Reiterhof Birkenhain 07 - Raetsel um das braune Fohlen
Stutenmilch schützt sie vor Krankheiten.« Die düstere Vorhersage von Doris Vogel (»Ein verfrühtes Namensschild bringt Unglück«) fiel Jule auch ein. Wenn sie doch nur eingreifen könnte!
Am liebsten wäre Jule von oben in die Box gesprungen. Wenn sie dabei wäre, würde Mäuschen ihr Fohlen bestimmt trinken lassen. Aber Jule traute sich nicht hinunter. Garantiert wäre Herr Jensen wütend.
Während sie leise mit Conny und Luisa beratschlagte, traf Dr. Teichmüller ein, den Herr Jensen vorhin angerufen hatte.
Argwöhnisch nahm Sally es hin, dass er ihr Fohlen anfasste und untersuchte.
»Ein prächtiges, kleines Mädchen«, sagte Theo anerkennend und Jule atmete auf. »Aber nun muss es auch trinken. Gerade die erste Milch ist lebenswichtig.«
Aber Sally machte immer noch nicht mit. Energisch schubste sie ihr Fohlen weg, wenn es mit dem Kopf nur in die Nähe des Bauches kam. Gemeinsam versuchten die Männer Sally abzulenken. Durch Anheben eines Vorderbeins und mit anderen Tricks. Vergebens. Schließlich rief Dr. Teichmüller verhalten: »Jule, bist du da oben? Komm doch mal herunter!«
Nichts lieber als das!
Jule turnte so überstürzt die Leiter hinab, dass sie die letzte Sprosse übersah, ausrutschte und auf die Unterarme knallte. Aber sie merkte den Schmerz gar nicht, so eilig hatte sie es, zu ihrem Mäuschen zu kommen.
Dr. Teichmüller nahm ein Handtuch vom Stapel und warf es ihr zu. »Hier, trockne dich erst mal ab!«
Hastig rubbelte Jule ihr Haar trocken. Zaghaft betrat sie die Box. »Mag Sally ihr Fohlen nicht?«, fragte sie.
Theo lachte leise.
»Keine Sorge. Sally kennt das bloß alles nicht. Sie ist schlicht und einfach kitzelig unterm Bauch. Nimm sie mal am Halfter und rede ihr gut zu! Dich kennt sie am besten.«
Im ersten Moment war Sally sogar Jule gegenüber unleidlich.
Ärgerlich schlug sie mit dem Schweif und zog den Kopf weg.
Als ob sie gar nicht gemerkt hatte, dass es Jule war, die neben ihr stand. Doch dann horchte sie auf, als Jules vertraute Stimme sagte: »Wir schaffen das, Mäuschen.« Jule kraulte Sally hinter den Ohren und flüsterte unentwegt beruhigende Worte.
Immer wieder schielte Jule zu dem staksigen Fohlen hinunter.
Zu gerne hätte sie es einmal angefasst und gestreichelt. Aber sie wollte Sally nicht unnötig aufregen. Gerade jetzt nicht, wo sie sich zusehends beruhigte.
Und endlich, endlich duldete Sally, dass ihr Fohlen sich schmatzend satt trank.
Der Bann war gebrochen.
Kai Jensen räumte die verschmutzte Einstreu aus der Box und legte frisches, trockenes Stroh hinein. Er brachte Sally eine Portion Heu und einen Eimer Wasser, den sie sofort bis auf den Grund leer trank.
Prustend schüttelte sie die letzten Tropfen von den Lippen und beugte sich zu ihrem Fohlen hinab. Liebevoll beknabberte Sally das kurze Plüschfell.
»Klasse gemacht.« Dr. Teichmüller streckte Jule die Hand hin. »Überhaupt - Herr Jensen kann stolz auf den Wohnwagenwachdienst sein. So, und nun zieht euch trockene Sachen an! Sonst müssen wir am Ende noch den Humanmediziner für euch holen ...«
5. Kapitel
Ein neuer Schreck
»Was soll das hier sein, Gesichtskontrolle?«
Ärgerlich stieß Ilona mit der Stiefelspitze gegen den Strohballen, auf dem Jule und Conny saßen. Wie zwei Wachsoldaten hatten sie vor Sallys Box Stellung bezogen. Ubernächtigt und mit dunklen Ringen unter den Augen.
Sonntagmorgen, der erste Tag des Fohlens. Nach dem kurzen Regen in der Nacht war es wieder trocken und ein leichter, warmer Wind wehte.
Luisa war vorhin von ihrer Oma abgeholt worden. Auch Jule und Conny sollten zum Ausschlafen nach Hause, wollten aber nicht. Seufzend hatte Herr Jensen nachgegeben.
»Wir müssen hier aufpassen, dass Sally nicht gestört wird«, sagte Jule wichtig. »Auftrag von Herrn Jensen.« Mit unverhohlener Schadenfreude grinste sie Ilona und deren Freundin Olivia an. Jule war sehr zufrieden. Sie hatte die Macht. Endlich war sie den Killerbienen, wie sie die größeren Mädchen nannte, überlegen.
Die beiden 17-Jährigen schwiegen verdutzt. Dann wurde Ilona heftig. »Hör mal, du Zwerg! Olivia und ich haben Sally schließlich früher gepflegt.«
»Ja, früher ... das gilt aber jetzt nicht mehr.«
»Ihr könnt ja in zwei Tagen wieder kommen«, setzte Conny gönnerhaft hinzu.
»Ihr seid doch krank«, zischte Olivia ohnmächtig. Sie sah keine Möglichkeit, an Wachposten und Strohballen vorbeizukommen. Zu allem Überfluss stand Jule auf -ohne jedoch den Weg freizugeben - und beugte
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