Rendezvous Mit Dem Universum
Modell hätte in einem ordentlichen Stadtpark Platz.
Schwierig wird es erst, wenn wir unser Modell um ein paar Nachbarsonnen bereichern wollen. Wenn wir unseren Stadtpark beispielsweise in Berlin annehmen, dann müssten wir mit der nächsten Honigmelone bis nach Novosibirsk fahren, 4100 Kilometer weit, um sie dort abzulegen. Das wäre dann der Stern Proxima Centauri. Proxima heißt diese Sonne, weil sie der unseren die nächste ist. Auf der gesamten Erdkugel dürften wir noch knapp 20 weitere Melonen und sogar Kürbisse verteilen, jeweils mit Krümeln und Staub, aber dann wird der Modellbau wirklich kompliziert. Wollte man zum Beispiel Deneb im Schwan in unserem Modell darstellen, dann müsste man den Kürbis viereinhalb Mal so weit entfernt unterbringen, wie unser realer Mond von uns schwebt, in 1,7 Millionen Kilometern Abstand vom Berliner Park mit der Melone, die unsere Sonne sein soll. Und dazwischen Zwischenraum, sonst nichts.
Das ist vielleicht gerade noch vorstellbar - 20 Melonen und 50 Erbsen über den ganzen Erdball verteilt und sonst nichts. Ein gutes Modell für Raum, in jeder Hinsicht.Aber lassen wir das Modell und springen wir in die zehn Milliarden Mal gewaltigere Realität. Jetzt hat der Raum ein beeindruckendes Format!
Um ihn auch nur halbwegs anständig vermessen zu können, musste der wissenschaftliche Mensch das längste Maßband aller Zeiten erfinden, das Lichtjahr. Das Lichtjahr hat gegenüber einem klassischen Zollstock zwei große Vorteile; es wiegt so gut wie gar nichts und es ist unermesslich länger. Um genau zu sein, ist es 5.000.000.000.000.000-mal so lang, und das darf man wohl unermesslich nennen. 10 Billionen Kilometer! Wer sich das vorstellen kann, der möge sich melden. Der kann sich vielleicht sogar vorstellen, wie das Licht in nur einer Sekunde siebeneinhalb Mal um den Erdball saust. Für den Menschen sind astronomische Maße wie beispielsweise 4 Millionen Jahre sinnlich nicht erfassbar und damit nicht genauer als der Anfang eines Indianermärchens: »Als die große Urmutter unter ihren Rock schaute und da die Erde fand...«
Aber was soll man machen? Wir benutzen jetzt den gleichen Trick und machen uns die Geschwindigkeit
des Lichts zunutze. Es heißt ja, dass eine höhere Geschwindigkeit nicht erreicht werden kann. Nun sind 300.000 Kilometer pro Sekunde auch kein Pappenstiel. Doch selbst wenn wir uns nun wie einst Münchhausen auf seiner Kanonenkugel auf einen Lichtstrahl setzen, den unsere Sonne abschickt, und so mit den erwähnten 300.000 Sekundenkilometern reisen, werden wir doch einige Zeit brauchen, wenn wir mehr erkunden wollen als die schon vom Modell her bekannte nähere Umgebung. Merkur haben wir schon nach drei Minuten passiert, Venus nach 6, die Erde nach 8 und Mars nach 13 Minuten. Eine halbe Stunde später taucht ein wesentlich größerer Himmelskörper auf, Jupiter, und noch eine Stunde drauf Saturn, auch ein Brocken. Uranus passieren wir nach insgesamt 2 ¾ Stunden und Neptun nach 4 ½. Nach 6 Stunden müssen wir ordentlich aufpassen, damit wir den winzigen Pluto nicht übersehen, und dann haben wir unser Sonnensystem verlassen. Jetzt können wir ruhig ein ordentliches Picknick machen und so viele Nickerchen, wie wir möchten. Denn jetzt wird über vier Jahre nichts passieren, bis wir bei Proxima Centauri vorbeizischen und in dessen Nähe vermutlich wiederum mit ein paar einzelnen Brocken rechnen müssen. Aber auch dieser Spuk dauert
nur ein paar Stunden, und dann ist wieder Ruhe, jahrelang. Alle paar Jahre mal ein Stern und in dessen näherer Umgebung verstärktes Verkehrsaufkommen - und sonst gar nichts. Sirius lassen wir nach 9 Jahren hinter uns und nach 1800 Jahren nähern wir uns Deneb, den wir schon im Modell schlecht unterbringen konnten. Aber so kann es noch ewig weitergehen, je nachdem in welche Richtung wir sausen. 10.000 Jahre, wenn wir senkrecht aus unserer Galaxis herausschießen. Wenn wir uns in der galaktischen Ebene bewegen, werden es 25.000 sein zum nächsten Ausgang und 75.000 quer durch den Saal. Einmal längs durch unsere Galaxis sind 100.000 Jahre mit einer Geschwindigkeit von fast 300.000 Kilometern pro Sekunde. Das kann man genauso gut ewig nennen.
Und wenn wir die Lust auf Reisen noch nicht verloren haben, können wir auf unserem Lichtblitz weiterfahren, um zu erleben, wie 4 Millionen Jahre so gut wie nichts passiert, bis eine andere Galaxis auftaucht, ähnlich der unseren. Was eine Galaxis ist, wird uns später noch genauer
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