Ratgeber Lese-Rechtschreibstoerungen
eine Diagnose möglich. Bei Kindern mit schwerer Legasthenie werden die Lese-Rechtschreibprobleme bereits in der ersten und zweiten Grundschulklasse deutlich. Bei besonders intelligenten Kindern manchmal erst nach dem Wechsel auf die Realschule oder auf das Gymnasium. Im Vorschulalter lässt sich die Diagnose nicht stellen. Es können jedoch mittels eines Testverfahrens, dem Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten, diejenigen Kinder ausfindig gemacht werden, die mit einem Risiko behaftet sind, in der Schule Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb zu entwickeln (Jansen et al., 1999).
4. Wann sind Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten eine umschriebene Lese- und Rechtschreibstörung („Legasthenie“)?
Von einer Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie) ist nur dann zu sprechen, wenn folgende Merkmale vorliegen, wie sie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert wurden (ICD-10; Dilling, Mombour & Schmidt, 1994):
– Die mit individuell durchgeführten, standardisierten Tests für Lesegenauigkeit, Lesetempo, Leseverständnis und/oder Rechtschreibfertigkeit gemessenen Leistungen liegen wesentlich unter denen, die auf Grund des Alters, der gemessenen Intelligenz und der altersgemäßen Bildung einer Person zu erwarten wären.
– Die Lese- und Rechtschreibstörung behindert deutlich die schulischeLeistung oder Aktivitäten des täglichen Lebens, bei denen Lese- und Rechtschreibleistungen benötigt werden.
– Die Lese-Rechtschreibstörung erklärt sich nicht durch eine andere erstrangige psychische Erkrankung oder andere neurologische Erkrankung oder Behinderung, wie z. B. motorische Behinderung (Zerebralparese), Epilepsie, Hör- oder Sehbeeinträchtigung. Sie erklärt sich auch nicht durch eine erworbene Hirnerkrankung (z. B. Hirnentzündung), die zum Verlust der bereits erlernten Lese-Rechtschreibfertigkeit geführt hat.
5. Müssen Lese- und Rechtschreibstörungen immer gemeinsam auftreten?
Bei umschriebenen Rechtschreibstörungen sind fast immer auch Lesestörungen vorhanden. Auch wenn Fortschritte im Lesen gemacht werden und Lesen erlernt wird (was bei den meisten Personen mit Legasthenie der Fall ist), bleiben Rechtschreibprobleme bis in das Erwachsenenalter bestehen. Manche Personen können auch unter einer isolierten Rechtschreibstörung leiden ohne Vorgeschichte einer Lesestörung.
6. Können Lese-Rechtschreibprobleme auch Hinweise auf andere Störungen sein?
Ja. Wichtig ist die Intelligenz. Kinder, denen das Lernen ganz allgemein sehr schwer fällt, Kinder mit Lern- oder mit geistiger Behinderung haben fast immer auch Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten. Lese- und Rechtschreibprobleme können auch im Rahmen einer neurologischen Erkrankung auftreten, etwa einer Bewegungsstörung (z. B. Spastik oder Muskelerkrankung) oder einer Epilepsie. Sinnesfunktionsstörungen (Seh- oder Hörstörungen) können ebenfalls Lese-Rechtschreibprobleme bedingen. Von der Legasthenie ist der Verlust einer bereits erworbenen Lese- und Rechtschreibfähigkeit zu unterscheiden. In Deutschland wird der Verlust einer bereits erworbenen Lesefähigkeit als „Dyslexie“, der Verlust von Rechtschreibfähigkeit als „Dysgraphie“ bezeichnet. Ursachen für den Verlust können eine erworbene Hirnschädigung, z. B. in Folge eines Schädelhirntraumas, Hirnverletzungen durch Unfall, Gehirnentzündungen oder auch Hirnoperationen sein. Auch im Rahmen einer psychischen Erkrankung, z. B. Schizophrenie – eine seltene Erkrankung bei Kindern - kann eszur Störung der Schriftsprache kommen. Lese- und Rechtschreibprobleme können auch Folge einer primären psychischen Erkrankung sein (z. B. bei einer hyperkinetischen Störung, also schwerer Aufmerksamkeitsstörung). Versagt das Kind im Lesen und Rechtschreiben in Folge einer mangelnden Unterrichtung, spricht man von einem Analphabetismus. Dies sind alles Gründe für Hindernisse beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens.
7. Welche weiteren Probleme treten auf?
Da vor der Einschulung im Lesen und Rechtschreiben noch keine Anforderungen an die Kinder gestellt wurden, sind viele Kinder mit Legasthenie bis zu diesem Zeitpunkt in ihrer Entwicklung unauffällig. Wie andere Kinder entwickeln sie den Ehrgeiz lesen, rechnen und schreiben zu lernen. Groß ist die Enttäuschung, wenn sie bemerken, dass ihnen dies nicht gelingt. Verzweifelt und ratlos sind auch die Eltern.
Egal welcher Übungsaufwand betrieben wird, ab der dritten Klasse stehen
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