Sexy Office Boy 2
Am liebsten hätte ich mein Handy aus dem Fenster geschleudert. Schon wieder eine Absage. „Ihre Präsentation hat uns sehr beeindruckt, Ms. Fox, aber wir haben uns für eine andere Agentur entschieden.“ Wie oft ich diesen Satz in den letzten Monaten gehört habe!
So hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Seit einem Vierteljahr war ich jetzt selbstständig, hatte die Büroräumlichkeiten meines Vaters übernommen und sie in eine schicke kleine Agentur verwandelt. Die Möbel waren in unaufdringlichem Weiß gehalten, die Wände leuchteten in erfrischendem Aquamarin. Zusammen mit Clarke hatte ich jede Menge Pflanzen reingeschleppt – von filigranem Zimmerfarn bis zur anspruchslosen Kentiapalme.
Auch zwei Mitarbeiter hatte ich fix angestellt: Xandra, ein junges, hübsches Pummelchen mit beeindruckendem grafischen Talent und Javier, einen Webdesigner mit knallrotem Haar und sonnigem Gemüt. Zusätzlich hatte ich ein feines Netz aus freischaffenden Programmierern, Fotografen und Textern geknüpft.
Nur – die Kunden blieben aus.
Klar, wir hatten immer wieder mal kleine Aufträge: eine Webseite hier, ein Flyer dort. Aber davon konnte man nicht leben. Wir brauchten Firmen, die ihre gesamten Werbeaktivitäten in unsere Hände legten. Deshalb hetzte ich von einer Präsentation zur nächsten, arbeitete mit meinem Team an überzeugenden Konzepten, ja, ich hatte sogar angefangen, zu golfen, um vielversprechende Kontakte zu knüpfen. Ohne Erfolg.
„Wieder nichts?“ Xandra war in mein Büro gekommen und hatte einen Teller mit frischen Erdbeeren auf den Schreibtisch gestellt. Sie war ein Engel.
„Leider nein. Zanoo Eleven nimmt eine andere Agentur. Und wir sehen wieder mal durch die Finger“, seufzte ich und sah meine Grafikerin an. Xandra hatte große, blaue Augen und wirkte mit ihren üppigen, blonden Locken wie eine Puppe, der man am liebsten getupfte Schleifen ins Haar binden und weiße Rüschenkleidchen überziehen wollte.
Sie ließ sich auf dem Besucherstuhl nieder und blickte enttäuscht drein. Klar, sie machte sich Sorgen um ihren Job.
„Ich habe das Layout für die Maxine-Broschüre an Ms. Farland geschickt“, sagte sie und nahm sich eine Erdbeere. „Am Nachmittag müsste die Freigabe kommen.“
Ich nickte.
„Was steht als Nächstes an?“, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits kannte.
Xandra blickte mich traurig an, legte die Erdbeere zurück auf den Teller und verließ das Büro.
*****
„Du hättest dich nicht ohne Kunden selbstständig machen dürfen“, sagte Clarke, als wir in der Mittagspause in der kleinen Teeküche saßen und die viel zu stark gewürzte Salamipizza aßen, die er mitgebracht hatte. „Du hättest schon erste Aufträge anleiern müssen, als du noch für Alex gearbeitet hast. Oder dich vorerst als Freelancer durchschlagen und nicht gleich Mitarbeiter einstellen. Jetzt musst du Fixgehälter zahlen plus Büromiete. Das kann dich Kopf und Kragen kosten.“
Ich beobachtete, wie er mit selbstzufriedener Miene den harten Rand seines Pizzastücks abschnitt und ihn sich in den Mund steckte. Das war nur eine der vielen Schrullen meines Lovers, die ich in den letzten Monaten an ihm entdeckt hatte und von denen ich meist nicht wusste, ob ich sie niedlich oder nervig fand.
Dass er heute wieder besonders lecker aussah, machte seine exzentrischen Eigenheiten nur teilweise wett: Seine glatte Haut war tiefbraun, nur seine Narbe zog sich wie heller Pinselstrich über die linke Wange. Die schwarzen Augen unter seinen dichten Brauen blitzten – ob aus Streitlust oder Lebensfreude war schwer zu sagen –, das weiße Hemd saß wie angegossen und die schmale, dunkelgraue Krawatte wirkte hip und urban.
„Ich hab’s dir gesagt, Audrey. Von Anfang an.“ Clarke stand auf, holte eine angebrochene Flasche Chardonnay aus dem Kühlschrank, nahm zwei Gläser und schenkte ein. „Heutzutage macht man sich nicht einfach von heute auf morgen selbstständig. Die goldenen Zeiten der Werbebranche sind längst vorbei.“
„Na, du musst es ja wissen, Grünschnabel.“ Ich konnte nicht anders. Clarkes altkluges Dahergerede machte mich wahnsinnig.
Und ihn machte es wahnsinnig, wenn ich ihn „Grünschnabel“ nannte. Er wurde nicht gerne daran erinnert, dass er zehn Jahre jünger war als ich.
Clarke beugte sich über den Tisch und sah mich finster an. „Hey, ich will dir nur helfen. Denn ganz ehrlich: Momentan bist du ein langweiliger Trauerkloß. Und darauf stehe ich nicht besonders.“
Er schnappte
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