Raststätte Mile 81
Hilfsmittel für seine Ameisenfarm, ein Naturkundeprojekt.
»Es wird in der Garage enden und Staub ansetzen«, hatte sein Vater gesagt, aber obwohl das Ameisenfarmprojekt seit Februar beendet war (Pete und seine Partnerin Tammy Witham hatten eine Eins dafür bekommen), hatte Pete das Vergrößerungsglas noch immer nicht satt. Besonderen Spaß machte es ihm, im Garten hinter dem Haus Löcher in Papierfetzen zu brennen.
Aber nicht heute. Heute erstreckte sich der Nachmittag vor ihm so endlos wie eine Wüste. Er konnte nach Hause fahren und fernsehen, aber sein Vater hatte alle interessanten Programme blockiert, nachdem er entdeckt hatte, dass George Boardwalk Empire, das voller Gangster und nackter Busen war, aufgezeichnet hatte. Auf ähnliche Weise war Petes Computer blockiert, und er hatte noch nicht rausgekriegt, wie sich diese Kindersicherung umgehen ließ; obwohl das noch kommen würde – es war nur eine Frage der Zeit.
Also?
»Also nichts«, sagte er halblaut und strampelte auf seinem Rad langsam zum Ende der Murphy Street. »Also … beschissen … nichts.«
Zu klein, um »Fallschirmspringer über Bord« zu spielen, weil es zu gefährlich war. Echt Scheiße. Er wünschte sich, ihm fiele etwas ein, was George und Normie und all den Raiders zeigen würde, dass auch kleine Jungen Gefahren bestehen konn…
Da fiel ihm etwas ein. Er konnte die aufgegebene Raststätte erforschen! Pete glaubte nicht, dass die Großen davon wussten, denn der Junge, Craig Gagnon, der ihm davon erzählt hatte, war in seinem Alter gewesen. Er hatte gesagt, er sei letzten Herbst mit ein paar anderen Kindern, Zehnjährigen, dort gewesen. Natürlich konnte das alles gelogen gewesen sein, aber das glaubte Pete nicht. Craig hatte zu viele Einzelheiten erzählt, obwohl er sonst nicht gerade besonders fantasievoll war.
Mit dem neuen Ziel im Kopf begann Pete, schneller in die Pedale zu treten. Am Ende der Murphy Street bog er links in die Hyacinth ein. Auf dem Gehsteig war niemand unterwegs, am Randstein parkten keine Autos. Aus dem Haus der Rossignols war das Heulen eines Staubsaugers zu hören, aber sonst hätten alle schlafen oder tot sein können. Pete vermutete, dass sie in Wirklichkeit, wie seine Eltern auch, in der Arbeit waren.
Er fuhr nach rechts auf die Rosewood Terrace hinaus, vorbei an dem gelben Schild mit der Aufschrift SACKGASSE . Entlang der Rosewood standen nur ungefähr ein Dutzend Häuser. Am Ende der Straße verlief ein Maschendrahtzaun quer über die Fahrbahn. Dahinter lag ein Dickicht aus Büschen und kümmerlichem aufgeforstetem Wald. Als Pete sich dem Maschendrahtzaun (und dem daran völlig überflüssigerweise angebrachten Schild KEINE DURCHFAHRT ) näherte, hörte er zu treten auf und rollte im Freilauf weiter.
Eines war ihm – vage – bewusst: Auch wenn er George und seine Raider-Kumpels als Große ansah (wofür die Raiders sich natürlich selbst hielten), waren sie nicht wirklich die Großen. Die echten Großen waren ultracoole Teenager, die einen Führerschein und eine Freundin hatten. Echte Große gingen auf die Highschool. Sie tranken gern, rauchten Gras, hörten Heavy Metal oder Hip-Hop und fummelten mit den Mädchen rum.
Also auf zur aufgegebenen Raststätte!
Pete stieg von seinem Huffy ab und sah sich um, ob er beobachtet wurde. Hinter ihm war niemand. Sogar die lästigen Crosskill-Zwillinge, die jede Ferien im ganzen Viertel Seilspringen übten (im Tandem), waren nirgends zu sehen. Ein glattes Wunder, fand Pete.
Nicht allzu weit entfernt konnte Pete das gleichmäßige Wusch-wusch-wusch von Autos auf der I-95 hören, die in südlicher Richtung nach Portland oder in nördlicher nach Augusta unterwegs waren.
Sogar wenn Craig die Wahrheit gesagt hatte, war der Zaun wahrscheinlich repariert worden, dachte Pete. Bei seiner Pechsträhne heute würde ihn das nicht wundern.
Als er näher hinsah, war jedoch zu erkennen, dass der Zaun, obwohl er so aussah, in Wirklichkeit nicht ganz war. Irgendjemand (vermutlich ein Teenager, der schon längst in die Reihen der Jungen Erwachsenen übergewechselt war) hatte die Felder in gerader Linie von oben bis unten durchgeknipst. Pete sah sich nochmals um, dann griff er mit beiden Händen in die Metallrauten und drückte dagegen. Er erwartete Widerstand, aber es gab keinen. Das durchtrennte Stück Maschendrahtzaun schwang nach innen auf wie das Hoftor einer Farm. Die Wirklich Großen hatten es tatsächlich benutzt. Boah.
Das war nur logisch, wenn man darüber
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