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Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Titel: Reise nach dem Mittelpunkt der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Kräfte aus. Ich fiel nieder mit einem Schrei: »Hilfe! ich sterbe!«
    Mein Oheim kam augenblicklich herbei. Er sah mich an mit gekreuzten Armen; dann murmelte er dumpf: »Es ist Alles aus!«
    Eine fürchterlich zornige Bewegung war das letzte, was ich sah, als ich die Augen schloß.
    Beim Wiederausschlagen derselben gewahrte ich meine Gefährten unbeweglich in ihre Decken gewickelt. Schliefen sie? Ich meines Theils konnte nicht einen Augenblick in Schlaf kommen. Ich litt allzu sehr, zumal bei dem Gedanken, daß nicht zu helfen sein solle. Meines Oheims letzte Worte, »Alles ist aus!« hallten in meinem Ohre wieder, denn bei dem hohen Grade meiner Schwäche war kein Gedanke, wieder auf die Erdoberfläche zu kommen.
    Wir befanden uns fünfzehn Kilometer in der Tiefe!
    Es war mir, als laste diese ganze Masse auf meinen Schultern. Ich fühlte mich wie zerschmettert und strengte mich vergebens an, mich auf meinem Granitlager umzudrehen.
    So verflossen einige Stunden. Tiefe Stille herrschte um uns, Grabesstille. Kein Laut drang durch diese zum Mindesten fünf Meilen dicken Mauern.
    Inzwischen glaubte ich mitten in meinem Schlummer ein Geräusch zu vernehmen. Es war dunkel im Tunnel. Als ich recht achtsam blickte, schien mir’s, als sähe ich den Isländer mit der Lampe in der Hand verschwinden.
    Weshalb entfernt er sich? Will Hans uns verlassen? Mein Oheim schlief. Ich wollte schreien; die Stimme versagte mir zwischen den ausgetrockneten Lippen. Es war völlig dunkel geworden, und das letzte Geräusch war verstummt.
    »Hans verläßt uns! schrie ich. Hans! Hans!«
    So rief ich, jedoch nur im stillen Innern. Inzwischen, nach der ersten Anwandlung des Schreckens, schämte ich mich wieder meines Verdachts gegen den braven Menschen. Unmöglich wollte er fliehen. Er ging die Galerie abwärts, nicht nach oben, wohin üble Absicht ihn gezogen hätte. Dabei beruhigte ich mich ein wenig, und ich kam auf andere Gedanken. Hans, dieser friedliche Mann, mußte einen wichtigen Beweggrund haben, der ihn vom Lager trieb. Ging er, um eine Quelle zu finden? Hatte er in der Stille der Nacht ein Murmeln gehört, das nicht bis zu meinem Ohr gedrungen war?
Dreiundzwanzigstes Capitel.
Der Hansbach.
    Eine Stunde lang überdachte ich in meinem wahnsinnigen Gehirn alle Gründe, welche den phlegmatischen Jäger zum Handeln treiben konnten. Die absurdesten Ideen verwickelten sich in meinem Kopf. Ich glaubte, ich sei im Begriff, ein Narr zu werden!
    Doch endlich vernahm man Fußtritte aus der Tiefe des Ganges. Hans kam zurück. Das Licht fing an unstät an den Wänden zu schimmern, dann kam es an der Mündung des Tunnels zum Vorschein. Hans erschien, trat nahe zu meinem Oheim, legte ihm die Hand auf die Schulter und weckte ihn sanft. Er richtete sich auf und rief:
    »Was giebt’s?
    – Vatten«, erwiderte der Jäger.
    Man muß annehmen, daß jeder Mensch, wenn ihn heftige Schmerzen anregen, alle Sprachen versteht. Ich verstand nicht ein einziges Wörtlein dänisch, und doch begriff ich instinctmäßig das Wort unsers Führers.
    »Wasser! Wasser! rief ich aus, klaschte mit den Händen, geberdete mich wie wahnsinnig.
    – Wasser! wiederholte mein Oheim. ›Hwar?‹ fragte er den Isländer.
    – Nedat«, antwortete Hans.
    Wo? Unten! Ich verstand Alles. Ich ergriff des Jägers Hand und drückte sie; er sah mich ruhig an.
     

    Ein Wasserstrahl aus der Wand. (S. 131.)
     
    Ohne uns mit Vorbereitungen aufzuhalten, waren wir flugs auf dem Weg, in einem Gang von zwei Fuß Fall per Toise.
    Nach einer Stunde hatten wir bei tausend Toisen zurückgelegt und waren zweitausend Fuß abwärts gekommen.
     

    Einen Schneckenweg hinab. (S. 133.)
     
    In diesem Augenblick vernahm ich deutlich einen ungewohnten Ton seitwärts in der Granitwand, eine Art dumpfes Brausen gleich fernem Donner. Während der ersten halben Stunde unsers Wegs, da wir noch nicht auf die angekündigte Quelle stießen, überkam mich wieder die Angst; nun aber belehrte mich mein Oheim über den Ursprung des Geräusches, welches man vernahm.
    »Hans hat sich nicht geirrt, sagte er; was Du da hörst, ist das Rauschen eines Baches.
    – Ein Bach? rief ich aus.
    – Ohne allen Zweifel. Ein unterirdischer Fluß strömt in unserer Nähe!«
    Wir beschleunigten unsere Schritte, von Hoffnung gespornt. Ich fühlte keine Müdigkeit mehr. Bereits das Rauschen eines murmelnden Wassers erquickte mich. Es wurde merklich stärker. Nachdem wir den Bach lange Zeit über unserm Kopf gehört, floß er jetzt in der

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