Rächer des Herzens (German Edition)
vorteilhaft gewesen, ihn genauer zu beobachten“, sagte er.
Zu seiner Überraschung erschien ein Funken von Belustigung auf ihrem Gesicht.
„Ich wollte überhaupt nicht in Ernests Nähe sein, Sir. Ich ließ ihn sogar so oft wie möglich unbeachtet. Niemand mochte ihn, und ich war keine Ausnahme. Ich musste sogar die Diener bestechen, damit sie überhaupt zur Beerdigung mitgingen und Trauer heuchelten.“
Marcus’ Interesse wuchs unwillkürlich. Als er Isabella kennenlernte, war er von ihrem augenscheinlichen Liebreiz sehr angetan gewesen. Ihr Verrat war für ihn ein zutiefst erschreckendes Erlebnis. Damals war ihm klar geworden, dass sie eine Abenteurerin war. Sie hatte ihren verlockenden Körper und ihr hübsches Gesicht eingesetzt, um einen reichen und ausschweifenden Fürsten in die Falle laufen zu lassen. Jetzt und hier benutzte sie eine andere Art von Bestechung, um einen anderen in eine Zweckheirat zu locken. Zorn stieg in ihm hoch. Er wollte, dass sie ihre Schuld zugab. Sie war hochmütig und moralisch verdorben und bereit, sich für schnöden Gewinn zu verkaufen. Marcus war aber kein grüner Junge mehr, der sich betören ließ.
Er sah sie fragend an. „Es hat sich also letztlich nicht gelohnt?“
Ihre Blicke trafen sich.
Es hat sich nie gelohnt.
Isabella äußerte diese Worte nicht laut, aber einen beunruhigenden Augenblick lang war Marcus sicher, ihre Gedanken lesen zu können.
„Ich kann den Zweck Ihrer unverschämten Fragen nicht erkennen“, sagte sie knapp. „Über meine Ehe will ich nicht sprechen.“
Marcus hob missbilligend die Augenbrauen. „Sie glauben also nicht, dass Sie mir eine Erklärung schulden?“ Sie antwortete mit Geringschätzung in ihrem Blick. „Welche Bedeutung hat das nach zwölf Jahren noch?“
Er hätte sie durchschütteln mögen. Natürlich war es noch von Bedeutung! Sie hatte ihn all seiner jugendlichen Träume und Hoffnungen beraubt, sie unter ihren zierlichen Schuhen zertreten. Und sie hatte es so beiläufig getan, als ob es völlig unwichtig gewesen wäre. Als sie sich trafen, hatte er die Freuden der körperlichen Liebe durchaus gekannt. Doch niemals zuvor war er richtig verliebt gewesen, und so hatte er seine Liebe zu Isabella voll blindem Vertrauen in die Zukunft gelebt. Diese jugendliche Unbekümmertheit war es, die sie ihm so plötzlich genommen hatte, ohne sich darum zu kümmern, was sie ihm damit antat. Sie schuldete ihm etwas.
Er dachte an India, seine Frau. Sie war Isabellas Cousine gewesen. Er wusste genau, dass er sie aus den falschen Gründen geheiratet hatte, weil er nach etwas hatte greifen wollen, das Isabella ihm versprochen hatte. Eine vergebliche Hoffnung. Und auch India hatte unter ihrer Cousine gelitten. Später hatte Marcus entdeckt, dass Isabella in ihrem Streben nach Reichtum und gesellschaftlicher Stellung ihre Familie gegeneinander aufgehetzt und sich ausschließlich von ihrer Gier hatte leiten lassen.
Jetzt war die Zeit gekommen, um die Schuld einzufordern, aber Marcus musste den günstigsten Zeitpunkt abwarten. Seine Verärgerung wuchs mit jedem Wort, er bemühte sich dennoch, einen kühlen Kopf zu behalten. Kühl geplante Rache war allemal besser als eine unüberlegte Vergeltung. Er würde ihren Vorschlag annehmen, und dann wäre sie in seiner Gewalt statt andersherum – und sie ahnte es nicht einmal!
Es gab immer noch einiges, was er wissen musste. Je genauer er ihre Pläne kannte, desto leichter würde es sein, sie zu vereiteln.
Er zuckte die Achseln. „Vielleicht haben Sie recht: Was zwischen uns war, ist jetzt ohne Belang. Schließlich ist dies eine geschäftliche Angelegenheit. Erläutern Sie mir bitte, wie Sie sich unsere Vereinbarung vorstellen.“
Isabella warf ihm einen argwöhnischen Blick zu, als könne sie nicht glauben, dass er so leicht kapitulieren würde. Aber dann gab sie ihre Vorbehalte auf. Offenbar war ihr so sehr an dieser rettenden Hochzeit gelegen, dass sie zu Zugeständnissen bereit war.
„Die sogenannte Ehe zwischen uns würde nur eine vorübergehende Maßnahme sein, bis ich aus dem gegenwärtigen finanziellen Engpass heraus bin“, sagte sie kühl. „Wenn ich dann mein Haus verkauft und mein Erbe flüssig gemacht habe, wird die Schuld zurückgezahlt, und unsere Verbindung wird aufgelöst.“
Er runzelte die Stirn. „Können Sie in dem Fall nicht einfach abwarten, bis Sie das Geld zur Verfügung haben? Das wäre sicher einfacher, als eine Eheschließung vorzunehmen, die Sie gar nicht
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