Reiterhof Birkenhain 07 - Raetsel um das braune Fohlen
fehlte noch, dass jemand von der Geburt im Schwimmring erfuhr. So etwas verbreitete sich im Stall schneller als der Schall. Jule konnte sich den Kommentar der Nervis lebhaft vorstellen. Etwa: »Ein Schwimmring kriegt Junge - ha, ha, ha. Was für welche denn? Winzige Schwimmflügel? Schwimmflossen? Oder Wasserbälle? Warum tretet ihr mit dem Programm nicht im Kindergarten auf?«
Die normalen, bissigen Bemerkungen der Gerlach-Zwil-linge reichten ihr gerade! Den ganzen Sonntag über drückten die beiden sich vor Sallys Box herum.
Imke Zavelstein, Nervi Nr. 3, lästerte nicht mit. Wegen ihres kranken Deichgrafs war ihr nicht danach zu Mute. Außerdem wollte sie es sich nicht mit Jule verderben.
Schließlich kümmerte die sich um ihr Pferd, obwohl sie mit Sally genug zu tun hatte.
Als Jule am Samstagabend in den Stall kam, ging sie vor der Nachtwache wie versprochen ein Stück mit Deichgraf spazieren, danach mit Sally.
»Ich weiß gar nicht mehr, wie ein normales Pferd geht«, sagte sie zu Dr. Teichmüller, der wegen Imkes Wallach gekommen war. »Deichgraf lahmt und Sally schwankt, als ob sie flaschenweise Whisky hineingekippt hätte.« Der Tierarzt lachte. »Schwanken darf sie, das ist in Ordnung bei einer tragenden Stute.« Er untersuchte nacheinander Deichgraf und Sally.
»Ihr Fohlen liegt richtig«, sagte er zufrieden, als er seine Tasche packte. »Aber wann es genau kommt... schwer zu sagen.«
»Es muss diese Nacht kommen«, sagte Jule. »Wir dürfen nur noch heute Wache halten. Dann ist ja wieder Schule.«
Ihr Vater machte ohnehin Schwierigkeiten. Als sie heute nach Hause kam, um ein paar Stunden zu schlafen, hatte sie einen Brief von ihm auf dem Kopfkissen gefunden. Mit lauter Ermahnungen. »Liebe Julia, es gibt noch ein Leben außerhalb des Reitstalls ...«
Während Jule sich mit Dr. Teichmüller beschäftigte, kümmerten sich Conny und Luisa um ihre Lieblingspferde.
Rocky, Connys schwarzer Traberfreund, spielte schon wieder den Beleidigten. Das war seine Lieblingsrolle, sobald sie sich einen halben Tag nicht um ihn kümmerte. Den Apfel, den Conny ihm hinhielt, verschmähte er. Gekränkt drehte der Traberwallach seinen Kopf zur Seite.
»Komm schon, sei nicht so nachtragend! Nein, Rocky, ich vergifte dich nicht.«
Der Traber starrte stur gegen die Wand.
»Was sagt er denn?«, erkundigte sich Luisa. Sie hockte neben Flecken-Paula und fettete die Hufe ein. Luisa fand es jedes Mal lustig, wenn Conny wortwörtlich erzählte, was die Pferde dachten.
»Rocky sagt, von unbekannten Lebewesen nimmt er nichts. Und an mich erinnert er sich leider nicht, sagt Rocky. Er rechnet stark damit, dass der Apfel vergiftet ist, wie bei Schneewittchen.«
Luisa kicherte. Da war Flecken-Paula ganz anders. Immer gut gelaunt. Die braun-weiß gepunktete Knabstrup-per-Stute freute sich sichtlich, wenn Luisa sie putzte. Egal, wie lange sie weg gewesen war.
In Zeitlupe drehte Rocky sich nun um. Mit Todesverachtung verputzte er den Apfel auf Connys Handfläche. So angewidert, als ob sie ihm einen Pferdeapfel angeboten hätte.
Bastian hatte sich unauffällig in King Louis' Box nützlich gemacht, war aber schon wieder verschwunden. Nach dem peinlichen Auftritt heute Nacht verspürte er wenig Lust, den Mädchen unter die Augen zu treten. Er hatte sich bei Herrn Jensen entschuldigt.
Doris Vogel übrigens auch, wegen ihrer blöden Bemerkung mit dem Namensschild. Ihre Entschuldigung war ziemlich durchsichtig. In der Nähe gab es keinen anderen Stall mit Schulpferden, nur den Reiterhof Birkenhain. Wäre die Vogel beleidigt geblieben - wo hätte sie dann reiten sollen?
Aber wen interessierte Doris Vogel in dieser Nacht? In einer Nacht, in der das Fohlen mehr herbeigesehnt wurde als je zuvor? Nachdem Kai Jensen mit Jule, Conny und Luisa Heu und Silage an die Pferde verteilt hatte, geschah etwas Merkwürdiges.
Statt voller Genuss zu fressen wie sonst, ließen die Vierbeiner das Futter heute fast unberührt liegen. Eine seltsame Spannung herrschte unter den Pferden.
Keines konnte sich auf sein Heu konzentrieren. Hin und wieder zupfte ein Pferd zwar einige Halme, die es hastig zermalmte. Dann hörte es aber plötzlich mitten im Kauen auf, spitzte die Ohren und reckte den Hals.
Es lag etwas in der Luft.
War es der Wind, der die Pferde beunruhigte? Oder die drückende Gewitterluft? Aber nein, das Wetter hatte sie noch nie nervös gemacht.
Die knisternde Spannung hielt an. Auch später abends noch, als Herr Jensen im Stall das Licht
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