Rheinmaerchen
hatte, und wir eilten nun eine Strecke vorwärts, wo wir sicher die schrecklichen Zornäußerungen der Frau Feuerschein anschauen konnten. Donner und Blitz wechselten mit dem Geprassel des brennenden Waldes; eine heulende Feuersäule stieg aus dem Gipfel des Berges empor und stürzte dann wie eine Fontäne an allen Seiten des Abhangs in glühenden Strömen nieder, die alles entflammten, was sie berührten; zugleich bebte die Erde, ein dunkler Rauch bedeckte den Himmel, und der Sturm trieb Wirbel von glühender Asche vor sich her; der Anblick war entsetzlich und auch in einiger Ferne unbequem; darum führte ich meine Schar wieder in ein geschütztes Tal. Sieh, da trat mein Roß mit dem Huf auf die Wiese und sprang erschreckt beiseite. Ich sah Dampf an der Stelle aufsteigen und sich eine siedende Quelle ergießen. Es war also geschehen, was Frau Feuerschein versprochen, sie hatte sich also mit den Nymphen vereinigt. Ich folgte der Quelle bis zum Rhein, in den sie sich ergoß. Einige Biber, die da ihre Wohnungen hatten, verwunderten sich sehr, als sie das heiße Wasser schmeckten, und entflohen. Ich aber ließ meine Gefährten in einem Busche halt machen, entkleidete mich und stieg in den Rhein, wo die heiße Quelle sich der kalten Flut mischend angenehm erwärmt war, um der erste zu sein, der durch ihre Heilkraft gestärkt würde. Sodann nahm ich meinen Zug eilend den geliebten Strom abwärts nach meiner Mühle.
Wie Radlauf seine Mutter, Frau Lureley, auf dem Mühlrad sitzen sieht, wie sie ihm die Geschichte seines Vaters erzählt, wie er nach Mainz kömmt und seine Ameley erlöst.
Schon sah ich den Rochusberg und die dunkle Bergwand, wo der Rhein dem Anblick verschwindet; aber die Sonne sank, und ich suchte meine Mühle vergebens. Ich ging auf dem wohlbekannten Pfade über die Wiese und fand meine Mühle nicht mehr; der Mausturm ragte mir gegenüber, den ich auch nie gesehen hatte. Da ich aber noch einen Rest meines Mühldammes erblickte, schwamm ich hinüber und setzte mich drauf Ich schaute tief gerührt in den teuren Fluß und sang:
Weiß ich gleich nicht mehr, wo hausen,
Find ich gleich die Mühle nicht,
Seh ich dich doch wieder brausen,
Heilger Strom im Mondenlicht
O willkomm! willkomm! willkommen!
Wer einmal in dir geschwommen,
Wer einmal aus dir getrunken,
Der ist Vaterlandes trunken.
Wo ich Sonnen niedersenken
Sich zum Wellenspiegel sah,
Oder Sterne ruhig denken
Überm See, warst du mir nah.
O willkomm! willkomm! willkommen!
Wen du einmal aufgenommen,
Wen du gastfrei angeschaut,
Keiner Fremde mehr vertraut.
Ström’ und Flüss’ hab ich gesehen,
Reißend, schleichend durch das Land,
Aber keiner weiß zu gehen
Herrlich so durchs Vaterland.
O willkomm! willkomm! willkommen!
Schild der Starken, Trost der Frommen,
Gastherr aller Lebensgeister,
Erzmundschenk und Küchenmeister!
Ordensband der deutschen Erde,
Das der Weinstock um sie schlingt,
Wo am gastfrei deutschen Herde
Sie der Helden Wohlsein trinkt.
O willkomm! willkomm! willkommen!
Andre Flut kann mir nicht frommen,
Denn an deinem Ufer lauschen
Wein und Liebe, die berauschen.
Weines Feuer, Liebestreue,
Männerkraft und Jungfraun-Zucht,
Daß mein Herz sich recht erneue,
Hab ich wieder euch besucht.
O willkomm! willkomm! willkommen!
Echo schlag die Freudentrommen,
Daß der Vater Rhein auch höret,
Wie ich bin zurückgekehret.
Laut ich durch die Felsen schreie:
Tauche, alter Flutgott, auf,
Sage, ist lieb Ameleye
Noch getreu und recht wohlauf?
Daß willkomm, willkomm, willkommen
Sie nun, die mein Herz beklommen,
Mich in ihre Anne schließe,
Wie einst hier auf dieser Wiese.
Sag, wer hat den Turm gebauet,
Der so finster aus dem Duft
Von der kleinen Insel schauet,
Auf des Rattenkahles Gruft?
Nicht willkomm, willkomm, willkommen
Scheint er mir dahin gekommen,
Wie ein finstrer böser Riese
Steht er in dem Paradiese.
Wer hat mir so bös zerbrochen
Hier mein gutes Mühlenhaus,
Daß mein Rad nicht mehr kann pochen
In des Stromes Lustgebraus?
Nicht willkomm, willkomm, willkommen
Schein ich mir hier aufgenommen;
Seit ich bin ein Fürst geworden,
Stößt mich aus der Müllerorden!
Ich mochte aber singen und rufen, der alte Rhein hörte mich nicht. Als ich mich nun traurig umwendete und nach dem Platze sah, wo ehedem meine Mühle gestanden, sah ich dort meine Mutter, die schöne Lureley, mit ihren sieben Jungfräulein auf einem umgestürzten Mühlrad sitzen.
Meine freundliche blonde Mutter saß auf der Mitte des Rades, die sieben Jungfräulein aber auf den
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