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Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Titel: Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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zum »Herrn Doktor« muss, wie sie sagt. Mit gewaltig gerolltem R.
    Sicher ist ihr deshalb Isaks Geruch so bewusst. Jetzt, wo sie selbst frisch geduscht ist und saubere Unterwäsche trägt.
    Isak ist im Ort unterwegs. Trotz seines schweren Infarkts vom Herbst. Das muss man manchmal machen, wenn man hier wohnt, eine Runde durch den Ort drehen. Man schaut bei einigen vorbei, sitzt in der Küche, trinkt Kaffee und tauscht die letzten Neuigkeiten aus. Es gibt einige wenige, zu denen er gehen kann. Johannes Svarvare und noch ein paar. Aber mit den meisten redet er nicht. In einem Menschenleben sammeln sich so viele Beleidigungen an. Und viele haben die Bekanntschaft auch gekündigt. Geschäft ist Geschäft, hat Isak gesagt, und immer ist dann jemand sauer und fühlt sich betrogen.
    »Es ist nicht leicht, mit ihm zu Hause zu sein, falls ihr das geglaubt haben solltet«, klagt Kerttu und schließt den nicht anwesenden Tore in das Gespräch ein.
    Ihre Stimme hat einen harten, tonlosen Klang.
    »Ich kann ihn zwar versorgen, aber dann musst du ihn sauber halten«, sagt sie mit scharfer Stimme. »Sonst ist Schluss damit.«
    Jetzt kommt Tores Frau, sie hupt draußen auf dem Hofplatz.
    Hjalmar seufzt. Soll er sich jetzt mit Isak darüber streiten? Was kann er denn machen? Den Alten unter der Dusche festbinden? Ihn mit der Wurzelbürste bearbeiten?
    Anderthalb Stunden später kommt Isak von seiner Runde zurück. Hjalmar sitzt am Küchentisch.
    »Ich heize gerade die Sauna an«, sagt er. »Willst du mir Gesellschaft leisten?«
    Vor ihm auf dem Tisch stehen sechs Starkbier.
    Isak hat überhaupt keine Lust auf Sauna. Er hat unterwegs stärkere Sachen als Kaffee getrunken, das merkt Hjalmar. Aber er schaut begierig die Bierdosen auf dem Tisch an.
    Hjalmar weiß, wie er mit seinem Vater umzugehen hat. Er quengelt nicht. Fragt nicht zweimal. Tut so, als sei ihm das alles egal, Isak darf auf keinen Fall der Verdacht kommen, dass Hjalmar beauftragt worden ist, ihn zu baden. Isak steht in der Türöffnung und sagt nichts. Hjalmar nimmt das Bier und ein Handtuch, nur eins. Isak lässt ihn vorbei, Hjalmar wandert zur Sauna hinunter.
    Er legt das Bier in einen mit Schnee gefüllten Eimer, damit es kalt bleibt.
    Er wäscht sich, und dann setzt er sich in die Sauna, lässt Wasser über die Steine laufen. Es zischt und knallt. Der heiße Dampf steigt zur obersten Pritsche hoch, wo er sitzt. Seine Haut brennt. Er verdrängt die Tatsache, dass sein Bauch seine Oberschenkel bedeckt. Verdammt, er ist ja vielleicht fett geworden.
    Stattdessen denkt er, dass in jeder Hinsicht zu sehen ist, dass der Hof jetzt das Zuhause von zwei alten Leuten ist. Wenn früher in der Sauna geheizt wurde, gab es immer einen trockenen Geruch nach Kiefer, selbst gekochter Seife und dem Feuer, das im Kamin brannte. Wenn er jetzt das Wasser auf die Steine gießt, steigt ein Geruch von tief sitzendem Schmutz auf, die Pritschen sind schon lange nicht mehr geschrubbt worden.
    Er hat Isak fast vergessen, als er die Eingangstür hört. Er bückt sich und fischt ein Bier aus dem Eimer.
    Isak kommt herein und klettert auf die oberste Pritsche, bekommt ein Bier in die Hand, trinkt es gleich aus, nimmt sich noch eins.
    Von ihm ist nicht mehr allzu viel übrig, denkt Hjalmar. Dieser gebrechliche alte Körper, die dünnen, viel zu langen Haare, die von Altersflecken übersäte schlaffe Haut. Vor Kurzem noch strotzende Muskeln unter den aufgekrempelten Hemdsärmeln, kürzlich noch konnte er allein die Ladeluke von einem Lastwagen heben.
    Der Zorn, denkt Hjalmar, der Zorn lebt noch immer ebenso stark wie zuvor in Isak. Er ist der Pfeiler, der ihn aufrecht hält. Der Zorn auf die andern aus dem Dorf, weil er weiß, dass die hinter seinem Rücken tuscheln und flüstern, die Schweine, die Hälfte von ihnen wäre arbeitslos, wenn es das Fuhrunternehmen nicht gäbe, der Zorn auf das Finanzamt, verdammte Blutsauger, Sesselfurzer, die ihre Ärsche nie hochgekriegt haben, auf die Kommunalpolitiker, die Versicherungsgesellschaften, die Vorstände, auf die Wichser in Stockholm, auf die Boulevardzeitungen, auf die Promis, Junkies alle miteinander, auf Arbeitslose und Krankgeschriebene, faules Pack, das schwänzt und pfuscht und sich an der Arbeit der anderen mästet, auf alles, was er im Fernsehen sieht, Nachrichten, Unterhaltungsshows und Dokusoaps, den Teufel wird er tun und seine Gebühren bezahlen, auf den Mistkerl, der im Supermarkt in Skaulo für das Obst zuständig ist, diesen verfaulten

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