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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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sie gleich aufwecken würde – mit allen Konsequenzen, die das mit sich brachte. Als es dämmerte, schlief er schließlich wieder ein, an die enorme Kehrseite seiner Frau gekuschelt.
     
    Octavia Anderson konnte nicht schlafen. Sie lag auf dem Rücken und blickte starr zur Decke. Sie hatte sich rasch von ihrer Ohnmacht erholt und sich entschuldigt, während ihr Mädchen den riesigen Strauß auf zwei Kristallvasen verteilte. Octavia hatte das Ankleidezimmer, wo die Vasen standen, den ganzen Tag gemieden.
    Es war keine Karte bei den Blumen gewesen, aber sie wusste, wer sie geschickt hatte, erinnerte sich an die verdorrende Blumenfülle auf Carols Grab am Tag von Kates Gedenkgottesdienst. Sie hatte Angst, wenn sie auch nur einen Moment die Augen zumachte, könnte sie sein Gesicht vor sich sehen. Ihre Angst war etwas durchaus Reales, ein kaltes Tier mit Klauen und einem unmäßigen Appetit.
    Carols Gesicht sah sie den ganzen Tag vor sich, ob sie die Augen nun offen hatte oder nicht. Octavia Anderson hegte keinerlei Zweifel daran, dass sie die Nächste war; sie war die Letzte der vier Überlebenden, und die Blumen bestätigten es. Er spielte mit ihr, genoss das Wissen um ihre Angst, und sie kannte den Grund dafür. Während sie schlaflos im Bett lag, plante sie ihre Flucht. Sie hatte nur noch einen Auftritt in Großbritannien, diese sentimentale Schulaufführung, und danach würde sie vier Monate außer Landes sein. Dann, beschloss sie, würde sie untertauchen. Sie hatte ihren ersten wichtigen Plattenvertrag, musste aber nicht zurückkehren, um ihn zu erfüllen; es war eine internationale Plattenfirma. Sie würde erst nach England zurückkehren, wenn er gefasst worden war. Nur noch sieben Tage, dann konnte sie abreisen und war in Sicherheit.

38
    Der Dienstag begann als weiterer heißer und dunstiger Tag. Pendler, die nach dem Bank-Holiday-Tag im August nach London zurückdrängten, verfluchten den Hang der Eisenbahnangestellten, ihre Waggons dicht verschlossen das ganze Wochenende über in der Sonne stehen zu lassen.
    Minerva Tate litt Höllenqualen auf der kurzen Fahrt von ihrem zweitklassigen Wohnort zur Arbeit bei Wiggenshall’s Property Services. Miss Tate sagte nie, dass sie bei einem Wohnungsmakler arbeitete; dafür war Wiggenshall’s viel zu exklusiv. Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete Firma hatte in Fulham einen derart guten Ruf erlangt, dass potenzielle Verkäufer ein Schild von Wiggenshall vor ihrem Haus anstrebten, um zu beweisen, dass sie dazugehörten, auch wenn sie in Kürze weiterzogen. Wenn sie gefragt wurde, bezeichnete sie sich als Immobilieninvestmentberaterin.
    Das Wiggenshall-Büro hatte am Wochenende nie geöffnet, und ganz gewiss nicht am Bank-Holiday-Montag. Aus diesem Grund warteten ein ansehnlicher Berg Post und ein ganzer Stapel Faxe auf Minerva. Nachdem sie die Kaffeemaschine eingeschaltet hatte und der anregende Duft von kolumbianischer Auslese durch die Räume zog, sortierte sie rasch die Post. Das Fax eines Provinz-Polizeireviers verschaffte ihr einen stimulierenden Augenblick. Sie las es aufmerksam durch, da sie unbedingt etwas über das Verbrechen erfahren wollte, das zu dem Hilferuf geführt hatte, und wollte es schon wegwerfen, als das Bild ihre Aufmerksamkeit erregte.
    Der Mann kam ihr bekannt vor. Er war gut aussehend, wie eine kleinere Berühmtheit, was bedeuten konnte, dass sie ihn mit einem ihrer anderen Kunden verwechselte, aber je länger sie hinsah, desto sicherer war sie, dass sie ihn schon einmal gesehen hatte. Er war kein Kunde von ihr, das wusste sie genau, aber vielleicht von Mr. Oliver, dem Geschäftsführer, oder von Jane Simmonds, der anderen Immobilieninvestmentberaterin? Als Mr. Oliver eintraf, meinte auch er, dass das Gesicht ihm vage bekannt vorkomme, und sie waren sich darin einig, dass sie das Fax aufheben sollten, bis Jane am Freitag aus dem Urlaub zurückkam.
     
    Für die Polizei erwies sich der Dienstag als Enttäuschung. Das Team, das in Hotels nachfragte, hatte kein Glück und kehrte verschwitzt und mit wunden Füßen zurück, ohne die geringste Lust, die undankbare Aufgabe am nächsten Tag erneut in Angriff zu nehmen. Es wurde weiterhin in gnadenlosem Tempo gefaxt, telefoniert und mit Maklern gesprochen, wobei Fenwicks Überzeugung, dass sie Rowlands Aufenthaltsort finden könnten und würden, die Triebfeder bildete. Aber der Dienstag brachte keine Resultate.
    Sonderbarerweise arbeitete der Assistant Chief Constable fast den ganzen Tag an dem

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