Raecher des Dunklen Imperiums
Brief. Sie berichtete im allgemeinen von den Fortschritten ihrer Landwirtschaftspolitik. Auf diesem Gebiet verlief alles sehr erfreulich. Granbretanien hatte es bereits zu einem Getreideüberschuß gebracht, den es in Normandien und Hannoveranien gegen andere Erzeugnisse austauschen konnte. Aber erst gegen Ende des Briefes wurde Hawkmoon hellwach.
„... So komme ich jetzt zu dem einzigen Unerfreulichen dieses Briefes, mein teurer Hawkmoon. Es hat den Anschein, daß meine Anstrengungen, das Land von allen Erinnerungen an unsere dunkle Vergangenheit zu befreien, nicht hundertprozentig erfolgreich waren. Mir wurde berichtet, es gäbe wieder Maskenträger. Wie ich hörte, wurde ein Versuch unternommen, einige der alten Tierorden neu aufleben zu lassen - vor allem den Orden des Wolfes, dessen Grandkonnetabel, wie Ihr Euch sicher entsinnt, Baron Meliadus war. Einigen meiner Agenten gelang es, sich als Mitglieder verkleidet Zutritt zu den Versammlungen zu verschaffen. Ein Eid wird geleistet, das wird Euch gewiß amüsieren (hoffe ich, und nicht im Gegenteil beunruhigen) -daß jeder seine ganze Kraft daran setzt, das Dunkle Imperium in all seiner Glorie wieder zu errichten, mich vom Thron zu stürzen und alle meine treuen Anhänger zu töten. Auch Euch und Eurer Familie müssen sie Rache schwören. Alle, die die Schlacht von Londra überlebt haben, müssen ausgelöscht werden - das ist ihr Motto. In Eurer herrlichen Kamarg seid Ihr wohl kaum in irgendeiner Gefahr durch die paar granbretanischen Dissidenten, deshalb rate ich, laßt Euch durch den Gedanken an sie nicht den Schlaf stören. Ich weiß mit Sicherheit, daß diese Geheimbünde nicht sehr beliebt sind und auch nur in jenen Teilen Londras Zulauf finden, die bisher noch nicht umgebaut wurden. Der Großteil des Volkes, sowohl Aristokraten als auch Bürgerliche sind glücklich mit ihrem neuen ländlichen Leben und der Parlamentsregierung, wie wir sie bereits früher hatten, ehe Granbretanien dem Wahnsinn des Dunklen Imperiums verfiel. Ich hoffe, wir haben diesen Irrsinn besiegt und können bald auch die letzten Widerstandsnester brechen. Ach ja, da ist noch ein seltsames Gerücht, das meine Agenten jedoch nicht bestätigen konnten, einige der schlimmsten Lords des Dunklen Imperiums sollen noch leben und irgendwo darauf warten, daß sie ihren „rechtmäßigen Platz als Herrscher Granbretaniens" einnehmen können. Das kann ich nicht glauben, mir scheint es eine typische Propagandalüge zu sein, wie nur jene sie in die Welt setzen, die sich ausgestoßen fühlen. Unseren Sagen nach müssen Tausende von Helden, in ganz Granbretanien verstreut, in allen möglichen Höhlen schlummern und nur darauf warten, irgendeiner guten Sache zu Hilfe zu eilen, wenn die Zeit dafür gekommen ist (ich frage mich nur, weshalb sie offenbar nie gekommen ist oder kommt). Um jedoch sicherzugehen, versuchen meine Agenten, diesem Gerücht auf den Grund zu gehen. Leider muß ich gestehen, daß mehrere bereits ihr Leben einbüßten, als die Geheimbünde ihre wahre Identität feststellten. Es wird vermutlich noch einige Monate dauern, doch dann dürften wir mit allen Maskenträgern aufgeräumt haben, um so eher, da all die düsteren Bauten, die sie bevorzugen, nun ziemlich schnell niedergerissen werden.
„Hat Flana unangenehme Neuigkeiten?" erkundigte sich Yisselda, als Hawkmoon den Brief faltete.
Er schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Es paßt nur zu etwas, das ich selbst erst kürzlich gehört habe. Sie schreibt, daß einige in Londra wieder Masken tragen."
„Nun, das war doch wohl zu erwarten, nicht wahr? Ist es weitverbreitet?"
„Offenbar nicht."
Prinz Lonson lachte. „Erstaunlich wenig, meine Lady, das kann ich Euch versichern. Die meisten der Bürger waren nur zu froh, sich der unbequemen Masken entledigen zu dürfen. Das gilt auch für die Aristokratie mit Ausnahme einiger weniger, die den Tierorden angehörten und überlebten. Das sind jedoch glücklicherweise nicht sehr viele."
„Flana erwähnte, ein Gerücht verbreite sich, daß einige der maßgeblichen Lords noch am Leben seien", sagte Hawkmoon ruhig.
„Unmöglich. Ihr habt doch Baron Meliadus selbst erschlagen, Herzog von Köln - ein Hieb durch die Schulter geradewegs bis zum Herzen!"
Zwei oder drei der Gäste schien Prinz Lonsons Bemerkung sichtlich zu schockieren. Er entschuldigte sich verlegen. „Graf Brass", fuhr er fort, „tötete Adaz Promp und noch ein paar. Shenegar Trott habt ebenfalls Ihr in den Tod
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