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0378 - Mörder-Totem

0378 - Mörder-Totem

Titel: 0378 - Mörder-Totem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Faszinierend«, murmelte die ältere Dame und wandte sich an ihren Begleiter. »Nicht wahr? Man könnte meinen, sie wären wirklich alle gebissen worden!«
    Kameras klickten.
    »Ja«, sagte eine Inderin mit blauschwarzem Haar und wachen Augen. »Aber wenn dem so wäre, wäre der Stamm längst ausgestorben. Wie ich hörte, sollen die Hopi gerade noch achttausend Köpfe zählen.«
    »Etwa sechstausend«, verbesserte der junge Reiseleiter. Er schob sich den Strohhut in den Nacken. Gerade setzte der Trommelschlag wieder ein. Die elf Tänzer schnellten wieder hoch, verneigten sich vor ihrem Publikum und zogen sich dann in Windeseile zurück. Nur die elf Klapperschlagen blieben auf dem Boden rund um den Totempfahl zurück.
    »Die können die Schlangen doch nicht einfach so hier liegenlassen«, zischte einer der Zuschauer. »Die Biester sind doch mordsgefährlich…«
    »Abwarten«, sagte der Reiseleiter gelassen. Er kannte die Prozedur. Er hatte diesen Schlangentanz schon mindestens zwei Dutzend Male gesehen.
    Der Trommler, der noch immer vor seinem Instrument hockte, griff jetzt zu einer kleinen Holzflöte und blies eine Melodie. Gegen den vorherigen Gesang wirkte sie direkt angenehm und melodisch.
    Das schienen auch die Klapperschlangen zu empfinden, denn sie glitten unter dem Zauber der Melodie von allein zu ihren Körben und wanden sich hinein. Seelenruhig ging der Flötenspieler von einem Korb zum anderen und befestigte die Deckel darauf. Dann verneigte auch er sich und verschwand.
    Die letzten Kameras surrten und klickten nicht mehr.
    Der Reiseleiter sah auf seine Armbanduhr. »Es wird Zeit, Ladies and Gentlemen«, sagte er. »So leid es mir tut, aber wir müssen aufbrechen. Wir haben noch zwei Programmpunkte und müssen uns sputen. Wir sind bereits über die Zeit.«
    »Doch nur, weil diese Knilche nicht rechtzeitig angefangen haben«, meckerte ein wohlbeleibter Texaner. »Das ist typisch! Hat schon mal einer eine Rothaut gesehen, die pünktlich zur Arbeit erschien? Dabei haben sie unsere guten Dollars kassiert und…«
    »Halten Sie den Mund, Sir«, sagte die Inderin scharf. »Ihre Sklaventreibermeinung ist hier nicht gefragt.«
    »Na, Sie haben es gerade nötig«, keifte der Dicke. »Ausländer sein, und sich dann hier groß aufspielen…«
    »Darf ich Sie freundlichst daran erinnern, daß hier in Arizona Sie als Texaner auch so etwas wie ein Auslänger sind? Bitte einsteigen«, mahnte der junge Reiseleiter sanft.
    »Sie sind wohl auch nicht scharf auf Trinkgeld, wie?« fauchte der Dicke, folgte der Aufforderung aber. Nacheinander verschwanden die Touristen im klimatisierten Bus. Die meisten waren sogar froh, daß aus Zeitmangel der zweite Teil des Programmpunktes gestrichen wurde - die Besichtigung des Pueblos, in dem die Hopi-Indianer lebten. Denn das hätte Klettern über schmale Leitern bedeutet. Und die Sonne meinte es in diesem Teil Arizonas etwas zu gut.
    Der junge Reiseleiter sprach derweil mit dem Clan-Häuptling und drückte ihm die Dollarscheine für die Vorstellung in die Hand. Der Häuptling zeigte sich gar nicht unfroh darüber, daß die Besichtigung entfiel und er dennoch den Gesamtbetrag erhielt. »Ich wünschte, Sie wären immer so im Zeitdruck«, schmunzelte er. »Tut mir leid, daß wir nicht eher anfangen konnten. Aber wir mußten abwarten, bis die Sonne den richtigen Stand erreicht hatte…«
    Der Reiseleiter hob die Brauen. »Warum das?«
    »Sie mögen vielleicht darüber erstaunt sein und im Innern spöttisch lächeln«, sagte der Häuptling. »Aber für uns ist das hier nicht nur Gelderwerb. Sicher, wirbrauchen die Dollars - leider. Deshalb die Vorführung unserer Ritualtänze, deshalb die Besichtigungen. Lieber wäre es uns, wenn wir das nicht nötig hätten. Aber - diese Ritualtänze bedeuten uns etwas. Sie geben uns Kraft und Mut. Und deshalb empfinden wir sie ganz anders.«
    »Mir ist aufgefallen, daß Sie häufig wechseln. Sie führen jeder Gruppe einen anderen Tanz vor.«
    »Nicht immer. Wir wechseln, wenn es einen Anlaß gibt. Die nächsten Vorführungen werden auch wieder der Klapperschlangentanz sein. Aber da die Tänze für uns wichtig sind, müssen wir uns dabei auch an die ungeschriebenen Gesetze halten. Wir könnten nicht früher beginnen. Aber ich weiß nicht, ob Sie das Ihren Leuten erklären können.«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte der Reiseleiter. »Sie werden mich und sie auslachen. Aber ich könnte zu erwirken versuchen, daß unser Veranstalter das Programm

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