Rendezvous Mit Dem Universum
in diesem Weltraum keine Singularitäten, selbst wenn ein paar Leute noch so gern eine wären. Deshalb ist eine solche zwar im Computer möglicherweise gut durchzuspielen, aber mich überzeugt sie keineswegs mehr als die dumme Behauptung, Gott hätte einfach Schluckauf gehabt. Doch Gott hat die Wissenschaft ja vom Thron vertrieben.
Stets beruft sie sich dabei auf René Descartes, den Erfinder des reinen Verstandes, den Vater der Neuzeit. Mit ihm begann das Zeitalter der Aufklärung. »Cogito, ergo sum«, hat er gesagt, meist übersetzt mit: »Ich denke, also bin ich.« Genauer wäre: »Ich erkenne, ich nehme wahr, also bin ich.« Das war zu seiner Zeit eine revolutionäre Aussage, weil er damit gegen die Herrschaft der Kirche und des blinden, verordneten Glaubens vorging. Aber er hat nicht gesagt: »Ich kann beweisen, also bin ich.« Er wollte seine Zeitgenossen vor allem auffordern, selbst hinzuschauen und ihren eigenen Verstand zu benutzen. Wahrnehmung und Erkenntnis kommen zuerst von innen.
Arno Gruen hat dazu gesagt: »Nur das, was allen zugänglich ist, zum Objekt wissenschaftlicher Auseinandersetzung zu machen, schließt jene aus, deren Bewusstsein einen erweiterten Zugang zum Erlebten erlaubt. Mit anderen Worten: Wissenschaft
reduziert sich selbst auf den kleinsten gemeinsamen Nenner dessen, was Beobachter wahrnehmen können.« ( Der Verlust des Mitgefühls , München 1997.)
Das Grundsätzliche jedenfalls kann jeder offene Mensch auch ohne Wissenschaft erfahren - der Wissenschaftler dagegen erfährt gerade das nicht, solange er nicht offen ist - offen im Sinne von zur Aufnahme fähig, empfindsam sein, empathisch. Den letzten Begriff gab es, zumindest für mich, noch gar nicht, als ich dieses Buch schrieb. Dabei bezeichnet man als Empathie heute einen unserer wichtigsten Sinne: den sechsten, das Einfühlungsvermögen. Haben Sie Mut! Nichts trennt uns von alldem, was uns umgibt, von unserer Nasenspitze bis hin zu den unendlichen Fernen des Raums oder der Zeit.
Bochum, im Frühjahr 2010
Literaturhinweise
Interview mit Frank Drake: El Mundo Magazine , 17. Juli 1993
dtv-Atlas zur Astronomie, hrsg. von J. Hermann, 1973
Chaos und Kreativität, GEO - Wissen, Nr. 2, Mai 1990
Das Sternenjahr 94, Kosmos
Joan McIntyre: Der Geist in den Wassern . Zweitausendeins: Frankfurt/M. 1982
Teri C. McLuhan: Wie der Hauch eines Büffels im Winter . Hoffmann und Campe: Hamburg 1984
Philip und Phylis Morrison, Hrsg.: Zehnhoch. Spektrum der Wissenschaft 1984. Zweitausendeins: Frankfurt/M. 1994
Carl Sagan, Unser Kosmos. Eine Reise durch das Weltall. Droemer-Knaur: München 1982
Theodor Schwenk: Das sensible Chaos . Verlag Freies Geistesleben: Stuttgart 1984
Überarbeitete Fassung der Erstausgabe, die 1997 unter dem Titel Für 12 Mark 80 durch das Universum beim Verlag Zweitausendeins, Frankfurt, erschien.
Copyright © 2010 Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
eISBN : 978-3-641-04627-9
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