Rendezvous Mit Dem Universum
völlig anders.
Viel wissen wir nicht über Wesen und Funktion einer Galaxis. Was wir dagegen wissen, ist, dass der Himmel voll davon ist. Die Astronomie spricht von Hunderttausenden von Millionen Galaxien. Zwei davon können wir hier ohne Hilfsmittel sehen: M 31 oder den Andromedanebel und unsere eigene.
Wenn Sie mal jemanden treffen, der behauptet, die Milchstraße noch nie gesehen zu haben, dann wissen Sie jetzt, dass er sich irrt. Tatsächlich ist alles, was wir sehen, die Milchstraße. Und wenn jemand fragt, wo sie denn sei, die Milchstraße, dann werden Sie hoffentlich nicht auf das flimmernde Band am Himmel zeigen, sondern im Brustton der
Überzeugung sagen: »Hier!« Wenn Sie in Ihrer Küche stehen und es fragt Sie jemand, wo denn die Küche sei, dann sagen Sie doch auch »hier!«, statt auf die Wände ringsrum zu deuten und »da!« zu sagen.
Wenn wir auch nicht der Mittelpunkt der Welt sein sollten - mittendrin sind wir. Und die Galaxis ist nicht nur da draußen, sondern auch das Stück Rasen, auf dem wir liegen, genau wie wir selbst und der Opel-Corsa, den wir uns gerade gekauft haben. Auch Tante Frieda gehört dazu und die Ameisen, die uns gerade pieken.
Wir liegen ja immer noch im Gras, zurück von unserer 15-Milliarden-Jahre-Reise, und schauen in den nächtlichen Himmel - glücklich. Da wir die Dimension des Raums erlebt haben, werden wir sie wahrscheinlich sogar zu sehen meinen. Man sieht meistens nur das, was man versteht. Und wir hätten noch viel mehr verstanden. Wir wüssten zum Beispiel, dass nichts da ist, wo wir es sehen, weil ja alles umeinandersaust, mit meist beachtlichen Geschwindigkeiten. Die Sonne war vor 8 Minuten, wo wir sie sehen, Saturn vor Stunden und Deneb vor fast 2000 Jahren. Es ist ähnlich wie bei dem Mann mit dem Hammer, den wir in einiger Entfernung auf der Baustelle sehen. Wir hören die Hammerschläge, wenn der Hammer in der Luft ist.
Und die Geschwindigkeiten sind relativ hoch. Relativ sind Geschwindigkeiten immer, weil sie immer einen Bezugspunkt brauchen. Wie hoch sie sind, können wir am Beispiel unserer eigenen Reisegeschwindigkeit sehen, über die wir selten nachdenken, weil alles, was uns umgibt, mit uns reist.Wie das Kind, das auf dem Rücksitz jenes bekannt gut gefederten Automodells sein Türmchen aus Bauklötzen zustande kriegt, ohne dass es die 140 Stundenkilometer bemerkt, mit denen Papi über die Autobahn fegt.
Ein Bewohner des Äquators legt täglich durch die Erdumdrehung 40.000 Kilometer zurück, und auch die Kreise eines Berliners dürften noch bei 20.000 Kilometern pro Tag liegen - das sind fast 1000 Stundenkilometer. Und das ist noch gar nichts. Die Bahngeschwindigkeit der Erde bei ihrem jährlichen Umlauf um die Sonne beträgt beachtliche 108.000 Stundenkilometer. Und es kann niemand sagen, dass er nicht dabei ist. Natürlich saust die Sonne ihrerseits mit einer noch höheren Geschwindigkeit durch die Galaxis, und wir sausen mit. Und dass die Galaxis derweil untätig herumsteht, nimmt niemand an. Es heißt, dass die entferntesten Galaxien sich relativ zu uns mit annähernder Lichtgeschwindigkeit bewegen. Oder wir relativ zu denen. Es heißt
auch, dass Raum und Zeit nicht mehr existieren, wenn man sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Das hat jedenfalls Einstein gesagt, und meist scheint er ja recht zu haben. Etwas Ähnliches sagt auch Don Juan, der indianische Medizinmann in den Büchern von Carlos Castaneda. Es ist möglich, dass sie das Gleiche meinen.
Auf jeden Fall ist das schöne Lied passé: »Weißt du, wie viel Sternlein stehen...« Heute weiß es jedes Kind. Es steht nicht einer. Und das ist der Raum. Alles rast umeinander rum, und nur weil so viel Platz da ist, passiert so wenig.
Und solange nichts passiert, kann es uns sogar relativ egal sein, ob wir nun vielleicht doch mit Lichtgeschwindigkeit durchs All brausen oder nicht. Wir sind es ja gewohnt.Wenn natürlich was passiert, geht es uns wie den Bauklötzen des kleinen Jungen auf dem Rücksitz, wenn Papi plötzlich bremsen muss: Ratataklonk! Zum Glück passiert’s nur alle 4 Millionen Jahre. Es könnten ebenso gut 8 sein oder 80 oder gar Milliarden Jahre - was macht’s? Wahrscheinlich kommt man der Sache sogar näher, wenn man es unendlich nennt, und der Selbsteinschätzung ist es auf jeden Fall förderlich.
Wir dürfen nicht vergessen, dass unser Wissen über die Struktur und die Weite des Raums kein
Wissen ist, sondern größtenteils Theorien und Modelle, die selten unumstritten
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