Ratgeber Lese-Rechtschreibstoerungen
Durchsicht der Zeugnisbeurteilungen der ersten und zweiten Grundschulklasse wird meist deutlich, dass es Diskrepanzen zwischen Lese- und Rechtschreibleistungen und anderen schulischen Fächern gegeben hat.
Bisherige schulische Fördermaßnahmen ebenso wie außerschulische Therapien im Lesen und Rechtschreiben sind zu erfragen. Spezifische diagnostische Maßnahmen zur Lese- und Rechtschreibentwicklung sowie Voruntersuchungen zur allgemeinen gesundheitlichen Entwicklung, insbesondere zum Hör- und Sehvermögen sollten zur Kenntnis gebracht werden.
Erfassung von psychischen Begleitstörungen
Zu erfragen sind Hinweise auf Schulangstsymptome, Schulverweigerungstendenzen oder körperliche Beschwerden, welche regelhaft in den Schulferien und am Wochenende verschwinden. Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen können Hinweise liefern auf das Vorliegen einer hyperkinetischen Störung, welche gekennzeichnet ist durch extreme motorische Unruhe vom frühen Kindesalter an, durch Aufmerksamkeitsstörungen, Impulsivität und leichte Erregbarkeit.
Zeigen sich Aggressivität, Kontaktstörungen, dissoziale Verhaltensauffälligkeiten wie Unwahrheit sagen, etwas wegnehmen, Schule schwänzen, kann eine sogenannte Störung des Sozialverhaltens vorliegen. Entwicklungsstörungen motorischer Funktionen, des Sprechens und der Sprache und des Rechnens sollten bedacht werden. Auch depressive Entwicklungen sind bei Kindern mit Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten nicht selten. Lernunlust, Schlafstörungen, Appetitstörungen und Traurigkeit sind Hinweise auf diese Erkrankung. Äußerungen, nicht mehr leben zu wollen, Einnässen, wechselnde körperliche Beschwerden, sozialer Rückzug, Ver-lust von Spielfreude sind weitere nicht selten zu beobachtende Symptome.
Feststellung von Begleitumständen
Bei der Erstellung der Familienanamnese (Familiengeschichte) ist von Bedeutung, ob bei Eltern, Geschwistern, Onkeln, Tanten oder Großeltern des betroffenen Kindes Sprachschwierigkeiten und Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten vorgelegen haben.
Die Art und der Umfang der Unterstützung des Kindes in der Hausaufgabensituation ist zu erfragen. Es ist zu klären, welche Unterstützung seitens der Familie möglich ist. In der schulischen Situation ist relevant, ob ein schulischer Nachteilsausgleich (z. B. keine Benotung der Rechtschreibung, Zeitzuschlag) möglich ist, Förderkurse angeboten werden oder spezifische Unterrichtshilfen zur Verfügung stehen. Es ist ebenfalls zu klären, ob das Kind wegen seiner Lese- und Rechtschreibprobleme in der Schule bloßgestellt und gehänselt wird. Darüber hinaus sind außerschulische Hilfen zu klären, Hausaufgabenhilfen oder Lese-Rechtschreibtherapie, Kontaktmöglichkeiten zum Ortsverband oder Landesverband Legasthenie oder zu Selbsthilfegruppen.
Grundlegend sind die schulischen und beruflichen Absichten des Kindes und der Eltern zu klären.
Standardisierte Diagnostik der Lese- und Rechtscheibfähigkeit
Spezifisch in der Legastheniediagnostik und unerlässlich ist die testdiagnostische Überprüfung des Lesens, des Rechtschreibens und der Intelligenz. Für die unterschiedlichen Klassenstufen werden verschiedene Leseund Rechtschreibtests angewandt.
Testung der Begabungsvoraussetzungen: Intelligenzniveau
Eine Einschätzung der Intelligenzentwicklung ist notwendig. Eine Intelligenzminderung (geistige Behinderung) ist auszuschließen. Das Intelligenzniveau soll auch deutlich höher sein als das Lese- und Rechtschreibniveau, wenn eine Lese-Rechtschreibstörung diagnostiziert wird. Hierzu werden ausführliche Intelligenztests durchgeführt.
Abbildung 3:
Rechtschreibleistung im Diagnostischen Rechtschreibtest für 2. Klassen (DRT 2) eines achteinhalbjährigen Mädchens am Ende des zweiten Schuljahres; die Begabung war durchschnittlich.
Körperliche und neurologische Untersuchung
Die körperliche Untersuchung beinhaltet eine internistische und neurologische Untersuchung, die in aller Regel auch die Ableitung eines Elektroenzophalogramms (EEG; Ableitung der hirnelektrischen Ströme) einschließt. Immer empfiehlt sich auch eine augenärztliche Untersuchung zur Sehtüchtigkeit und eine ohrenärztliche (pädaudiologische) Überprüfung der Hörfähigkeit.
11. Wie kann man helfen?
Fachleute sind sich einig, wenn das Lesen und Rechtschreiben eines Kindes verbessert werden soll, dann müssen diese Fertigkeiten gezielt geübt werden. Lesen und Schreiben lernt man nur durch Lesen und Schreiben oder durch das
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