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Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Titel: Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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abgeschaltet wird.
    Jetzt steigt er vom Schneemobil, denkt sie. Jetzt kommt er her.
    Hjalmar dreht sich zu Rebecka um und redet. Die Worte kommen schneller als je zuvor in seinem Leben.
    »In die Toilette«, sagt er. »Schließ die Tür ab. Es gibt ein Fenster. Raus da durch. Lauf zum Fluss und auf das andere Ufer. Halte dich an die Schneemobilspur. Die ist gefroren und hält vielleicht. Das ist deine einzige Chance. Ich werde versuchen, ihn aufzuhalten. Aber ich kann nur mit ihm reden. Ich kann ihm nichts tun. Ich kann Tore nichts tun.«
    Rebecka fummelt am Haken herum, um die Toilettentür von innen zu verriegeln, man muss die Türklinke anheben, um den Haken in den Metallring drücken zu können. Das Toilettenfenster ist klein. Es sitzt hoch oben über der Toilette in der Wand. Rebecka steigt auf die Klobrille und löst den Fensterhaken. Sie muss mit beiden Händen zupacken, um das Fenster aufzustoßen. Auf der Fensterbank stehen Flaschen mit Shampoo und Reinigungsmittel. Sie schiebt sie in den Schnee hinaus. Dann packt sie die Fensterbank, hievt sich auf die Ellbogen hoch und hängt zur Hälfte aus dem Fenster. Sie schlängelt sich durch das Fenster, bis sie mit den Hüften auf der Fensterbank liegt. Es ist weiter bis zum Boden, als sie gedacht hat. Sie kann nur versuchen, sich nicht den Hals zu brechen, wenn sie nach unten fällt. Wenn das Fenster wenigstens so groß wäre, dass sie die Füße zuerst hinausschieben könnte.
    Das hier geht nicht gut, denkt sie und kippt kopfüber aus dem Fenster.
    In diesem Moment reißt Tore die Tür der Hütte auf.
    »Wo ist sie?«, sagt Tore zu Hjalmar.
    Hjalmar sagt nichts. Vera springt auf und bellt los.
    Auch Tintin kommt auf die Pfoten.
    »Da drin?«, fragt Tore und nickt zur Toilettentür hinüber. Er macht zwei Schritte hinüber und reißt an der Tür.
    »Komm da raus«, ruft er und hämmert so heftig gegen die Tür, dass sie gegen den Türrahmen klappert.
    »Was zum Teufel hast du ihr gesagt?«, fragt er Hjalmar. »Raus damit!«
    »Die Wahrheit«, sagt Hjalmar.
    Er sitzt noch immer auf der Sofakante.
    »›Die Wahrheit‹«, äfft Tore ihn nach. »Du blöder fetter Arsch.«
    Dann tritt er die Tür ein. Die fliegt einfach auf. Knallt gegen das Waschbecken.
    Tore starrt hinein. Leer. Aber das Fenster steht sperrangelweit offen.
    Rebecka stürzt kopfüber aus dem Fenster. Sie landet wie ein Käfer auf dem Rücken. Der Schnee ist nass und weich, deshalb verletzt sie sich nicht, aber es ist fast unmöglich, auf die Füße zu kommen. Sie kämpft verzweifelt, um sich umdrehen zu können.
    Am Ende gelingt es ihr. Ihr Kopf ist oben, ihre Füße sind unten, aber bei jedem Schritt versinkt sie fast bis zu den Hüften. Der Fluss, der eben noch so nahe zu liegen schien, kommt ihr jetzt unendlich weit entfernt vor. Sie kämpft sich weiter. Sinkt bei jedem Schritt ein. Ihre Muskeln zittern vor Anstrengung. Die Sonne brennt über dem See. Rebeckas Schweiß strömt in Bächen. Wenn sie nur die Schneemobilspur erreicht. Die ist vereist. Dann kann sie über den Fluss laufen.
    Tore schaut aus dem Fenster. Schaut zum Fluss hinüber. Die Staatsanwältin plumpst im Schnee umher. Jetzt klettert sie in die vereiste Schneemobilspur und steuert den Fluss an. Was bildet sie sich ein? Dass sie davonkommen kann?
    »Trägt das Eis das Schneemobil?«, fragt er Hjalmar.
    »Nein«, sagt Hjalmar.
    Die Hunde sind unruhig. Sie laufen auf dem Boden im Kreis und bellen.
    Tore schaut seinen Bruder misstrauisch an.
    »Du lügst«, sagt er.
    Er streift seine Handschuhe über. Er wird losfahren und sie umnieten. Sie ist tot. Sie ist jetzt schon so gut wie tot.
    Als er die Tür öffnet, schlüpft Tintin hinaus.
    Rebecka rennt durch die Schneemobilspur auf dem Fluss. Die ist wie ein Riemen aus glitzerndem Eis im lockeren Schnee. Rebecka ist ein Rentierkalb auf zitternden Beinen. Der Wolf ist nah. Ihre Glieder sind von den vielen Stürzen in den tiefen Schnee total erschöpft. Sie kann sich nur mit Mühe in der Spur halten. Ihr Puls hämmert in ihren Schläfen. Die Anstrengung füllt ihren Mund mit einem bitteren Geschmack.
    Sie hört ein Motorengeräusch hinter sich und sieht sich um. Tore auf dem Schneemobil.
    Er wird sie überfahren. Sie wird im Schnee sterben, mit im Körper zerquetschten Organen, mit Blut, das aus Rachen und Nase strömt. Lauf. Lauf.
    Tore jagt die Böschung zum Ufer herunter. Steht auf dem Schneemobil. Der Motor brüllt. Rasch kommt Tore näher. Er braucht nur noch wenige Sekunden. Rebecka

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