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Raststätte Mile 81

Raststätte Mile 81

Titel: Raststätte Mile 81 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mit Pokerchips. Die Wände waren mit zwanzig oder dreißig Zeitschriftenpostern geschmückt. Pete begutachtete sie mit großem Interesse. Er kannte Muschis, hatte auf HBO und CinemaSpank mehr als nur ein paar gesehen (bevor seine Eltern das mitbekommen und alle Premium-Kabelkanäle gesperrt hatten), aber die hier waren rasierte Muschis. Pete wusste nicht recht, was das Besondere daran sein sollte – ihm kamen sie ein bisschen eklig vor –, aber er würde vermutlich noch draufkommen, wenn er älter war. Außerdem machten die nackten Titten das wieder wett. Die nackten Titten waren echt geil.
    In einer Ecke waren drei schmutzige Matratzen wie die Spieltische zusammengeschoben worden, aber Pete war alt genug, um zu wissen, dass hier nicht gepokert wurde.
    »Zeig mir deine Muschi!«, befahl er einem der Hustler -Girls an den Wänden und kicherte. Dann sagte er: »Zeig mir deine rasierte Muschi!«, und kicherte noch lauter. Irgendwie wünschte er sich, Craig Gagnon wäre hier, obwohl Craig ein Schwachkopf war. Sie hätten miteinander über die rasierten Muschis lachen können.
    Er begann einen Rundgang durch den Raum und schnaubte dabei weiter kleine, zerplatzende Lachblasen. Die Luft in der Raststätte war feucht, aber nicht kalt. Schlimm hingegen war der Geruch: eine Kombination aus Zigarettenrauch, Haschischduft, altem Fusel und Kriechfäule in den Wänden. Pete glaubte, auch verwesendes Fleisch zu riechen. Vermutlich von bei Rosselli’s oder Subway gekauften Sandwichs.
    An der Wand neben der Theke, an der Leute früher Whoppers und Whalers bestellt hatten, entdeckte Pete ein weiteres Poster. Es zeigte Justin Bieber. Zwei seiner Zähne waren geschwärzt worden, und jemand hatte ihm ein Hakenkreuz-Tattoo auf die Backe geklebt. Aus seiner Pilzkopffrisur sprossen rote Teufelshörner. In seinem Gesicht steckten Darts. An die Wand über dem Poster hatte jemand mit breitem Filzschreiber MUND 15 PKT, NASE 25 PKT, AUGEN 30 PKT/STK geschrieben.
    Pete zog die Darts heraus und ging in dem großen, leeren Raum rückwärts, bis er einen schwarzen Strich auf dem Fußboden erreichte. Daneben stand in Druckschrift BEEBER-LINIE . Pete stellte sich dahinter und warf die sechs Pfeile. Er wiederholte das mindestens zehnmal. Beim letzten Versuch erzielte er hundertfünfundzwanzig Punkte. Was er ziemlich gut fand.
    Er stellte sich vor, wie sein Bruder George ihm Beifall klatschte, und ging zu einem der Fenster mit dem Drahtgitter hinüber. Er starrte auf die leeren Betoninseln, auf denen die Zapfsäulen gestanden hatten, und auf den Verkehr dahinter hinaus. Wenig Verkehr. Sobald der Sommer war, würden die Touristen und Sommerhausbesitzer dort draußen vermutlich wieder Stoßstange an Stoßstange fahren – außer sein Vater behielt recht und der Benzinpreis stieg auf sieben Dollar pro Gallone. Dann würden alle zu Hause bleiben.
    Und jetzt? Pete hatte Darts gespielt, er hatte so viele rasierte Muschis gesehen, dass er, na ja, vielleicht nicht gerade fürs ganze Leben genug hatte, aber wenigstens für ein paar Monate, und es gab keine Morde aufzuklären. Was jetzt also?
    Wodka, beschloss er. Der kam als Nächstes. Er würde ein paar Schlucke probieren, nur um zu beweisen, dass er es konnte, und damit zukünftige Angebereien den entscheidend wichtigen wahrhaften Klang hatten. Danach würde er vermutlich seinen Scheiß zusammenpacken und in die Murphy Street zurückradeln. Er würde sein Bestes tun, um sein Abenteuer als interessant – sogar als hochspannend – zu schildern, obwohl mit diesem Raum in Wirklichkeit nicht viel los war. Nur ein Ort, an dem die Wirklich Großen zusammenkommen, Karten spielen und mit den Mädchen rumfummeln konnten, ohne bei Regen nass zu werden.
    Aber Schnaps … das war schon etwas.
    Pete nahm die Satteltasche mit zu den Matratzen hinüber und setzte sich (wobei er sorgfältig die Flecken mied, von denen es nicht wenige gab). Er nahm die Wodkaflasche heraus und betrachtete sie mit einer gewissen grimmigen Faszination. Mit zehn, fast schon elf Jahren hatte er keine besondere Lust, die Vergnügungen Erwachsener auszuprobieren. Vor einem Jahr hatte er seinem Großvater eine Zigarette stibitzt und sie hinter dem 7-Eleven geraucht. Oder wenigstens zur Hälfte geraucht. Dann hatte er sich vornübergebeugt und sein Mittagessen zwischen seine Chucks gespuckt. Jener Tag hatte ihm eine interessante, wenn auch nicht sonderlich wertvolle Information eingebracht: Bohnen und Wiener Würstchen sahen zwar nicht besonders

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