neben dem Rattanbett eine offene Packung Drum. Ich wartete noch ein paar Minuten, bis sie wieder eingeschlafen war. Vielleicht tat sie auch nur so. Ich ließ die Tür offen stehen.
    Die ganze Sache hatte vielleicht zehn Minuten gedauert, doch als ich zu meinem Auto zurückkam, lag meine Tasche nicht mehr auf dem Rücksitz. Um die paar T-Shirts, die Unterhosen und die zweite Jeans war es nicht schade. Aber es würde mich Wochen kosten, die zwanzig Kassetten neu aufzunehmen.
    Wenigstens steckte die, die ich vorhin gehört hatte, noch im Rekorder. Ich ließ den Wagen an, fuhr durch die Gegend und hörte »Thunderroad« von Bruce Springsteen, die sparsame Live-Version, die Geschichte von einem, der mit dem Wagen bei einer Frau vorbeifährt, um mit ihr durchzubrennen.
    Rechtzeitig zum Frühstück war ich wieder zu Hause.
     

Taxi Bochum
    Diese phänomenale Direktheit der Menschen in unserer Gegend offenbart sich besonders, wenn man in dieser Gegend unterwegs ist. Zum Beispiel mit dem Taxi.
    Es gibt unterschiedliche Arten von Taxifahrern. Da wäre zum Beispiel der fürsorgliche Typ. Eines Nachts vor etwa fünfzehn Jahren bestieg ich ein Taxi im Bermudadreieck in Bochum und wollte mich zu meiner Wohn-Kaschemme an der Castroper Straße bringen lassen. Der Fahrer war ein vierschrötiger Mittfünfziger mit interessanten Mondkratern im Mare Crisium seines fleischigen Gesichtes. Ich hatte einigermaßen was weggebechert in den letzten Stunden und jetzt folgerichtig Hunger. Also bat ich den Mann, noch schnell bei der amerikanischen Hackfleischbrötchenschmiede am Hauptbahnhof Halt zu machen.
    »Nee, mach ich nich!«
    »Wie meinen?«
    Schweigen.
    »Klar, wenne wills, marich datt, aber überleech doch mal! Du biss blau und du biss müde. Dat Erste weisse schon, datt Zweite wird klar, sobald du dein Bett siehs. Da brauchsse doch nix mehr inne Backen! Und schon gar nich diesen Drecksfraß! Denk doch mal nach!«
    Ich dachte mal nach. Eigentlich hatte er recht. Aber eigentlich könnte der VfL Bochum auch Deutscher Meister sein. Und eigentlich hätte die Kellnerin im Jago vorhin nicht so unwirsch reagieren müssen, als ich sagte: »Komm, lass poppen gehen!«
    Vor dem Essen nachzudenken ist aber ungefähr so blöd wie vor dem Tor nachzudenken, ob man den Ball mit rechts, mit links, mit dem Kopf, dem Knie oder dem Geschlechtsteil reinmachen soll, und noch bevor ich mich zu irgendwas entschließen konnte, waren wir auch schon am Bahnhof vorbei. Fünf Minuten später standen wir vor meiner 45-Quadratmeter-Junggesellenbude mit Blick aufs Planetarium und der Taxifahrer ging sogar um den Wagen herum und hielt mir die Tür auf.
    Er fingerte den Hausschlüssel aus meiner Jackentasche und brachte mich in die Wohnung. Ich fand es zwar etwas übertrieben, dass er mir die Zähne putzte, aber dass er mich zudeckte, fand ich richtig nett. Und die Geschichte, die er mir vorgelesen hat, hat mir wirklich geholfen einzuschlafen.
    Aber so nett ist es natürlich nicht immer. Eine andere Art von Taxifahrer ist der

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