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Rebellin der Liebe

Titel: Rebellin der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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auf.
    »Ich hoffe, dass sie mich ohne Abendessen ins Bett schicken wird«, sagte sie bedrohlich sanft. »Denn wenn sie das tut, habe ich sicher nach ein paar Stunden einen Bärenhunger. Und dann schleiche ich mich mitten in der Nacht aus meinem Bett und mache mich auf die Suche nach etwas Essbarem.« Sie senkte ihren Blick auf Harolds dicken, kleinen Bauch, ehe sie sich mit der Zunge über die schimmernd weißen Zähne fuhr. »Etwas Plumpem, Zartem, Saftigem...«
    Als sie ähnlich einem Hund zu knurren begann, sprang Harold in Panik auf und rannte, gefolgt von seinen kreischenden Geschwistern, über die Wiese in Richtung der schützenden Burg davon.
    Willow sank gegen den Stamm und brach in lautes Lachen aus. Als ihre Fröhlichkeit schließlich abebbte, setzte sie sich gemütlich hin, nahm einen Apfel aus ihrer Schürze und genoss die kurze Zeit der Einsamkeit. Alles, was sie den Kindern gegenüber tat - sei es schmeicheln oder locken, gut zureden oder drohen - kam ihr vollkommen sinnlos vor, denn all ihre Bemühungen, den Brüdern und Schwestern ein Mindestmaß an Benehmen einzubläuen, wurden von der unendlichen Nachsicht ihrer Stiefmutter umgehend wieder zunichte gemacht.
    Während sie ihre Zähne in dem saftigen Stück Obst vergrub, erinnerte sie sich daran, wie sehnsüchtig sie Harolds Geburt erwartet hatte. Nachdem sie drei Jahre lang als Kindermädchen für ihre verwöhnten Stiefgeschwister fungiert hatte, hätte sie endlich einen Bruder oder eine Schwester von ihrem eigenen Blut. Aber Blanche hatte seine Geburt dazu genutzt und ihren Vater noch stärker gegen sie aufgehetzt. Als Willow sich dem Bett genähert hatte, um ihren neuen Bruder zu sehen, hatte Blanche ihren Papa sanft daran erinnert, dass er von ihr und nicht von Willows Mutter mit einem Sohn und Erben beglückt worden war.
    Willow biss wieder in den Apfel. Harold war ein süßes Baby gewesen, ebenso wie die drei nach ihm geborenen, aber seine natürliche Zuneigung zu ihr hatte bald der Verachtung, die auch seine älteren Stiefgeschwister für sie empfanden, Platz gemacht. Die Kluft zwischen ihnen beiden war einfach zu groß, als dass sie sich von seinen kurzen, dicken Kinderärmchen überbrücken ließ.
    Sie alle waren kräftig. Sie war schlank. Sie alle waren blond. Sie war beinahe schwarzhaarig. Sie alle hatten blaue Augen. Ihre Augen hatten das stürmische Grau der aufgewühlten See. Sie hatten eisiges Sachsenblut in ihren Adern, während sie warm und leidenschaftlich wie ihre französische Mutter war. Sie wurden geliebt. Sie wurde...
    Willow warf den halb gegessenen Apfel in die Wiese, denn ihre Überlegungen verschlugen ihr den Appetit. Seit allzu langer Zeit hatte ihr Papa sie nicht mehr seine kleine Prinzessin genannt. Blanche hatte Willow seit dem Augenblick, als sie auf Bedlington erschienen war, mit dem gnadenlosen Ehrgeiz der erobernden Königin von ihrem Platz verdrängt und ihre eigenen Erben auf den Thron gesetzt.
    Anfangs war Willow zu überrascht gewesen, um zu erkennen, dass sie geschlagen worden war. Sie hatte versucht, auf den Schoß ihres Papas zu klettern, doch dort hatte es sich bereits eine boshafte Reanna oder ein grinsender Stefan gemütlich gemacht. Begierig nach einer Geschichte hatte sie sich in den Kreis der zu Füßen ihres Vaters sitzenden Kinder geschoben, doch immer wenn Papa einen Arm nach ihr ausgestreckt hatte, um sie näher an sich heranzuziehen, hatte Blanche ihre Hand wie eine bleiche Spinne auf ihre Schulter herabgesenkt und geflüstert: »Du bist doch schon viel zu alt für solchen Unsinn, Schatz.« Das süße Gift in ihrer Stimme hatte Willow stärker gelähmt als ihr beißender Griff. »Warum gehst du nicht nach oben und guckst, ob Beatrix vielleicht eine neue Windel braucht?«
    Also war Willow aus dem großen Saal geschlichen, hatte dabei noch einen sehnsüchtigen Blick über die Schulter auf ihren Papa geworfen und mehr als einmal dieselbe hilflose Panik, die auch sie empfunden hatte, in seinen Augen entdeckt. Er hatte den Mund geöffnet, doch ehe er sie hatte zurückrufen können, hatten sich bereits Blanches Kinder über ihn hergemacht, nach seiner ungeteilten Aufmerksamkeit verlangt, und am Ende hatten die unausgesprochenen Worte einem ohrenbetäubenden Schweigen Platz gemacht, das nie wieder zu brechen gewesen war.
    Manchmal wünschte sich Willow, sie könnte sich noch nicht einmal daran erinnern, von Papa geliebt worden zu sein. Vielleicht würde sie dann nicht ihre Zeit damit vergeuden, davon zu

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