Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise um den Mond

Reise um den Mond

Titel: Reise um den Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
ich gehe, will ich wissen warum!
    – Warum? schrie Michel, und sprang einen Meter hoch, warum? Um im Namen der Vereinigten Staaten den Mond in Besitz zu nehmen! um ihnen einen vierzigsten Staat hinzuzufügen! Um die Mondlandschaften zu cultiviren, zu bevölkern, alle Wunderwerke der Kunst, Wissenschaft und Industrie dahin zu verpflanzen! Um die Seleniten zu civilisiren, sofern sie nicht civilisirter als wir sind, und bei ihnen eine Republik einzuführen, wenn sie noch nicht eine solche haben!
    – Und wenn es keine Seleniten giebt, entgegnete Nicholl, der in seiner unerklärlichen Trunkenheit sehr widerwärtig wurde.
    – Wer sagt, daß es keine Seleniten giebt? schrie Michel mit drohendem Ton.
    – Ich! brüllte Nicholl.
    – Kapitän, sagte Michel, sage nicht zum zweitenmal so ein unverschämtes Wort, oder ich versetze Dir eins durch die Zähne in den Rachen hinein!
    Die beiden Gegner waren schon im Begriff, aufeinander loszustürzen, und die unzusammenhängenden Streitreden drohten in eine Schlacht auszuarten, als Barbicane mit einem fürchterlichen Sprung sich dazwischen warf.
    »Halt, Unglückselige«, sagte er, indem er seine Kameraden auseinander riß, »wenn’s keine Seleniten giebt, so brauchen wir keine!«
    – Ja, rief Michel, der nicht darauf bestand, wir können sie entbehren. Wir haben mit den Seleniten nichts zu schaffen! Nieder mit den Seleniten!
    – Uns gehört die Herrschaft über den Mond, sagte Nicholl.
    – Uns Dreien, errichten wir eine Republik!
    – Ich werde Congreß sein, schrie Michel.
    – Und ich Senat, versetzte Nicholl.
    – Und Barbicane Präsident, brüllte Michel.
    – Kein von der Nation ernannter Präsident, erwiderte Barbicane.
    – Nun denn! Ein vom Congreß ernannter Präsident, rief Michel, und als Congreß erwähle ich Dich einstimmig!
    – Hurrah! Hurrah! dem Präsidenten Barbicane! schrie Nicholl.
    – Hip! Hip! Hip! rief Michel Ardan.
    Darauf stimmten Präsident und Senat das populäre
Yankee doodle
an, während der Congreß sie mit der schwungvollen Marseillaise begleitete.
    Darauf begannen sie einen Rundtanz mit unsinnigen Bewegungen und tollen Sprüngen, machten Purzelbäume wie Clowns. Diana tanzte mit, heulte mit, sprang bis zur Decke empor. Man vernahm unerklärliche Flügelschläge, seltsam tönende Hahnrufe. Fünf bis sechs Stück Geflügel flatterten umher, und stießen wie tolle Fledermäuse wider die Wände …
    Die drei Reisekameraden aber, deren Lungen durch eine unbegreifliche Einwirkung in Unordnung geriethen, sanken, mehr als berauscht, mit glühenden Athmungswerkzeugen, bewegungslos zu Boden.
Achtes Capitel.
Achtundsiebenzigtausendhundertundvierzehn Meilen.
    Was war vorgegangen? Woher kam diese seltsame Berauschung, welche verderbliche Folgen haben konnte? Eine bloße Unachtsamkeit Michel’s war schuld, und glücklicher Weise konnte Nicholl noch zeitig abhelfen.
    Nach einer wirklichen. Ohnmacht von einigen Minuten kam der Kapitän zuerst wieder zur Besinnung, zum Besitz seines Verstandes.
    Obwohl er zwei Stunden zuvor gefrühstückt hatte, empfand er einen fürchterlichen Hunger, der ihn peinigte, als habe er seit einigen Tagen nichts gegessen. Sein Magen war, wie das Gehirn und alle Nerven im höchsten Grad überreizt.
    Er stand also auf und begehrte von Michel ein nachträgliches Frühstück. Michel, der noch nicht bei Sinnen war, antwortete nicht. Nun wollte Nicholl einige Tassen Thee bereiten, um das Verschlingen von einem Dutzend Sandwichs zu erleichtern. Um sich dafür Feuer zu machen, rieb er hastig ein Zündhölzlein.
    Wie erstaunte er, als er den Schwefel außerordentlich glänzend brennen sah, daß seine Augen es fast nicht aushalten konnten. Aus dem Hahnen des Gases, welches er anzündete, strömte eine Flamme, wie ein elektrischer Lichtstrom.
    Jetzt ging dem Kapitän ein Licht auf. Dieser starke Lichtglanz, die in ihm vorgegangenen physiologischen Störungen, die Ueberreizung aller seiner geistigen und sittlichen Kraft, Alles ward ihm verständlich.
    »Der Sauerstoff«! rief er aus.
    Er besichtigte den Luftbereitungs-Apparat, und gewahrte wie dem Hahnen reichlich das farblose, geschmacklose, geruchlose Gas entströmte, welches zwar äußerst belebend ist, aber in unvermischtem Zustand die bedenklichsten Störungen des Organismus herbeiführt. Aus Unachtsamkeit hatte Michel den Hahnen zu weit offen gelassen!
    Nicholl hemmte rasch das Ausströmen das Sauerstoffs, womit die Atmosphäre gesättigt war, so daß der Tod der Reisenden nicht durch

Weitere Kostenlose Bücher